Menschen verbringen ein Drittel ihres gesamten Lebens mit Schlafen. Der Körper nutzt diese Zeit, um sich zu regenerieren und auf den nächsten Tag vorzubereiten. Und er macht klar bemerkbar, wenn das nicht gut funktioniert. Schlafapnoe ist dafür bei Schweizer:innen über 50 eine der Hauptgründe. Rund 350 000 Personen sind betroffen.
Ein Szenario, das leider nur zu oft vorkommt: Man wacht morgens unausgeruht und mit schmerzenden Gliedern auf und der Partner beschwert sich, dass man die ganze Nacht geschnarcht hat. Für rund ein Drittel der Schweizer Bevölkerung ist das Realität. Jedoch wissen viele nicht, was die mögliche Ursache der Schlafstörung ist. Gemäss einer neuen Studie bleiben mehr als 85 Prozent der Schlafapnoe-Fälle undiagnostiziert.
Alte Makel der Medizin
Ein Grund, warum Schlafapnoe oft unentdeckt bleibt, ist der Fakt, dass bei klinischen Forschungen mehrheitlich Männer als Testsubjekte eingeladen und die Resultate dann auf Frauen hochgerechnet werden. Obwohl viel zur Behebung dieser Missrepräsentation unternommen wird, stellen weibliche Partizipantinnen immer noch deutlich weniger als die Hälfte aller Patient:innen für medizinische Studien.
Gemäss einer neuen Studie bleiben mehr als 85 Prozent der Schlafapnoe-Fälle undiagnostiziert.
Das hat zur Folge, dass Symptome von Schlafapnoe nicht erkannt werden. Ganz klassische, wie Schnarchen bis hin zu einem kompletten kurzzeitigen Unterbruch der Atmung. Dies wiederum führt zu einem trockenen Mund und zu morgendlichen Kopfschmerzen. Was bei Frauen deutlich häufiger vorkommt als bei Männern sind Depressionen und Angststörungen. Diese Symptome werden oft nicht mit Schlafapnoe in Verbindung gebracht, da sie erst seit kurzem als deren Symptome in medizinischen Fachbüchern aufgelistet werden.
Die Suche nach der Ursache
Die Diagnose von Schlafapnoe gestaltet sich nicht immer als einfach, gerade wenn gewisse Anzeichen übersehen oder unwissentlich ignoriert werden. Nach einer Erstkonsultation beim Hausarzt wird eine sogenannte Schlafstudie in speziell dafür eingerichteten Schlafzentren durchgeführt. Mithilfe verschiedener Sensoren, die unter anderem Gehirnaktivität, Augen- und Körperbewegungen, Herzrhythmus und Atmung messen, wird die Schlafqualität dokumentiert und ausgewertet.
Eine Schlafanalyse ist auch zu Hause möglich, wenn auch im limitierten Rahmen. Patient:innen erhalten in diesem Fall einen kleinen portablen Monitor mit Sensoren, die sie nach Anweisung des Hausarzts selbstständig am eigenen Körper befestigen. Die Auswertung übernehmen dann wieder Fachleute. Die Methode erlaubt es allerdings, die Behandlung auch dann zu beginnen, wenn Zeit oder Ressourcen für einen Aufenthalt im Schlafzentrum fehlen.
Nach Auswertung der Daten können verschiedene gezielte Therapieansätze angewendet werden, wie zum Beispiel eine härtere oder weichere Matratze, die Änderung der Schlafposition oder sogenannte CPAP-Atmungs-Masken, die mit Überdruck die Atemwege freihalten und die Spontanatmung unterstützen. Ein Newcomer auf diesem Markt sind Nasenpflaster mit Klebstoff oder kleinen Magneten, die die Nasenflügel leicht auseinanderziehen. Dies soll den Atemweg öffnen und freihalten, allerdings ist deren Wirksamkeit wissenschaftlich nicht bewiesen.
Alternative Behandlungsmethoden
Ein weiterer Faktor, der die Wahrscheinlichkeit von Schlafapnoe erhöhen kann, ist Übergewicht. Männer sind davon stärker betroffen. Eine neue Studie zeigt, dass 63 Prozent der übergewichtigen männlichen Teilnehmer an Schlafapnoe leiden, bei den Frauen liegt die Zahl bei 22 Prozent. Gewichtsverlust als Behandlungsmethode hat allerdings keine besonders hohe Erfolgsquote, da für einen effektiven Versuch eine Reduktion von 25 bis 30 Prozent des Körpergewichts nötig ist. Für viele Patient:innen ist diese Methode ohne operative Eingriffe nicht nachhaltig.
Es werden aber auch andere Eingriffe erforscht und angewendet, die die Schlafapnoe direkt bekämpfen. So können zum Beispiel Obstruktionen in den Nasennebenhöhlen oder im Rachen beseitigt werden, um die Atemwege zu öffnen. Ebenso kann eine Operation durchgeführt werden, in der der weiche Gaumen reduziert und gestrafft wird. Diese Eingriffe zeigen zwar eine messbar positive Wirkung, werden aber erst als dritte Verteidigungslinie gesehen. Neben den Komplikationen, die allgemein bei Operationen entstehen können, bringt ein solcher im Mund- und Rachenbereich zusätzliche Unannehmlichkeiten mit sich, wie zum Beispiel unbequeme Schwellungen und gereizte Haut.
Eine unscheinbare Gefahr
Bei Schlafapnoe liegt die Annahme nahe, dass es sich dabei lediglich um eine Einschränkung der allgemeinen Lebensqualität handelt und deshalb nicht zwingend behandelt werden muss. Wenn sie allerdings unbehandelt bleibt, kann das schwerwiegende Konsequenzen haben. In seltenen Fällen ist es möglich, dass sich die stockende Atmung im Schlaf nicht selbst wieder starten kann. Wenn die Zufuhr von sauerstoffreichem Blut zum Gehirn auch nur kurz ausbleibt, kann das nach zehn Sekunden zum Bewusstseinsverlust und, wenn sogar Minuten vergehen, zu irreparablen Hirnschäden und schliesslich zum Tod führen.
Auch indirekte Folgen können tödlich enden. Schlafapnoe bringt ein erhöhtes Risiko für gefährliche Erkrankungen mit sich, darunter die Fettleber. Das ist insbesondere für Patient:innen, die unter einem erhöhten Alkohol- oder Medikamentenkonsum leiden, eine der Hauptkomplikationen. Ebenso kann unruhiger Schlaf das Risiko für Schlaganfälle und Herzrhythmusstörungen erhöhen. Darum ist es wichtig, frühzeitig abklären zu lassen, ob man unter Schlafapnoe leidet und was die individuell beste Behandlungsmethode ist. In der Regel werden die Kosten dafür in der Schweiz von der Krankenkasse übernommen.
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