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Bildung

Einblick in den Arbeitsmarkt von gestern und morgen

14.10.2022
von Julia Ischer

Die Berufswelt befindet sich im Wandel: Neue Berufsfelder entstehen, alte verschwinden. «Fokus» hat mit einem Windturbinentechniker sowie einem Logistiker gesprochen und stellt damit einen frisch entwickelten und einen lang bestehenden Job vor.

Teddy Sassier Windturbinentechniker bei der BKW

Teddy Sassier
Windturbinentechniker bei der BKW
Bild: Severin Jakob

Teddy Sassier, mit welchen Aufgaben befassen Sie sich als Windturbinentechniker?  

Mein Arbeitsspektrum ist sehr breit. Einen Grossteil macht dabei die Wartung der Windparks aus. Dazu gehören beispielsweise die Identifizierung des Ersatzteilbedarfs, die Lagerung dessen, das Ersetzen defekter Teile sowie das Verfassen von Berichten über jene Eingriffe und Wartungsarbeiten. Auf der anderen Seite bin ich zuständig für die Begleitung externer Parteien. Dazu gehört unter anderem die Unterstützung auswärtiger Auftragnehmer. Weiter liegt die Sicherstellung der Verfügbarkeit der Turbinen in meinem Arbeitsbereich. Diese muss bei 98 Prozent liegen während der Betriebszeit. Der letzte Bereich ist die Überwachung der Anlage und das Ergreifen erforderlicher Massnahmen bei Ausfällen.           

Welche Voraussetzungen sind in Ihrem Beruf unerlässlich?

Eine gute Beobachtungsgabe ist das A und O. Einerseits muss stets auf die eigene Sicherheit als auch auf die der anderen geachtet werden. Andererseits sind die Wetterbedingungen teils prekär und die Arbeit wird auf sehr engem Raum verrichtet. Das birgt viele Gefahren. Weitere Anforderungen sind die Erfahrung mit verschiedenen Arten von Turbinen und Kenntnisse in den Bereichen Elektrotechnik, Hydraulik und Mechanik. Ausserdem sind alle Fachbegriffe auf Englisch, daher darf die Sprachkompetenz nicht fehlen. Auch eine hohe Selbstständigkeit und Organisationsfähigkeit sind gefragt. Man muss immer auf das Unerwartete vorbereitet sein. Da wir oft im Bereitschaftsdienst arbeiten, ist ein Wohnort in der Nähe des Windparks wichtig. Und Höhenangst ist natürlich fehl am Platz.

Der Beruf der Windturbinentechniker:innen gilt momentan als «der» Job der Zukunft. Warum ist das Ihrer Meinung nach der Fall? 

Hierzu fällt mir eine Anekdote aus meiner Heimatregion ein: In der Normandie, wo ich bis 2009 gearbeitet habe, sagte man mir damals, dass man mir meine Ausbildung nicht bezahlt, weil die Nachfrage nach Windturbinen in Zukunft nicht gross sein wird. Tatsächlich gibt es heute über tausend davon auf der ganzen Welt. Und aufgrund der Energiewende sind Spezialist:innen im Bereich der erneuerbaren Energien, wie Wind oder Solar, natürlich auch in Zukunft sehr gefragt. Man muss hingegen bedenken, dass der Job wirklich fordernd ist. 

Wie sieht die Zukunft von Windturbinen aus?

Die Technologien haben sich stark verbessert. Dadurch ist es heute möglich, Energiequellen an Orten zu installieren, die man früher für unmöglich gehalten hat. Dazu gehören beispielsweise Regionen mit sehr hohen Temperaturen, irregulären Windstärken oder Flachlandgebiete mit sehr wenig Wind. Auf diese Weise, und indem die Bevölkerung miteinbezogen wird, kann Energie zunehmend lokal produziert werden. Ich persönlich denke, dass die Windenergie florieren wird, wenn die Menschen aus den umliegenden Gemeinden Kleinstanteilseigner:innen von Windparks werden können.

Franco Michienzi Teamleiter Logistik bei Planzer

Franco Michienzi
Teamleiter Logistik bei Planzer

Franco Michienzi, mit welchen Aufgaben beschäftigen sich Logistiker:innen täglich?

Wir arbeiten hauptsächlich in den drei Bereichen Wareneingang, -lagerung und -kommissionierung. Darunter fallen beispielsweise das Verladen, die Inventur oder die Kontrolle der Ware auf Qualität, Menge und allfällige Schäden. Unsere Hauptaufgabe ist es also, die bestellte Ware mit der erwarteten Qualität zur richtigen Zeit bereitzustellen.  

Welche Fähigkeiten sind in Ihrem Beruf essenziell?

Zum einen ist ein gewisses Flair für Zahlen und Informatik wichtig. Aber auch Flexibilität – die Anforderungen wechseln ständig und sehr schnell, damit muss man umgehen können. Die Belastbarkeit ist ein weiteres Stichwort. Und natürlich dürfen die Motivation und ein speditives Arbeiten nie fehlen.  

Inwiefern hat sich die Arbeit im Laufe der Zeit verändert?

Aufgrund der Digitalisierung und Automatisierung wurde alles viel schneller. Heutzutage haben wir beispielsweise Programme, die uns die Bestände beim Kunden direkt übermitteln. Dadurch können wir vieles bereits vorerfassen und nicht erst, wenn die Bestellung eintrifft. Ausserdem wird nichts mehr von Hand aufgeschrieben. Was früher manuell verlief, ist heute digital anhand von Barcodes auf der Bestellung und der Ware einzusehen. 

Was denken Sie über die Digitalisierung in Bezug auf die Logistik?

Der Wandel ist meines Erachtens ein grosser Fortschritt hinsichtlich Qualität, Schnelligkeit und Sicherheit. Durch Aktualisierungen im Sekundentakt werden Fehler oder Abweichungen im Handumdrehen registriert und man kann früher darauf reagieren. Das steigert die Qualität und führt zu kürzeren Prozessen. Ausserdem vereinfachen Maschinen die schweren Arbeiten wie das Hochheben oder Stapeln der Ware. Es wird aber nicht nur der Körper entlastet, sondern auch die Psyche: Früher waren der Leistungsdruck und der Gedanke, dass man keine Fehler machen dürfe, sehr stark. Heute haben wir digitale Kontrollen für die Kommissionierung. So können Fehler vermieden und die Mitarbeitenden entlastet werden. Auf der anderen Seite kann sich das gesteigerte Tempo auch negativ auswirken, da die Logistiker:innen mehr in weniger Zeit liefern müssen.

Wie sieht die Zukunft von Logistiker:innen aus?

Ich denke, dass der Berufsalltag immer hektischer und dynamischer wird. Dies hat einen grossen Zusammenhang mit dem Onlinehandel. Mittlerweile kann man am Abend etwas bestellen und das Paket steht am nächsten Morgen vor der Haustüre. Vielen ist nicht bewusst, dass das nicht selbstverständlich, sondern ein grosser Luxus ist, für den viele Menschen hart arbeiten müssen. Dafür wünsche ich mir für die Zukunft etwas mehr Wertschätzung.

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