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War for Talents: mehr Partnerinnen für Kanzleien!

25.09.2025
von SMA

Während sich Unternehmen in nahezu allen Sektoren um die besten Köpfe bemühen, stehen Kanzleien vor einer besonderen Herausforderung: Sie müssen nicht nur hoch qualifizierte Juristinnen und Juristen gewinnen, sondern diese auch langfristig binden. Ein entscheidender Faktor dabei ist die Frage, wie attraktiv Kanzleien für weibliche Talente sind und wie viele Frauen den Sprung in die Partnerschaft schaffen.

Frauen stellen seit Jahren mehr als die Hälfte der Absolvent:innen juristischer Fakultäten in Deutschland. Doch je höher die Karrierestufe, desto deutlicher klafft eine Lücke: Nur ein Bruchteil der Absolventinnen erreicht in ihrer Laufbahn auch die Partnerebene. Für Kanzleien ist das nicht nur ein Gleichstellungsthema, sondern ein strategischer Wettbewerbsnachteil. Zahlreiche Studien1,2,3 belegen, dass Teams mit geschlechtergemischter Führung innovativer arbeiten, ausgewogenere Entscheidungen treffen und resilienter in Krisenzeiten sind. Damit ist Female Empowerment längst kein bloßes Schlagwort mehr, sondern ein handfester Business-Case.

Ernüchternde Realität auf Partnerebene

Eine aktuelle Untersuchung der AllBright Stiftung4 hat die 20 umsatzstärksten Großkanzleien Deutschlands zum Stichtag 1. April 2025 analysiert. Das Ergebnis ist ernüchternd: Nur 16 Prozent der Equity-Partner sind Frauen. Zum Vergleich: Auf Associate-Ebene liegt der Frauenanteil bei fast 50 Prozent, auf Salary-Partner-Ebene immerhin noch bei etwa 37 Prozent. Der drastische Rückgang erfolgt also genau beim entscheidenden Karriereschritt in die Vollpartnerschaft.

Die klassische Partnerschaftsstruktur ist vielerorts noch stark auf Hierarchien und Umsatzorientierung fokussiert.

Ursachen und Mechanismen

Die AllBright-Studie und weitere Untersuchungen machen deutlich, dass hinter dieser Unterrepräsentanz nicht fehlende Qualifikation, sondern strukturelle Barrieren stehen. Oft ist von einer »gläsernen Decke« die Rede, die von unbewussten Vorurteilen, sogenannten »Unconscious Bias«, gestützt wird. Erwartet wird nach wie vor ein Karrieremodell, das sich an männlichen Rollenbildern orientiert: ständige Verfügbarkeit, hohe Präsenzzeiten und informelles Netzwerken außerhalb regulärer Arbeitszeiten. Solche Monokulturen erschweren es, familiäre Verpflichtungen oder Teilzeitmodelle zu integrieren.

Hinzu kommt, dass die »Rush Hour des Lebens« für Juristinnen besonders hart ausfällt. Die Phase, in welcher der Sprung zur Partnerschaft ansteht, fällt häufig mit der Familiengründung zusammen. Viele berichten, dass die strukturellen Erwartungen an Leistung und Präsenz kaum mit Betreuungszeiten oder familiären Verpflichtungen vereinbar sind.

Ein weiterer Faktor ist das Thema Mentoring und Sichtbarkeit. Die Initiative Women into Leadership5,6 verdeutlicht, dass formelle Mentoring-Programme Frauen helfen, Karrierewege transparenter zu gestalten und ihnen Zugänge zu Schlüsselmandaten zu eröffnen. Auch die Sichtbarkeit bei Mandant:innen und innerhalb der eigenen Kanzlei steigt dadurch messbar.

Schließlich spielt auch die Wahrnehmung des Unternehmensklimas eine Rolle. Eine Befragung von Spencer Stuart7 unter Frauen in Führungspositionen ergab, dass weniger als die Hälfte das Klima im eigenen Unternehmen als ausdrücklich frauenförderlich einschätzt. Gerade für Kanzleien bedeutet das: Es reicht nicht aus, Diversität als Wert zu deklarieren. Sie muss auch im täglichen Arbeitsumfeld gelebt werden und spürbar sein. Und dafür braucht es auch männliche Mentoren.

Modernes Kanzleimanagement: mehr als Umsatz und Akquise

Die klassische Partnerschaftsstruktur ist vielerorts noch stark auf Hierarchien und Umsatzorientierung fokussiert. Doch modernes Kanzleimanagement verlangt mehr. Flexible Arbeitsmodelle, transparente Karrierewege und eine nachhaltige Personalentwicklung gehören längst zu den Erwartungen der nachrückenden Generation. Kanzleien, die Frauen gezielt fördern und auf gleichberechtigte Teilhabe setzen, positionieren sich als attraktive Arbeitgeber und sichern sich damit den Zugang zu einem größeren Talentpool.

Vorbilder schaffen Strahlkraft

Für junge Juristinnen ist es zudem ein starkes Signal, Partnerinnen in Führungsrollen zu sehen. Role-Models verdeutlichen, dass Spitzenkarrieren möglich sind – auch in einem traditionell männlich dominierten Umfeld. Sind in einer Kanzlei bereits Frauen in Entscheidungspositionen, stärkt das nicht nur die interne Glaubwürdigkeit, sondern verbessert auch das externe Image. Nicht nur Bewerber:innen, sondern auch Mandant:innen achten zunehmend auf Diversität; insbesondere internationale Unternehmen erwarten gendergerechte Führungsteams auch in ihrer Rechtsberatung.

Mentoring und Retention: Der Schlüssel zur Bindung

Viele Kanzleien setzen inzwischen auf strukturierte Mentoring-Programme, um weibliche Talente gezielt zu begleiten. Diese Programme können dazu beitragen, Karrieren planbarer zu machen und individuelle Hürden frühzeitig zu adressieren. Ebenso wichtig ist die Frage der Retention: Juristinnen verlassen Kanzleien oft in der entscheidenden Phase, wenn Partnerschaft und Familienplanung gleichzeitig anstehen. Flexible Arbeitszeitmodelle, Job-Sharing oder eine partnerschaftliche Elternzeitgestaltung sind Hebel, um diese Abwanderung zu verhindern.


Quellen

1 EU Fact Check, 2022
«Mostly true: diverse teams work better in times of crisis»
https://eufactcheck.eu/factcheck/mostly-true-diverse-teams-work-better-in-times-of-crisis

2 Emerald, 2022
«Boosting innovation through gender and ethnic diversity in management teams»
https://www.emerald.com/jocm/article/35/8/54/253260/Boosting-innovation-through-gender-and-ethnic

3 ScienceDirect, 2022
«Women in top management teams and their impact on innovation»
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0040162522004061

4 Untersuchung der AllBright Stiftung, Juni 2025
https://www.allbright-stiftung.de/aktuelles/2025/6/30/augen-auf-bei-der-partnerwahl-der-allbright-frhjahrsbericht-2025-ist-da

5 https://www.dup-magazin.de/management/new-work/fuer-mehr-frauen-in-fuehrungsetagen

6 https://www.iwil.eu/konzept-1

7 https://www.spencerstuart.com/locations/germany/umfrage-unter-weiblichen-fuhrungskraften

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