Das Anlegen in Private Equity (PE) hat sich insbesondere im Zeitalter von Inflation und volatilen Finanzmärkten als spannende Investmentmöglichkeit etabliert. «Fokus» sprach hierzu mit Mark Zünd, Leiter des Private-Equity-Teams von Unigestion. Der Fachmann erläutert, warum es sich gleich in mehrfacher Hinsicht lohnt, in KMU zu investieren, die in ihren Nischen den Status quo aufbrechen.

Mark Zünd
Leitung Private-Equity-Teams, Unigestion
Herr Mark Zünd, vor fünf Jahren stellten Sie in einem Fachartikel in der Handelszeitung die These auf, dass das kommende Jahrzehnt für Anlegende nicht mehr so gut verlaufen wird wie das vergangene. Haben sich Ihre Prognosen bewahrheitet?
In besagtem Beitrag legte ich dar, dass thematische Investitionen einen Schutz für unsichere Zeiten darstellen können. Und wenn ich mir die aktuelle Lage vor Augen führe, hat sich dies durchaus bewahrheitet: Thematische Portfolios haben insgesamt gut abgeschnitten und konnten sich trotz der gesamtwirtschaftlichen «Achterbahnfahrt» behaupten.
Worin liegen die Gründe für diese Achterbahnfahrt?
Im Nachhinein kann man rekonstruieren, dass die lange Tiefzinsphase sowie die ungebrochene Globalisierung den Finanzmärkten einen einzigartigen Rückenwind bescherten. Man kann sich dies wie den Anstieg vorstellen, mit dem jede Achterbahnfahrt beginnt. Doch auf jeden Aufstieg folgt unweigerlich die Talfahrt: Die Covid-Pandemie war hierfür eine erste Kostprobe. In der Folge führten Zentralbanken und Regierungen weltweit massive Interventionen durch. Diese wiederum milderten nicht nur wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-Krise, sondern verliehen den Märkten erneut Schub. Das Beispiel von «Boom and Bust» in der E-Commerce-Branche ist hierfür bezeichnend. Das Jahr 2022 brachte dann drastische Zinserhöhungen mit sich und führte zur nächsten Kostprobe: ein «Black Swan Jahr» für die Finanzmärkte, in dem Anleihen und Aktien stark korrigierten. Darüber hinaus stiegen im gleichen Jahr die geopolitischen Unsicherheiten enorm an. Als Reaktion auf diese Entwicklungen sehen wir heute zumindest eine partielle Umkehr der Globalisierung: Die zunehmende Lokalisierung (Reshoring etc.) sowie die Anpassung der Lieferketten bieten aber ihrerseits spannende Anlagemöglichkeiten.
Viele Anlegende suchen nach spannenden und innovativen Alternativen zu traditionellen Anlagestrategien. Was macht Private Equity (PE) für Sie zu einer attraktiven Option für Vermögensverwalter und Investoren?
Gerade in Zeiten von konjunktureller Stagnation sind Beteiligungen an ausgewählten Wachstumsunternehmen eine attraktive Investitionsmöglichkeit. Und im Gegensatz zum Aktienmarkt stehen Private-Equity-Investoren ungleich mehr KMU zur Auswahl, die führend in attraktiven Nischen sind. Und nebst guten Renditeaussichten ist das Investieren in innovative KMU auch eine sinnstiftende Art und Weise, Geld anzulegen – ein Faktor, der gerade für die neue Generation von Anlegenden eine Rolle spielt. Ein Beispiel ist unser Portfoliounternehmen Stingray, das in Lachsfarmen die Behandlung gegen Fischläuse mittels Laser ermöglicht und damit den Einsatz schädlicher Antibiotika reduziert.
Welche Anlagetrends erachten Sie im Feld von Private Equity als besonders vielversprechend?
Ich habe eingangs von thematischen Investitionen gesprochen. Wir bei Unigestion fokussieren unter anderem auf die Megatrends der technologischen und demografischen Entwicklung sowie auf Nachhaltigkeits- und Umweltthemen. Diese werden sich stetig weiterentwickeln und die Wirtschaft prägen. Dementsprechend bieten diese Sektoren attraktive Anlageopportunitäten. Gleichzeitig besteht aber aufgrund gestiegener Unsicherheiten auch die Gefahr eines konjunkturellen Abschwungs sowie für höhere Volatilität an den Finanzmärkten. Dementsprechend sind auch im PE-Bereich robuste Geschäftsmodelle unverzichtbar. Wir konzentrieren uns auf führende Nischenanbieter, die von strukturellem Rückenwind profitieren und sich ein Stück weit von der Konjunktur abkoppeln können – diese KMU wachsen stark und sind oft hochprofitabel.
Können Sie ein Beispiel hierfür nennen?
Wo soll ich anfangen? (lacht) Eines von zahlreichen guten Beispielen sind etwa Unternehmen im Bereich «Re-shoring Engineering». Diese Betriebe helfen Konzernen dabei, ihre Produktion in die EU oder die Vereinigten Staaten zurückzuführen. Diese Fabriken sind hochgradig digitalisiert und auf dem neusten Umweltstandard. Mit Investitionen in solche Unternehmen decken wir gleich drei zentrale Megatrends ab. Ich denke, diese Firma ist auch gut positioniert für Trump 2.0.
Wo sehen Sie aktuelle Herausforderungen und Risiken im Kontext von Private-Equity-Investments – und wie lassen sich diese Risiken minimieren?
Analog zum Public Market beobachten wir auch im Feld von Private Equity eine zunehmende Konzentration von Kapital auf einige wenige, grosse Fondsmanager. Dies führt zu erhöhtem Anlagedruck und setzt einen Teufelskreis in Gang, bestehend aus hohen Bewertungen, hohem Fremdkapitaleinsatz (um akzeptable Renditen zu erzielen) und höherem Risiko für Konkurse und Negativschlagzeilen, die sich aus der zunehmenden Verschuldung ergeben. Wie bereits erwähnt, stellen die gestiegenen Zinsen auch im PE-Sektor einen Paradigmenwechsel dar. Hiervon sind primär zwei Arten von PE-Investments negativ betroffen: einerseits Transaktionen mit einem hohen Leverage (traditionellerweise sehr grosse Transaktionen) sowie andererseits Transaktionen im Bereich Venture Capital. Die Bewertungsmethode dieser oftmals jungen Unternehmen erfolgt mittels der Barwertmethode, die äusserst sensitiv auf den Abzinsungsfaktor reagiert. In beiden Bereichen sehen wir nicht nur einen negativen Effekt auf die Transaktionsvolumen, sondern auch auf die Bewertungen. Darum fokussieren wir, wie gesagt, auf das KMU-Segment, welches die geringste Zinssensitivität aufweist und setzen überdies auf diversifizierte Portfolios.
Sie sind der Leiter des Private-Equity-Teams von Unigestion. Gibt es spezifische Technologien oder Datenanalysetools, die Sie nutzen, um Chancen und Risiken genauer einschätzen zu können?
Ja, wir investieren seit Jahren signifikante Ressourcen in die Digitalisierung operativer Prozesse sowie in digitalisierte Investmentanalyse. Diese Digitalisierung ermöglicht uns signifikante Zeitersparnisse durch Prozessautomatisierungen. Hierfür haben wir auf KI basierende Analyseinstrumente entwickelt, die nicht nur unsere Analysen effizienter machen, sondern auch im Sinne eines «Vier-Augen-Prinzips» das Risiko falscher Investmententscheide reduzieren. Denn bei uns arbeiten Mensch und Maschine quasi Hand in Hand, da sich menschliche Einsichten und Intuition nicht digitalisieren lassen.
Sie haben bereits die Nachhaltigkeitsthematik als Megatrend angesprochen. Wie passen ESG-Kriterien in Ihre Private-Equity-Strategien?
Institutionelle Investoren fordern heute eine exzellente Umsetzung von ESG-Kriterien – dies ist zum Marktstandard geworden und wird in Europa von den meisten Marktakteuren umgesetzt. Um dies aber nicht zum Papiertiger verkommen zu lassen, reicht es meines Erachtens nicht aus, ESG-Kriterien nur zu Beginn eines Investments umzusetzen; vielmehr muss dies über die gesamte Halteperiode gelebt werden. Insbesondere im KMU-Segment sind hier grosse Fortschritte möglich. Die bereits erwähnte «grüne Transformation» geht zudem weit über ESG-Kriterien hinaus: Eine in der realen Wirtschaft signifikant gestiegene Nachfrage nach «grünen» Produkten und Dienstleistungen ermöglicht es heute, in diesem Bereich auch finanziell attraktive Investments zu tätigen. Unser Haus hat hierzu jüngst einen Fonds aufgelegt, der in Mittelstandsunternehmen investiert, die mit ihrer Geschäftstätigkeit aktiv zur Reduzierung von CO2 beitragen. Ein Beispiel für soziale Nachhaltigkeit wiederum ist ein französischer Anbieter von Weiterbildungsdienstleistungen, der es jungen Menschen in Frankreich ermöglicht, de facto die «Glasdecke» sozialer Mobilität zu durchbrechen – durch bessere Starteinkommen, ohne Darlehensaufnahme und schnellere Beschäftigungsmöglichkeiten.
Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Anlagestrategien auch in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit robust sind?
Um vom bereits erwähnten strukturellen Rückenwind zu profitieren, konzentrieren wir uns auf sieben Anlagethemen (darunter Service-Effizienz, Zukunft der Arbeit, ein verbessertes Gesundheitswesen etc.). Unsere mittelständischen Zielunternehmen sollten von mindestens einem dieser Themen profitieren und von der Konjunktur unabhängigen «Rückenwind» erhalten. Hierfür sind robuste Geschäftsmodelle mit hochmargigen «Mission critical» Produkten zentral, die eine konstante Wertgenerierung sicherstellen. Beispiele hierfür finden wir immer öfter in Bezug auf die in den letzten Jahrzehnten gestiegenen Staatsaktivitäten und dem Bedarf nach Effizienzsteigerungen, etwa im Gesundheitswesen oder in Bezug auf die (oft noch fehlende) Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung.
Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft des Private Equity aus?
Sekundärmarkt-Investments sind insbesondere in einem unsicheren Marktumfeld attraktiv und ermöglichen Investoren Arbitragemöglichkeiten und ein attraktives Cashflow-Profil. Dementsprechend dürfte sich das Wachstum des Sekundärmarktes fortsetzen, auch da «Secondaries» immer öfter von Fondsmanagern als «alternative Exit-Option» angesehen werden. Eine spannende Opportunität bieten auch Investments in sogenannte «Emerging Manager» – aufstrebende PE-Fondsmanager, die ihren ersten oder zweiten Fonds auflegen und oft hoch spezialisiert sind. Investments in solche Small-Cap-Fonds haben nicht nur das Potenzial für höhere Bruttorenditen (auch in unsicheren Zeiten), sondern weisen aufgrund vorteilhafterer Kostenstrukturen auch eine geringere Differenz zwischen Brutto- und Nettorenditen auf. Ebenfalls eine spannende Entwicklung: Die Anlageklasse PE stand bislang primär institutionellen Anlegern offen. Wir sehen aber aktuell eine «Demokratisierung» mit einer zunehmenden Anzahl von semi-liquiden Fondsprodukten, die auf wohlhabende Privatanleger zielen. Viele dieser «semi-liquid» Programme fokussieren auf das Large-Cap-Segment, wohingegen unser Programm Zugang zu spannenden KMU geben wird.
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