Die Anforderungen an Unternehmen und Führungskräfte verändern sich ständig und grundlegend. Das kann dazu führen, dass manche Karrieren – zumindest vermeintlich – ins Stocken geraten. Doch es zeigt sich: Selbst ein Stellenverlust kann eine Chance darstellen. Den richtigen Ansatz vorausgesetzt.
Frau Ursula Bergundthal, mit Solutionadvisors helfen Sie Menschen dabei, wieder Fuss im Arbeitsmarkt zu fassen. Dabei setzen Sie auf das Entfalten von Potenzialen und das Schaffen von Perspektiven. Was bedeutet das für Führungspersonen, die ihren Job verloren haben?
Ein Stellenverlust ist oftmals sehr belastend. Dennoch sollte man die sich dadurch bietende Gelegenheit nutzen, um einmal in Ruhe eine Standortbestimmung vorzunehmen. Dabei geht es nicht darum, möglichst rasch wieder eine Stelle zu finden. Vielmehr wollen wir herausfinden, welche Potenziale eine Kundin oder ein Kunde hat, wo die positiven Energien im Berufsleben herkommen und welche Optionen sich dadurch ergeben. Auch wenn Branchen- und Funktionswechsel nicht immer einfach sind, bietet sich in solchen Situationen stets die Möglichkeit, auch einmal etwas Neues auszuprobieren.
Wie gehen Sie konkret vor, um Führungskräften, die eine solche Neuorientierung benötigen, zu helfen?
Wir verwenden hierfür verschiedene Persönlichkeitstests. Insbesondere Typologien-Tests helfen zu erkennen, welche Kompetenzen jemand mitbringt, die auch beruflich wertvoll sind. Nebst der Kompetenzanalyse geht es aber immer auch darum herauszufinden, was die emotionalen Antreiber eines Menschen sind: Welche Arbeitsinhalte, welches Arbeitsumfeld und welche Bedingungen sind also nötig, damit sich jemand gerne engagiert und sich positiv in einem neuen Arbeitsumfeld einbringt? Solche und ähnliche Fragestellungen stehen dabei im Fokus.
Sie betonen die Wichtigkeit einer beruflichen Standortbestimmung für Menschen ab 45. Wie helfen diese Standortbestimmungen, die Arbeitsmarktfähigkeit zu sichern?
Wir leben in einer Zeit, in der sich der Arbeitsmarkt und die gesuchten Stellenprofile schnell verändern. Eine Standortbestimmung hilft zu erkennen, welche beruflichen Optionen man hat – und wie man sich auf Veränderungen frühzeitig einstellen kann. Hierzu gehört auch das frühzeitige Planen von Aus- und Weiterbildungen, damit man auf dem neusten Wissensstand ist und auch langfristig über eine gute Arbeitsmarktfähigkeit verfügt.
Inwiefern spielt das persönliche Netzwerk eine Rolle bei der Rückkehr in eine Führungsposition?
Netzwerke sollte man immer und zu jeder Zeit bewusst pflegen. Dies nicht nur, weil man sie vielleicht einmal braucht, sondern auch, damit man durch Gespräche nahe an Geschäftsentwicklungen bleibt. Netzwerkgespräche können auch sehr inspirierend sein und zu neuen Ideen im eigenen Arbeitsumfeld führen. Bei der Stellensuche analysieren wir das bestehende Netzwerk der Kundinnen und Kunden und zeigen auf, wie diese funktionieren. Hier spielen heute vor allem die sozialen Netzwerke wie LinkedIn eine grosse Rolle. Ferner vermitteln wir auch, wie man Netzwerkbekannte anspricht, Kontakte pflegt und die eigenen Kernbotschaften (Elevator Pitch) auf den Punkt bringt.
Und wie unterstützen Sie Unternehmen dabei, Führungskräfte auszuwählen, die sowohl fachlich als auch kulturell zur Organisation passen?
Unternehmenskulturen sind durch drei Hauptkriterien geprägt. Einmal durch die Branche beziehungsweise das Geschäftsfeld, zweitens durch die Vorbildfunktion beziehungsweise das Verhalten der obersten Führung – und drittens durch die direkten Vorgesetzten. Wenn die fachlichen Kompetenzen vorhanden sind, liegt der Schwerpunkt bei einem Bewerbungsgespräch auf dem Matching der persönlichen Kompetenzen zu diesen drei Kriterien. Ich nehme mir jeweils viel Zeit, um eine Organisation kennenzulernen, damit ich eine erfolgreiche Beratung erbringen kann.
Was zeichnet Ihres Erachtens ein erfolgreiches Unternehmen aus?
Darüber gibt es zahlreiche Bücher und es ist nicht ganz einfach, dies in wenigen Sätzen zu benennen. Denn Unternehmen befinden sich in verschiedenen Wachstumsphasen und stehen oft vor unterschiedlichen Herausforderungen, dadurch sind oftmals auch unterschiedliche Kompetenzen gefragt. Essenziell sind aber sicherlich eine klare Vision und Strategie, fundierte Branchen- und Marktkenntnisse sowie Neugierde, Lern- und Anpassungsfähigkeit. Eine Affinität für neue Technologien und Zahlen sowie starke Leadership-Qualitäten sind ebenfalls unentbehrlich. Gleiches gilt für heute multikulturelle Kompetenzen.
Wie hat sich Ihrer Meinung nach der Arbeitsmarkt für Führungskräfte in den letzten Jahren verändert und welche neuen Kompetenzen sind besonders gefragt?
In den meisten Unternehmen funktionieren klassische Hierarchien nicht mehr. Es braucht daher die Erkenntnis, dass man nicht mehr sämtliche Kompetenzen alleine abdecken kann. Die Zusammenstellung von sich ergänzenden Teams mit unterschiedlichen Kompetenzen, unter anderem durch Diversity, ist auf allen Stufen heute ein zentraler Erfolgsfaktor.
Zum Schluss: Was raten Sie Führungskräften, die in einer frühen Phase ihrer Karriere eine Standortbestimmung vornehmen möchten, um künftige berufliche Risiken zu minimieren?
Wir sprechen hier nicht von Risiken, sondern von Chancen. Bei jungen Führungskräften geht es primär darum, verschiedene Erfahrungen zu sammeln. Daher legen wir nebst einer klassischen Standortbestimmung einen Schwerpunkt darauf, verschiedene mögliche Laufbahnpläne zu entwickeln und deren Vor- und Nachteile aufzuzeigen. Wir tun dies immer im Bewusstsein, dass sich im Laufe der Zeit noch sehr viel verändern kann. Aber als grundlegender Kompass ergibt eine solche Laufbahnplanung absolut Sinn und schafft Stabilität sowie Orientierung.
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