Erneut trafen sich im November 197 Staaten an der jährlich stattfindenden Weltklimakonferenz, um über die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens zu diskutieren. Für die zweiwöchigen Verhandlungen braucht es viel diplomatisches Fingerspitzengefühl und Geduld. Aber der Einsatz lohnt sich und die Teilnahme an einer solchen Verhandlung ist eine sehr bereichernde Erfahrung.
Es passiert nicht alle Tage, dass Vertretende der ganzen Welt an einem Tisch sitzen, um Lösungen zu finden für eine der grössten Herausforderungen der Menschheit. Alleine das ist eine wichtige Errungenschaft des Pariser Klimaabkommens. Eines dürfen wir aber nicht vergessen: Die Umsetzung eines internationalen Klimavertrages erfolgt auf lokaler Ebene. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Erschaffung einer neuen Vision für die Schweizer Wirtschaft. Diese soll aufzeigen, wie Klimawandel und wirtschaftliche Entwicklungen unter einen Hut zu bringen sind. Mit der angenommenen Energiestrategie 2050 hat sich die Schweiz bereits für eine saubere und effiziente Energieversorgung ausgesprochen. Ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Klimafreundliches Wirtschaften verspricht Chancen
Einer der bedeutendsten Schritte im Kampf gegen den Klimawandel ist es, unsere Energieversorgung und unseren Energieverbrauch so umzustellen, dass wir fossile Energien nicht mehr benötigen. Infrastrukturen – unsere Gebäude und unser Verkehrssystem – spielen hier eine wichtige Rolle. Denn sie bestimmen sowohl den Energieverbrauch als auch die Energieproduktion. Diese Infrastrukturen so umzubauen, dass sie effizient sind und keine fossilen Energien mehr benötigen, ist daher entscheidend. In der Energiebereitstellung ist die Schweiz heute zu rund 70 Prozent abhängig von fossilen Energieträgern. Der Weg zu einer fossilfreien Energieversorgung führt über die Produktion von erneuerbarem Strom. Den Import von Erdöl durch den Import von Strom zu ersetzen, wäre zwar eine Möglichkeit. Da man aber nur eine Abhängigkeit durch eine andere austauscht, ist dies keine besonders nachhaltige Lösung.
Kluger Mix in der Stromversorgung ist die Lösung
Erfolgversprechend für die Schweiz ist ein kluger Mix von inländischer Produktion und Import. Die Stärken unseres Landes liegen in einer sehr flexiblen, gut ausgebauten Wasserkraft. Sie ergänzt die neuen Technologien der Windenergie, Biomasse und vor allem der Sonnenenergie, die eine immer stärkere Rolle spielen, ideal. Ein neuer Eckpfeiler der Stromversorgung in der Schweiz wird die energieproduzierende Gebäudehülle sein. Dächer, die Strom produzieren, haben sich bereits etabliert. Nun beginnt sich auch die Photovoltaik in den Fassaden durchzusetzen. Interessant an diesem Konzept ist, dass die Ausbeute im Winterhalbjahr deutlich höher ist und damit die Solarenergie auch im Winter immer mehr ins Gewicht fällt. Konventionelle Anlagen ernten im Winterhalbjahr 30 Prozent der Jahresenergie – bei Fassadenanlagen kann die Winterernte sogar bis auf 50 Prozent ansteigen
Es braucht Mut für eine neue Zukunftsvision
Kernelemente der zukünftigen Energieversorgung sind Energieeffizienz und Elektrifizierung. Eine Wärmepumpe kann beispielsweise ein Gebäude mit vier bis fünfmal weniger Energie beheizen. Wird das Gebäude gleichzeitig auch noch gedämmt, ist mehr als ein Faktor 10 möglich – ohne die Grenzen des Machbaren und Bezahlbaren zu überschreiten. Kombiniert mit verbesserter Regeltechnik werden die Gebäude komfortabler, sicherer und umweltfreundlich. Und nicht zuletzt bleibt das Geld in der Schweiz und fliesst nicht ins Ausland. Auch der Verkehr muss seinen Beitrag leisten. Wir erleben gerade die Abenddämmerung des Verbrennungsmotors. Egal, ob die Energie aus Batterien oder Brennstoffzellen kommt: Die zukünftige Mobilität wird auf jeden Fall elektrisch sein. Elektrische Fahrzeuge sind bedeutend effizienter und lassen sich einfacher automatisieren. Wahrscheinlich werden wir in Zukunft nicht einmal mehr ein Fahrzeug besitzen müssen, denn Mobilität wird als Service vermarktet. Effizient, einfach und zeitsparend.
Die Ziele des Pariser Klimaabkommens können nur mit einer klimafreundlichen Energieversorgung und nachhaltigen Innovationen erreicht werden. Die technischen Möglichkeiten sind längst vorhanden. Mit wenigen, aber effizienten Regeln schaffen wir eine realistische Grundlage für Investitionen und neue Businessmodelle. swisscleantech hat sich zum Ziel gesetzt, in den kommenden Jahren die einzelnen Puzzlestücke zusammen zu fügen und daraus eine konsistente Vision zu entwickeln. Eine Vision für eine zukunftsfähige Schweizer Wirtschaft.
Text: Dr. Christian Zeyer, Geschäftsführer Swisscleantech und Mitglied der Schweizer Verhandlungsdelegation an der Klimakonferenz in Bonn
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