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Strom vs. Öl: Wer gewinnt den Jahrhundertkampf?

15.09.2020
von SMA

Sind Elektroautos wirklich genauso zuverlässig wie und günstiger als verbrennungsmotorische Fahrzeuge? Langt ihre Reichweite und finden sich im Alltag ausreichend Ladepunkte? Schonen sie das Klima und wird es immer ausreichend Strom geben? Wer schickt wen auf die Matte im Kampf um die künftige Alltagsmobilität?

Angesichts der industriellen Entwicklungen, politischen Tatsachen, wissenschaftlichen Erkenntnisse und alltäglichen Erfahrungen der vielen Elektromobilisten in der Schweiz, sollte dieser Kampf längst für den Herausforderer des bisherigen Champions entschieden sein. Dennoch finden sich vielerorts reichlich Stimmen, die das Fossil im Ring nicht wanken sehen wollen. Sie klingen je lauter, desto mehr batterieelektrische Modelle auf den Markt kommen und desto klarer die Richtungsentscheide zu Gunsten der Elektromobilität auf allen politischen Ebenen ausfallen.

Wahrheiten zur Elektromobilität

Um diesen alten Öllampen ihre Strahlkraft zu nehmen, sollen im Folgenden die wichtigsten Wahrheiten zur Elektromobilität nochmals kurz und knackig dargelegt werden. Auch die letzten agitatorischen Stolpersteine und «alternativen Fakten», die sich einer künftigen Vollelektrifizierung in den Weg stellen, sollen enttarnt werden.

Wie schnell man diese vollelektrische Zukunft unter Umständen erreichen kann, zeigen einerseits die Quantensprünge der letzten Jahre in Ländern wie Norwegen und andererseits die Fixierung von Ausstiegsdaten aus der Verbrennungsmotor-Ära mittels Verbots in einer wachsenden Anzahl von Ländern und Städten.

Langlebigkeit der Batterien

Unbestritten ist, dass der elektrische Antrieb längst seine Alltagstauglichkeit bewiesen hat und sich rasant über alle Fahrzeug- und Nutzersegmente verbreitet. Die Anbieter wissen um die Langlebigkeit ihrer Batterien und bieten in den meisten Fällen acht Jahre Garantie. Obgleich das E-Auto in der Regel daheim geladen wird, braucht es möglichst viele öffentliche Ladepunkte. Dies, damit künftig beim Parken auch geladen werden kann. Grob geschätzt stehen heute in der Schweiz knapp 10 000 öffentliche Landpunkte mit ganz unterschiedlicher Leistung zur Verfügung.

Obgleich das E-Auto in der Regel daheim geladen wird, braucht es möglichst viele öffentliche Ladepunkte.

Parallel dazu haben die Reichweiten der Elektroautos in den letzten Jahren signifikant zugenommen. Bei Mittelklassefahrzeugen wie dem Nissan Leaf und dem Renault Zoé beträgt die Zunahme 60 bis 80 Prozent im Vergleich zur ersten Fahrzeuggeneration.

Das Elektroauto

Das Elektroauto ist so in den vergangenen zehn Jahren zu einer alltagstauglichen Alternative zum Fahrzeug mit Verbrennungsmotor geworden. Und auch zu einer günstigeren. Der Nachteil des höheren Anschaffungspreises wird in der TCO-Betrachtung (Gesamtkosten unter Einbezug des Wertverlusts) kompensiert. Elektroautos sind im Betrieb günstiger als Autos mit Verbrennungsmotoren. Dieser Vorteil entsteht aus tieferen Energie-, Unterhalts- und Reparaturkosten sowie möglichen Vergünstigungen bei den Steuern (je nach Kanton) oder Versicherungsprämien. Dies hat zur Folge, dass Elektroautos, je nach Fahrzeugtyp und Nutzung, nach 30 000 – 65 000 zurückgelegter Kilometer günstiger sind als Verbrenner. Ab diesem Zeitpunkt ergibt sich mit jedem zusätzlich zurückgelegten Kilometer ein Kostenvorteil auf Seiten des Elektroautos.

Weiterhin gehen Branchenkenner davon aus, dass bereits beim Kauf die Preisparität zwischen Verbrenner und batterieelektrischem Auto spätestens in der zweiten Hälfte der 20er-Jahre hergestellt sein wird. Das liegt insbesondere an den enormen Fortschritten in der Batterieentwicklung. Diese führen zu einer deutlichen verbesserten Energiedichte und Langlebigkeit bei sinkenden Preisen.

Klare Nutzervorteile

Mit diesen klarer Nutzervorteilen führt des E-Auto gegenüber sämtlichen fossilen Antrieben (und auch gegenüber möglichen künftigen Antrieben, wie der Brennstoffzelle) bereits klar nach Punkten. Der Knock-Out des Verbrenners kommt dann aber mit den Umweltvorteilen der Elektromobilität. Denn die Gesamtumweltbilanzen aller namhaften Umweltforschungsinstitute, darunter auch der EMPA in Dübendorf, belegen eindeutig die haushohe Überlegenheit batterieelektrischer Antriebe.

Der Knock-Out des Verbrenners kommt dann aber mit den Umweltvorteilen der Elektromobilität

Die grössten Vorteile der Elektromobilität liegen darin, dass für Herstellung und Fortbewegung auf regenerative Energiequellen zurückgegriffen werden kann und der elektrische Antrieb die mit Abstand beste Energieeffizienz aufweist. Weltweit findet die Transformation der Energieversorgung hin zu erneuerbaren Energien statt. Je sauberer die verwendete Energie, desto sauberer ist die Mobilität. Dies betrifft den Betrieb gleichermassen wie die energieintensive Herstellung der Batterien. Mit einem hohen Anteil an Ökostrom am Produktionsstandort wird sich zukünftig die Ökobilanz von Elektroautos noch einmal bedeutend verbessern.

Viel und zu Unrecht kritisiert wird zudem der Rohstoffbedarf und das Recycling der Elektroautobatterien. Hier gilt jedoch: Der Anteil an umweltbelastenden Rohstoffen sinkt mit jeder neuen Batteriegeneration deutlich und bis zum Recycling kannn man Lithium-Ionen-Batterien noch mehrere Jahre als Energiespeicher nutzen (sogenanntes «second-life» oder «re-use»). Beispielsweise für Photovoltaikanlagen. Diese Art von Nutzung verbessert die Umweltfreundlichkeit eines Elektroautos signifikant.

Diese Art von Nutzung verbessert die Umweltfreundlichkeit eines Elektroautos signifikant.

Infight

Bleibt letztlich nur noch die Mär vom zu grossen Strombedarf, doch auch die wird nicht zum «Lucky Punch» des Verbrennungsmotors im «Infight» mit dem Elektromotor, wie hier zu sehen ist. Ja, die Schweiz wird mehr Strom benötigen, wenn wir alle elektrisch fahren. Aber der Verkehr ist mit 36,3 Prozent heute der grösste Energieverbraucher der Schweiz. Dies ist insbesondere der schlechten Energieeffizienz der fossilen Mobilität geschuldet. Der auf fossilen Treibstoffen basierende Verbrauch des motorisierten Individualverkehrs ist in der Schweiz in den letzten Jahren auf über 300 000 TJ angestiegen. Der hypothetische Verbrauch einer rein elektrischen (BEV) Personenwagenflotte hingegen betrüge nur rund 11,5 TWh oder umgerechnet 41 400 TJ. Wären nur noch Elektroautos unterwegs, liesse sich somit aufgrund der Energieeffizienz über das Siebenfache an Energie sparen.

Wären nur noch Elektroautos unterwegs, liesse sich somit aufgrund der Energieeffizienz über das Siebenfache an Energie sparen.

Die hierfür notwendige Energie- und Verkehrswende sollten wir uns angesichts einer immer unsicheren Welt und eines rapide fortschreitenden Klimawandels unbedingt leisten. Wenn so unternehmerischer Mut, politischer Wille und ökologische Vernunft zusammenkommen, ist der alte, fossile Champion ausgezählt!

Text Dr. Jörg Beckmann, Direktor der Mobilitätsakademie und Geschäftsführer von Swiss eMobility

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