In deutschen Familienunternehmen steht eine Welle von Generationswechseln an. Doch oft sind es weniger steuerliche oder finanzielle Hürden, die eine Firmenübergabe scheitern lassen, sondern unausgesprochene Konflikte innerhalb der Familie. Hier kommen Mediatoren ins Spiel: Als neutrale Vermittler sorgen sie für klärende Gespräche und tragfähige Lösungen.
Deutschland steht vor einer massiven Übergabewelle: In den kommenden Jahren wollen so viele Unternehmer wie nie zuvor ihren Betrieb in neue Hände legen. Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn stehen pro Jahr 38 000 Familienbetriebe vor der Übergabe – an diesen Entscheidungen hängen über 440 000 Arbeitsplätze in Deutschland. Für unsere Wirtschaft ist die erfolgreiche Firmenübergabe daher von großer Bedeutung.
Nachfolger dringend gesucht
Passende Nachfolger zu finden, wird jedoch immer schwieriger. Viele Unternehmerkinder schlagen andere Karrierewege ein. Der Anteil familieninterner Übernahmen ist laut Erhebungen bis 2025 auf unter 42 Prozent gesunken – 2018 lag er noch bei 57 Prozent. Laut KfW-Bankengruppe (2025) haben rund 36 Prozent der übergabereifen Firmen keinen geeigneten Nachfolger in Sicht. So entsteht ein echtes Nachfolgeproblem. Mancher Seniorchef würde im Zweifel lieber schließen, als sein Lebenswerk ohne passenden Erben weiterzuführen.
Wird die Nachfolge konstruktiv gelöst, bleiben Arbeitsplätze und Know-how erhalten – und der Familienfrieden intakt.
Warum Übergaben scheitern
Studien zeigen, dass Firmenübergaben selten an Steuern oder Bilanzen, sondern meistens an zwischenmenschlichen Faktoren scheitern. Das Witten Institute for Family Business fand 2024 heraus, dass in 73 Prozent der gescheiterten Übergabeprozesse psychologische oder kommunikative Probleme ausschlaggebend waren. Häufig werden Sorgen, Wünsche und Erwartungen von Übergebenden und Übernehmenden nicht frühzeitig geklärt. Die Folge: Missverständnisse und Enttäuschungen bauen sich auf. Manche scheitern schon in der Planungsphase. Geht der Generationswechsel komplett schief, hat das drastische Folgen: Das ifo-Institut schätzt den jährlichen wirtschaftlichen Schaden durch missglückte Nachfolgen auf rund 3,7 Milliarden Euro. Und in fast 20 Prozent der Fälle endet eine zerstrittene Übergabe sogar mit der Schließung des Betriebs.
Alte Konflikte, neue Fronten
Zum einen prallen die Generationen aufeinander: Der Senior will sein Lebenswerk bewahren, die Nachfolger drängen auf Veränderung. Zum anderen können ungelöste Altlasten in der Familie plötzlich hochkochen. Geschwister, die lange harmonisch zusammengearbeitet haben, rivalisieren plötzlich um Einfluss. Auch die unklare Rolle des scheidenden Chefs führt zu Spannungen. Ohne klare Absprachen ist Streit vorprogrammiert, wenn der Altinhaber sich weiterhin einmischt.
Mediator als Brückenbauer
Hier kann eine Mediation den Unterschied machen. Eine Mediatorin oder ein Mediator ist ein neutraler Vermittler. Sie oder er sorgt dafür, dass alle Beteiligten ihre Sichtweisen in einem geschützten Rahmen schildern können – ohne Unterbrechung und ohne Gesichtsverlust. Das Ziel: Die Parteien erarbeiten mit seiner Moderation eigenverantwortlich eine Lösung, der alle zustimmen können. Das hat gleich mehrere Vorteile: Es wird nach kreativen Win-win-Lösungen gesucht, bei denen niemand als Verlierer vom Platz geht, und zugleich bleibt die Beziehungsebene intakt – wichtig, da die Familie auch nach der Übergabe weiter zusammenarbeiten muss. »Nachfolge ist primär ein psychologischer, erst sekundär ein betriebswirtschaftlicher Prozess«, betont Sabine Rau, Expertin für Familienunternehmen. Diese allparteiliche Vermittlung sorgt dafür, dass die Generationen einander wirklich zuhören – und am Ende eine gemeinsame Basis finden.
Beispiel: Vater und Sohn
In einem Familienbetrieb geriet die Übergabe zwischen Vater und Sohn in einen ernsten Konflikt. Der Senior tat sich schwer mit dem Loslassen, der Junior wollte eigene Ideen durchsetzen. Die Fronten verhärteten sich und die Stimmung litt. Erst mithilfe einer Mediatorin fanden beide zurück ins Gespräch. Sie einigten sich auf einen Übergangsplan: Der Vater blieb als Mentor an Bord, der Sohn übernahm schrittweise das Steuer. Firma und Familie waren am Ende zufrieden – der Konflikt war beigelegt.
Familienfrieden als Erfolgsfaktor
Am Ende profitieren bei einer gelungenen Nachfolge Familie und Firma. Wird die Nachfolge konstruktiv gelöst, bleiben Arbeitsplätze und Know-how erhalten – und der Familienfrieden intakt. Immer mehr Seniorchefs erkennen den Wert einer professionellen Begleitung – etwa durch Mediatoren oder Coaches – im Nachfolgeprozess. Eine offen und fair geregelte Übergabe hat die besten Aussichten – geschäftlich und menschlich. Ist der Staffelstab erfolgreich übergeben, geht das Unternehmen gestärkt in die Zukunft. Die Familie kann beim nächsten Sonntagsessen wieder unbeschwert zusammen am Tisch sitzen.
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