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Investment: Ausschluss oder Engagement?

11.07.2020
von SMA

Ausschluss oder Engagement? Diese beiden Begriffe haben in den letzten Jahren bei Investoren massiv an Bedeutung gewonnen, aber was bezweckt man damit und was kann man damit konkret erreichen?

Michael Spalding Head of Client Relations, Mitglied der Geschäftsleitung, Ethos

Michael Spalding, Head of Client Relations, Mitglied der Geschäftsleitung, Ethos

Ein Ausschluss bedeutet, dass man konsequent auf Investitionen in gewisse Unternehmen verzichtet. Sei dies aufgrund der Zugehörigkeit zu einer als kritisch erachteten Branche, zum Beispiel Tabak, Rüstung oder Kohleförderung, oder aufgrund des Verhaltens eines Unternehmens, wie etwa Korruption, Verursachung von Umweltschäden oder Kinderarbeit in der Lieferkette. Dabei kann die Motivation des Investors für Ausschlüsse eine Wertefrage aber auch eine Risikofrage sein.

Bei Wertefragen spielen Performance-Überlegungen keine Rolle. Wenn der Investor also konsequent den Ansatz verfolgt, dass er beispielsweise mit Rüstung kein Geld verdienen möchte, dann ist eine allfällige Outperformance dieses Sektors für ihn bedeutungslos. Bei Risikofragen stehen mögliche zukünftige Verluste für den Investor im Vordergrund. So kann man den Verzicht auf Investitionen in Unternehmen, welche beispielsweise in der Kohleförderung tätig sind, damit begründen, dass der Investor nicht mehr an die Zukunft dieses Sektors glaubt und durch einen Ausschluss das diesbezügliche Risiko in seinem Portfolio reduzieren möchte.

Eine Frage der Werthaltung

In der Praxis ist bei vielen Investoren der Entscheid für Ausschlüsse eine Kombination von Wertefragen und Risikoüberlegungen. Doch was kann man mit Ausschlüssen erreichen?

Leider auf den ersten Blick wenig. Denn der Ausstieg eines Investors aus einem Unternehmen kann ein anderer Investor als günstige Kaufgelegenheit wahrnehmen. Anders sieht es aus, wenn eine grössere Investorengemeinschaft der Ansicht ist, dass in ein Unternehmen oder in eine Branche nicht mehr investiert werden soll. Dann können die Ausschlüsse effektiv dazu führen, dass ein Unternehmen an Attraktivität verliert und die Refinanzierungskosten steigen.

Bei Wertefragen spielen Performance-Überlegungen keine Rolle.

Wir müssen uns deshalb bewusst sein, dass der Ausschluss eines Unternehmens erst im Rahmen eines kollektiven Vorgehens vieler Investoren einen Impact auf das Unternehmen hat.

Gemeinsam ans Ziel

Neben dem Ausschluss gibt es auch den Aktionärs-Dialog (Engagement), der zusätzlich zur Wahrnehmung der Stimmrechte geführt werden kann. Das Führen eines solchen Dialogs ist für einzelne Investoren aufwendig. Doch es besteht die Möglichkeit, dass sich mehrere Investoren (wie Pensionskassen oder Stiftungen) in einem Pool zusammenschliessen und gemeinsam versuchen, über gezielten Dialog mit ausgewählten Unternehmen, Verbesserungsprozesse auszulösen und Risiken zu minimieren. Je grösser die Investorengruppe, desto eher wird sie wahrgenommen. Der Dialog lässt sich grundsätzlich zu jedem Thema führen.

Man muss sich aber bewusst sein, dass es einfacher ist, ein allfälliges Fehlverhalten des Managements zu korrigieren, als ein Unternehmen dazu zu bewegen, die Branche zu wechseln. Es wäre nicht realistisch zu glauben, dass man aus einem Erdölunternehmen über Nacht einen Windturbinenhersteller machen kann. Es ist aber möglich, Erdölunternehmen als Investor und als Miteigentümer zu begleiten und darauf hin zu wirken, dass sie in neue Geschäftsfelder, wie etwa im Bereich erneuerbarer Energien, investieren. Die Initiative «Climate Action 100+» vereint beispielsweise über 400 bedeutende Vermögensverwalter und Vorsorgeeinrichtungen. Diese verwalten gemeinsam ca. einen Drittel der globalen Börsenkapitalisierung. Mit dieser geballten Kraft lassen sich Veränderungen und Verbesserungen herbeiführen, die dem Investor, dem Unternehmen und der Gesellschaft als Ganzem dienen.

Institutionelle Anleger bekämpfen Katastrophen

Und dass mittels Engagements etwas bewegt werden kann, zeigt eine der ersten in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommenen Kollektiv-Initiativen. Als im Jahr 2013 in Bangladesch über Tausend Arbeiter beim Kollaps einer Textilfabrik ums Leben kamen, schloss sich eine Gruppe von institutionellen Investoren mit dem Ziel zusammen, künftig solche Katastrophen zu verhindern. Der Kollaps hat weitreichende Probleme in der Textilindustrie Bangladeschs zum Vorschein gebracht, wie ungenügende Statik der Gebäude, verriegelte Notausgänge, schlechte Belüftung und fehlende Sprinkleranlagen. Die Forderungen dieser Kollektiv-Initiative richteten sich dann nicht direkt an die Textilfabriken in Bangladesch, sondern an die globalen Textilkonzerne. Denn nur sie haben die wirtschaftliche Macht, bei ihren Lieferanten die geforderten Verbesserungen durchzusetzen. Heute wissen wir, dass diese Kollektiv-Initiative zu weitreichenden Verbesserungen bezüglich Sicherheit am Arbeitsplatz geführt hat und dass es möglich ist, durch Engagement Verbesserungen herbeizuführen.

Der Kollaps hat weitreichende Probleme in der Textilindustrie Bangladeschs zum Vorschein gebracht.

Doch wenn die gesetzten Engagement-Ziele nicht erreicht werden, ist es wichtig, dass sich die Aktionäre bei Generalversammlungen Gehör verschaffen. Denn auch Aktionärsanträge sind ein griffiges Mittel. Dieses Jahr etwa wurden in den Vereinigten Staaten eine Rekordzahl von Aktionärsanträgen in den Bereichen Soziales und Umwelt angenommen. Tendenz weiterhin steigend.

Und was können Sie als Investor tun? 

Lassen Sie sich von Ihren Vermögensverwaltern und Fondsgesellschaften offenlegen, ob das Engagement geführt wird, Ausschlusskriterien angewendet und Stimmrechte wahrgenommen werden. Und ganz wichtig: Vergewissern Sie sich, ob die getroffenen Massnahmen Ihren Wert- und Risikovorstellungen entsprechen.

Wie investiert man richtig in die Zukunft? Die Antwort finden Sie hier.

Text Michael Spalding

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