Psychische Erkrankungen treffen Frauen ungleich stärker als Männer. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Auch wenn Frauen nachgesagt wird, dass sie besonders multitaskingfähig sind, reicht ihre Energie oft nicht für alles, was im Alltag auf sie einprasselt. Selfcare ist in einem Frauenleben deshalb kein Luxus, sondern alltägliche Notwendigkeit.
Frauen leiden öfter als Männer an einer psychischen Erkrankung, bei ihnen werden häufiger Depressionen, Angst- oder Essstörungen diagnostiziert. Unter den Betroffenen mit Depressionen und Angststörungen ist der Frauenanteil im Vergleich zu den Männern doppelt so hoch, und zum Beispiel Magersucht betrifft viermal so viele Frauen wie Männer. Dafür sind viele verschiedene Faktoren verantwortlich: Frauen sind häufiger alleinerziehend und gehören öfter niedrigen Einkommensschichten an. Zudem liegt die Belastung von Familie und Beruf noch immer mehrheitlich auf den Schultern der Frauen, ebenso die Betreuung alter Eltern oder pflegebedürftiger Angehöriger. Hormonelle Schwankungen wie Schwangerschaft oder Wechseljahre und die damit oft einhergehenden Schlafstörungen tun ihr Übriges. Nicht erstaunlich, dass in einer Axa-Studie zur psychischen Gesundheit von Frauen aus dem Jahr 2022 ein Fünftel mehr Frauen als Männer angaben, dass sie unter Stress im Alltag leiden – unter anderem wegen der noch immer ungleich verteilten Verantwortung im Haushalt.
Selfcare zur Gewohnheit machen
Für ihre psychische Gesundheit können Frauen jedoch einiges tun. Sorgfältige und konsequente Selfcare gehört dazu, die ausgewogene Mischung zwischen An- und Entspannung ebenso. Oft nehmen sich Frauen vor, sich etwas Me-Time zu gönnen und planen sie akribisch. Wenn dann aber ein Kind krank wird, der Partner doch länger arbeiten muss oder sonst etwas Unvorhergesehenes den Alltag auf den Kopf stellt, wird die Yoga-Stunde kurzfristig gecancelt, der Saunabesuch mit der Freundin verschoben. Etwas mehr Egoismus täte hier gut! Wer seine Bedürfnisse ständig hintanstellt, kommt zu kurz, ist frustriert und schneller ausgelaugt.
Zur Selbstfürsorge gehört auch Abgrenzung. Nein sagen. Sich von Menschen trennen, die einen runterziehen, anstatt aufstellen.
Wer das Gefühl hat, dass solche Selbstfürsorgemomente gerade nicht in den turbulenten Alltag passen, muss ja nicht gleich mit einem verlängerten Shoppingweekend in einer europäischen Metropole starten – sondern versuchts zum Beispiel mit einem kleinen Zufriedenheitserlebnis wie einem Kinoabend, einer Viertelstunde ungestört Geige üben, einem ausgedehnten Waldspaziergang mit dem Hund. Auch gut: sich mit anderen zu einer Aktivität treffen, die Freude macht. Wenn man nämlich jemandem absagen muss, hält man sich eher an Verabredungen. Wichtig: Wirkliche Selfcare ist keine Technik, die man anwendet, wenn man bereits erschöpft und ausgelaugt ist. Sondern etwas, was man regelmässig – möglichst täglich! – praktizieren sollte, damit es was bringt. Nur so wird sie zur Gewohnheit.
Ja zum Neinsagen
Zur Selbstfürsorge gehört auch Abgrenzung. Nein sagen. Sich von Menschen trennen, die einen runterziehen, anstatt aufstellen. Sich einen Raum nur für sich alleine schaffen (das kann auch eine Ecke sein). Zur Abgrenzung gehört auch, sehr kritisch auf sozialen Netzwerken unterwegs zu sein. Allen anderen gehts immer gut, sie sehen blendend aus, haben einen tollen Job und süsse Kinder. Zudem fahren sie unablässig an coole Destinationen, wo sie Museen besuchen, in schicken Cafés sitzen, sich die neusten Designerklamotten kaufen und darin umwerfend aussehen. Dass das nicht so ist, wissen wir eigentlich ganz genau. Aber vergessen es schnell, wenn wir durch die Feeds scrollen. Deshalb: Wen die Bilder der anderen runterziehen, sollte sich aus den Netzwerken verabschieden. Studien belegen nämlich, dass nichts so viel Energie frisst, wie sich mit anderen zu vergleichen. Vor allem natürlich, wenn der Vergleich zugunsten der anderen ausfällt.
Nichtstun kann man lernen
Während die einen Energie tanken bei sportlichen Aktivitäten, erholen sich andere am besten beim Nichtstun. Aber auch das will gelernt sein! Wer beim Musikhören ständig die Arbeit sieht (der Geschirrspüler müsste ausgeräumt werden, die Pflanze braucht Wasser, die Post muss geöffnet werden), zieht eine Schlafmaske über. Wer beim entspannenden Bad ständig von Kindern gestört wird, schliesst die Türe ab. Wenn beim Spaziergang dauernd das Handy klingelt, das Gerät zu Hause lassen.
Erholsamer Schlaf für eine gesunde Psyche
Die Schlafqualität hat sehr viel mit Wohlbefinden und Ausgeglichenheit zu tun, sie trägt elementar zu unserer psychischen Gesundheit bei. Es gibt einiges, was helfen kann, besser zu schlafen:
- Tagsüber viel Bewegung an der frischen Luft
- Für richtige Dunkelheit und kühle Temperaturen im Schlafzimmer sorgen
- Arbeitskram aus dem Schlafzimmer räumen, eine angenehme Atmosphäre schaffen
- Vor dem Zubettgehen einen Schlaftee trinken
- PC und Handy zwei Stunden vor dem Schlafengehen ausschalten
- Sich mit einem Lavendelkissenspray und hübscher Nachtwäsche verwöhnen
Keine Über- noch Unterforderung im Beruf
Berufstätigkeit ist weit mehr als bloss Geldverdienen: Sie sorgt für Struktur und für Sinn in unserem Leben, Erfolgserlebnisse und sozialen Austausch. Wer sich im Beruf verwirklicht, ist glücklicher. Dabei ist ganz wichtig für ein gutes Gleichgewicht zwischen Anforderung und Fähigkeit zu sorgen, denn die Arbeit sollte einen weder über- noch unterfordern. Beides ist auf die Dauer ungesund. Wer angemessen gefordert ist, fühlt sich energiegeladen, nimmt neue Herausforderungen neugierig an und das Ergebnis gelingt meistens.
Hilfe annehmen ist stark
Wer sich konstant überfordert, energie- und antriebslos fühlt, braucht professionelle Hilfe. Bei psychischen Erkrankungen gilt: nicht zu lange warten! Erste Anlaufstelle ist die Ärztin, diese koordiniert alle weiteren Schritte. Eine Depression ist eine Erkrankung, die man ernst nehmen muss und die eine Behandlung erfordert, damit man sich möglichst schnell wieder davon erholt.
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