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Energie

Drohende Dunkelheit: Strommangellage bedroht die Schweiz

06.04.2024
von Linda Carstensen

Die wohl grösste Bedrohung für die Schweiz ist eine länger anhaltende Strommangellage. Sie hätte weitreichende Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben. Doch wer ist für unsere Versorgungssicherheit verantwortlich?

In der Schweiz gibt es mehrere Instanzen, die dafür sorgen müssen, dass die Endverbraucher:innen jederzeit mit der gewünschten Menge Strom zu angemessenen Tarifen versorgt werden. In erster Linie ist die Energiewirtschaft für die Energieversorgung der Schweiz zuständig (nach Art. 6 Abs. 2 Energiegesetz, EnG). 

Die Netzbetreiber sind für die Sicherheit und Stabilität des Stromnetzes verantwortlich. Sie sind dafür zuständig, dass das Stromnetz zuverlässig funktioniert und allfällige Störungen rasch behoben werden. Dazu gehört sowohl die Instandhaltung der physischen Infrastruktur als auch das Management der Netzlasten.

Geteilte Verantwortung

Die Energielieferung an Grosskunden, also an freie Endverbraucher mit Netzzugang und einem Jahresverbrauch von mindestens 100 MWh, obliegt direkt dem jeweiligen Energielieferanten. Diese Kunden haben in der Regel die Möglichkeit, ihren Energielieferanten frei zu wählen und können so den Wettbewerb und die Preise auf dem Energiemarkt beeinflussen.

Für Haushalts- und Gewerbekunden mit einem Jahresverbrauch von weniger als 100 MWh sowie für marktberechtigte Grosskunden, die auf ihren Netzzugang verzichten, liegt die Verantwortung für die Energielieferung bei den lokalen Verteilnetzbetreibern. Diese übernehmen die letzte Stufe der Energieversorgung und stellen sicher, dass der Strom zu angemessenen Tarifen an die Endverbraucher geliefert wird.

Insgesamt zeigt sich, dass die Struktur der Stromversorgung in der Schweiz auf eine breite Verteilung der Verantwortlichkeiten setzt, um eine hohe Versorgungssicherheit und Stabilität zu gewährleisten. Verschiedene Akteure arbeiten zusammen, um einen reibungslosen Ablauf und die ständige Verfügbarkeit von elektrischer Energie sicherzustellen.

Was bedeutet Versorgungssicherheit?

Man spricht von Versorgungssicherheit, wenn alle Stromverbraucher:innen zu jedem Zeitpunkt die gewünschte Menge an Elektrizität in der erforderlichen Qualität, zu angemessenen Preisen und ohne Unterbruch beziehen können.

Die Schweiz ist eng mit dem europäischen Stromnetz verbunden, was einerseits zur Stabilität der Netze beiträgt, andererseits aber auch eine Abhängigkeit von der Stabilität der benachbarten Systeme mit sich bringt. Die enge Vernetzung bedeutet, dass Änderungen in den Energiestrategien und -politiken der Nachbarländer direkte Auswirkungen auf die Schweiz haben können.

Die Verantwortung für die sichere Stromversorgung liegt bei der Stromindustrie, während die Regierung für die Schaffung geeigneter rechtlichen Rahmenbedingungen für die Industrie verantwortlich ist und nur dann eingreift, wenn die Stromindustrie nicht mehr in der Lage ist, eine sichere Stromversorgung zu garantieren. Um diesen Auftrag zu erfüllen, baut die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) ihre Überwachung der Stromversorgung laufend aus.

Was passiert, wenn der Strom ausfällt?

Ein Stromausfall ist ein ungewollter Unterbruch der Stromversorgung. Die Gründe für einen Stromausfall sind vielfältig. Stromausfälle unterscheiden sich in ihrer Vorhersehbarkeit, Dauer, geografischen Ausdehnung und Intensität. Grundsätzlich sind drei Szenarien denkbar:

  • Regionaler Stromausfall: Bei einem regionalen Stromausfall ist die Stromversorgung in einem bestimmten geografischen Gebiet für einen bestimmten Zeitraum unterbrochen. Dauern können regionale Stromausfälle von wenigen Minuten bis zu mehreren Tagen – die Auswirkungen solcher Zwischenfälle variieren deshalb stark. Ursachen für regionale Stromausfälle sind Naturkatastrophen wie Stürme oder Überschwemmungen, technische Probleme oder menschliches Versagen wie Bedienungs- oder Wartungsfehler. 
  • Blackout: Ein Blackout ist ein grossflächiger, oft plötzlicher Stromausfall, der eine ganze Region oder sogar mehrere Länder betreffen kann. Er zeichnet sich durch seine grosse Reichweite und potenziell lange Dauer aus. Extreme Wetterereignisse, technische Defekte, Überlastung des Stromnetzes, menschliches Versagen oder auch gezielte Angriffe auf die Infrastruktur können zu einem Blackout führen. 
  • Strommangellage: Eine Strommangellage beschreibt einen Zustand, in dem die Nachfrage nach Strom über einen längeren Zeitraum hinweg grösser ist als das Angebot. Bei einem Blackout ist hingegen eigentlich genug Strom vorhanden, aber er gelangt aufgrund verschiedener Umstände nicht zu den Verbraucher:innen. Reduzierte Importmöglichkeiten von Strom aus dem Ausland, zu wenig Wasser in den Schweizer Stauseen, der Ausfall von Kraftwerken oder zu wenig Wind- und Sonnenenergie können eine Strommangellage verursachen. 

Gefahren einer Strommangellage

Grundsätzlich gilt es, Stromengpässe zu vermeiden. Die moderne Gesellschaft und Wirtschaft sind stark abhängig von elektrischer Energie. Ein längerfristiger Stromausfall würde grundlegende Infrastrukturen wie Kommunikation, Verkehr, Gesundheitswesen und die industrielle Produktion stark beeinträchtigen. Zudem ist die Schweiz aufgrund ihrer topografischen Besonderheiten und des kalten Klimas im Winter besonders anfällig für die Folgen eines Stromausfalls. In dieser Zeit ist die Schweiz auf Stromimporte angewiesen, da die inländische Produktion oft nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken. 

Ein Strommangel kann auch die Sicherheit der Schweizer Bevölkerung gefährden, weil beispielsweise der Notdienst sowie Sicherheits- und Überwachungssysteme auf eine kontinuierliche Stromversorgung angewiesen sind. Auch die Wirtschaft würde Schaden nehmen. Ein längerer Stromausfall würde die Produktion in verschiedenen Branchen unterbrechen und zu erheblichen finanziellen Verlusten führen. 

Im Extremfall einer tatsächlichen Strommangellage würden Organisationen wie Ostral (Organisation für Stromversorgung in Ausserordentlichen Lagen) aktiviert, um die Verteilnetzbetreiber bei der Umsetzung verschiedener Massnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit unterstützen.

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