Die Geschichte von Victorinox reicht bis ins Jahr 1884 zurück. Doch zum alten Eisen gehört der Messerhersteller aus Ibach deshalb noch lange nicht: Über die Jahrzehnte hinweg konnte sich die Marke immer wieder neu erfinden. «Fokus» sprach mit CEO Carl Elsener IV. darüber, wie er den Familienbetrieb erfolgreich in die Zukunft führt – und welche Schweizer Werte hierfür das Fundament bilden.
Herr Carl Elsener, Victorinox steht als Sinnbild für Schweizer Qualität. Was bedeutet es für Sie, das Unternehmen in vierter Generation zu führen?
Für mich persönlich ist es ein grosser Ansporn, aber auch eine Verantwortung, das wertvolle Erbe der Victorinox-Pioniere, das sie mit so viel Herzblut aufgebaut haben, fortzuführen und weiterzuentwickeln. Es erfüllt mich mit Stolz, eine Marke zu vertreten, die weltweit für Verlässlichkeit steht und seit Generationen geschätzt wird. Ich erachte es daher als meine Mission, das Erbe von Victorinox zu pflegen und parallel dazu die Innovationskraft sowie den Nachhaltigkeitsgedanken des Unternehmens voranzutreiben. Eine schönere Aufgabe kann ich mir nicht vorstellen!
Welche Schweizer Werte prägen Ihr Unternehmen?
Qualität, Präzision, Verlässlichkeit sowie Innovationskraft bilden unsere Eckpfeiler. Daraus leiten wir Prinzipien ab, die unseren Alltag bestimmen. Konkret zeigt sich dies etwa in der sorgfältigen Fertigung, im nachhaltigen Umgang mit Ressourcen sowie dem umsichtigen Umgang mit Mitarbeitenden und Partnern. Bescheidenheit ist für uns ein weiteres Schlüsselelement von Swissness.
Victorinox ist weltweit für sein ikonisches Schweizer Taschenmesser bekannt. Wie gelingt es Ihnen, eine so traditionsreiche Marke immer wieder neu zu erfinden?
Unser kleines Multitalent ist tatsächlich omnipräsent und kommt sogar im Weltraum zum Einsatz. Über eine halbe Milliarde dieser Messer sind weltweit im Umlauf. Kurzum: Das Swiss Army Knife hat sich als zuverlässiger Begleiter fürs Leben etabliert. Unsere Aufgabe besteht nun darin, diese Essenz zu bewahren, uns aber gleichzeitig neuen Entwicklungen nicht zu verschliessen.
Dabei lassen wir uns von den Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden inspirieren und entwickeln innovative Lösungen, die zeitgemäss sind, ohne unsere Wurzeln zu verlieren.
Nebst dem Swiss Army Knife sowie Haushalts- und Berufsmessern produziert Victorinox heute auch Uhren und Reisegepäck. Welche Strategie verfolgen Sie bei dieser Diversifikation?
Hier haben wir uns ebenfalls von den Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden leiten lassen – sogar sehr direkt, denn diese haben aktiv nach neuen Produkten aus dem Hause Victorinox nachgefragt. Zuoberst auf der Wunschliste standen Produkte für das Reisen. 1989 lancierten wir mit unseren Uhren die erste Produktlinie ausserhalb des Stammsortiments. Vom Erfolg der Zeitmesser waren wir damals ehrlich überrascht (lacht). Wie wichtig Diversifikation für uns ist, haben uns die Terroranschläge des 11. Septembers vor Augen geführt: Quasi über Nacht brach die Nachfrage aus den USA nach unseren Messern um über 30 Prozent ein. Durch die Ausweitung unserer Marke in andere Kategorien konnten wir diese Abhängigkeit reduzieren und die Ausstrahlung und Sichtbarkeit unserer Marke haben deutlich zugenommen. Wir wollen die Marke aber nicht überstrapazieren. Das Swiss Army Knife ist das Herz von Victorinox – und wird es auch bleiben.
Nachhaltigkeit ist heute ein zentrales Thema. Welche Massnahmen trifft Victorinox in diesem Feld?
Ressourcenschonendes Handeln war schon immer Teil unserer DNA: So besteht unser Stahl-Rohmaterial zu über 80 Prozent aus recyceltem Material. Alle in der Messerproduktion anfallenden Stahl-Abfälle werden recycelt und zu 100 Prozent in den Kreislauf zurückgeführt. Zudem nutzen wir seit mehr als 40 Jahren die Abwärme aus unserer Fertigung, um unsere Firmengebäude und 120 Wohnungen im Winter zu heizen. Unsere Photovoltaikanlagen tragen ebenfalls zur Nachhaltigkeit bei und wir kompensieren damit jährlich mehr als 600 Tonnen CO2.
Sie sind seit 2007 CEO von Victorinox. Was war die grösste Herausforderung in Ihrer Laufbahn – und wie sehen Sie die Zukunft des Unternehmens?
Ich hatte das Privileg, 34 Jahre lang mit meinem Vater zusammenzuarbeiten. Es war eine wunderbare Zeit, von der ich keine Minute missen möchte. Wir standen gemeinsam vor vielen grossen Herausforderungen. Eine wesentliche war die Transformation vom Verkäufer- zum Käufermarkt, die eine grundlegende strategische Neuausrichtung erforderte.
Auch externe Krisen wie zuletzt die Covid-19-Pandemie stellten uns vor immense Herausforderungen. Durch unsere lange Geschichte haben wir gelernt, dass ein Familienunternehmen in guten Zeiten Reserven anlegen muss, um in Krisen handlungsfähig zu bleiben. Dank dieser Strategie konnten wir auch während der Pandemie in die Zukunft investieren und unserem Team Stabilität geben. Ich blicke daher mit grosser Zuversicht in die Zukunft: Victorinox ist eine starke Marke mit Strahlkraft und ihre konsequente Weiterentwicklung wird uns helfen, unser Potenzial weltweit weiter auszuschöpfen – die Zukunft bleibt spannend!
Schreibe einen Kommentar