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Editorial Lifestyle Mobilität

Lebenswerte Städte dank cleverer Mobilität

25.03.2021
von SMA

Silvan Weber Marktentwicklung, Verkehrsbetriebe Zürich

Silvan Weber, Marktentwicklung, Verkehrsbetriebe Zürich

Obwohl sich die Klimakrise zunehmend verschärft und ein Umdenken im Verkehrsbereich gefordert wäre, vermochte das Coronavirus die Mobilität im vergangenen Jahr genau in die umgekehrte Richtung zu beeinflussen: Aus naheliegenden Gründen mutierte der grösste Vorteil des öffentlichen Verkehrs – der gleichzeitige Transport von sehr vielen Menschen auf verhältnismässig kleiner Fläche – zu einem offensichtlichen Nachteil. Entsprechend sorgen leere Züge auf dem Land und halbvolle Busse während den Stosszeiten für enorme Ertragsausfälle, während die Umwelt weiter stark durch den Autoverkehr belastet wird.

Wird sich der Negativtrend im ÖV also langfristig fortsetzen? Gehört die Zukunft – sollte die Technologie sich so rasant entwickeln wie in den letzten Jahren oft postuliert – denn auch tatsächlich dem selbstfahrenden Auto, welches Reisende direkt von A nach B bringen kann? Müssen sich die urbanen Lebensräume künftig wieder vermehrt den flächenintensiven Anforderungen des Individualfahrzeugs unterordnen, oder anders formuliert, kommt es zur Renaissance der autogerechten Stadt?

Wenn die Qualitäten des öffentlichen Raums nicht dem technologischen Fortschritt geopfert werden sollen, müssen auch in Zukunft Bahn, Tram und Bus den Löwenanteil der städtischen Mobilitätsbedürfnisse übernehmen können. Man stelle sich am Beispiel Zürich etwa die Bahnhofstrasse oder das Limmatquai vor, wenn tausende Menschen, deren Bedarf an Mobilität nach Corona wieder wachsen wird, mit einzelnen kleinen Robotaxis anreisen würden anstatt mit einem Tram. Wenn wir also verhindern wollen, dass unsere lebenswerten Innenstädte zu einer gigantischen Verkehrsfläche werden, tun wir gut daran, den ÖV als Rückgrat der urbanen Mobilität zu pflegen und gezielt weiterzuentwickeln – Hand in Hand mit Velo- und Fussverkehr, denn schliesslich soll die Mobilität von morgen möglichst flächen- und umweltschonend sein.

Der nächste Meilen- stein ist die preisliche Integration aller Verkehrsmittel. Silvan Weber, Marktentwicklung, Verkehrsbetriebe Zürich

Dabei sollen die zunehmende Individualisierung und die Digitalisierung auch vor dem klassischen ÖV nicht Halt machen, sondern müssen ihn dort gezielt ergänzen, wo heute noch Schwächen bestehen: In wenig dicht besiedelten Gebieten oder während Randzeiten vermögen Linienbusse die Kundenbedürfnisse nur mässig zu befriedigen. Hier, sprich auf der «ersten oder letzten Meile», besteht denn auch das Potenzial, bestehende Mobilitätsbedürfnisse auf nachhaltige Mobilitätsformen umzulenken und damit die dringlichen Klimaziele zu unterstützen. Dazu werden, um beim Beispiel Zürich zu bleiben, derzeit verschiedene Ansätze erprobt: Die in den vergangenen Jahren aufgekommenen Verleihangebote für Velos, e-Bikes und e-Trottis werden nicht nur in einer verkehrsmittelübergreifenden «Super-App» dargestellt, sondern auch an multimodalen «ZüriMobil Stationen» lokal besser miteinander verknüpft. Auch wird mit «Pikmi» im Kreis 9 derzeit erstmals ein per App buchbarer Rufbus zwecks besserer ÖV-Feinerschliessung im Quartier getestet. Diese neuen Mobilitätsangebote sollen so zum verlängerten Arm des liniengebundenen ÖV und damit zur valablen Alternative zum Privatfahrzeug werden. Ein nächster Meilenstein wäre dann die preisliche Integration aller Verkehrsmittel, sodass mit nur einem Mobilitätsabo die ganze Palette zur individuellen Fortbewegung offensteht.

Mit diesen Entwicklungen wird der Anspruch untermauert, dass das ÖV-Angebot der Zukunft mindestens so nutzerfreundlich und auf die individuellen Bedürfnisse massgeschneidert wie das eigene Auto – nur wesentlich einfacher, kosten- und umweltfreundlicher.

Text Silvan Weber

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