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Geldfragen im Alter richtig angehen

11.07.2020
von Lars Meier

«Über Geld spricht man nicht», sagt der Volksmund seit jeher. Doch besonders im Alter sind die richtigen Pläne bezüglich Geldanlagen, Erbe und Co. sowie eine umfassende Beratung darüber umso wichtiger. «Fokus» beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Thema Geld im Alter.

Sobald man das Pensionsalter erreicht, erhält man eine AHV – so weit so gut. Dennoch kann man mit dieser Überlegung seine Vorsorgeplanung nicht einfach abhaken. «In den meisten Fällen ist es so, dass die Leistungen der AHV und Pensionskasse nur noch zwischen 45 und 55 Prozent des bisherigen Lohns ausmachen», berichtet Vorsorgeexperte Karl Flubacher. «Wer also beispielsweise nur noch die Hälfte des bisherigen Lohns als Renteneinkommen erhält, sieht sich folglich gezwungen, den Rest anderweitig zu kompensieren.»

Eine korrekte Anlagestrategie ist im Zuge dessen das A und O. Karl Flubacher erläutert: «Die optimale Anlagestrategie basiert auf der Balance aus der individuellen Risikofähigkeit sowie -bereitschaft.» Konkret hilft es, sich folgende Fragen zu stellen: Welche Risiken kann ich mir leisten, einzugehen und welche möchte ich überhaupt eingehen?

Eine korrekte Anlagestrategie ist im Zuge dessen das A und O.

Geld anlegen – aber wie?

Es existiert eine ganze Bandbreite von Anlagemöglichkeiten, die sowohl klassische als auch neuere Optionen abdeckt. Der Experte führt aus: «Man kann sein Geld beispielsweise ganz traditionell auf einem Konto anlegen. Der grösste Vorteil dabei ist, dass es sich um eine sichere Anlageform handelt, die in der Regel auch relativ kurzfristig zur Verfügung steht.» Andererseits gelte es hierzu sowohl Steuern als auch eine potenzielle Inflation in Kauf zu nehmen. «Langfristig büsst man an Kaufkraft ein, wenn das Geld ‹nur› auf dem Konto liegt», konstatiert Karl Flubacher.

Eine weitere Anlagemöglichkeit stellen Aktien dar. Gemäss dem Experten liegt der entscheidende Vorteil hierbei darin, dass es sich langfristig um die höchste Renditenerwartung handelt. «Nachteile sind, dass es bei Aktien zu enormen Schwankungen kommen kann, wie es etwa die Coronakrise gezeigt hat», räumt Karl Flubacher ein. Wer kurz vor der Pensionierung stehe und somit demnächst auf Geld angewiesen ist, handle eher fahrlässig, wenn er jetzt in Aktien investiere.

Investition in Immobilien

Immobilien stellen ebenfalls eine beliebte Investitionsform dar. Gemäss dem Experten ist es hierbei wichtig, zwischen Immobilienfonds und der Immobilie an sich zu differenzieren. «Es klingt einfach: Man kauft sich eine Wohnung, vermietet diese und lebt von den Mieteinnahmen. Leider vernachlässigt man in der Praxis einige zentrale Aspekte», hält Karl Flubacher fest. So sind die Liegenschaftspreise in den letzten zehn Jahren sehr stark gestiegen – auch als Folge der tiefen Zinsen.

Nachteile sind, dass es bei Aktien zu enormen Schwankungen kommen kann, wie es etwa die Coronakrise gezeigt hat. Karl Flubacher

«Zudem handelt es sich hier um eine sehr kapitalintensive Anlage», führt der Experte aus. Wer eine Wohnung kaufe und diese vermiete, muss über mehr Eigenkapital verfügen als wenn man sich ein Haus kaufe und selber darin wohne.

«Nicht zu vernachlässigen sind auch die Kosten, die zusätzlich aufkommen: Man muss immer wieder renovieren und zudem Neben- und Unterhaltskosten stemmen. In diesem Punkt haben Aktien wiederum die Nase vorn, da diese zusätzlichen Kosten gar nicht erst aufkommen.

«Wichtig ist auch, dass man Lust mitbringt, sich auch um die Immobilie zu kümmern», betont der Vorsorgeexperte. «Ruft der Mieter beispielsweise am Sonntagabend an, weil der Geschirrspüler kaputt ist, muss ich mich als Vermieter darum kümmern. Leider ist in der Praxis oft zu beobachten, dass dieser Einsatzwille auf der Strecke bleibt.»

Hypothekarschulden auf der Immobilie abbezahlen

Apropos Immobilien: Bei der Verwirklichung des Traums eines Eigenheims in jüngeren Jahren kommt in vielen Fällen das Aufnehmen einer Hypothek ins Spiel. Eine Entscheidung, die aber auch Schulden nach sich zieht. Da viele Menschen möglichst rasch schuldenfrei sein möchten, ziehen sie im Zuge dessen die Abzahlung der Hypothekarschulden auf der Immobilie in Betracht.

Karl Flubacher rät von dieser Option ab: «Zurzeit sind die Hypothekarzinsen extrem tief, somit ist eher davon abzuraten, Hypothekarschulden auf der Immobilie abzuzahlen.» Hat man beispielsweise Geld in die Immobilie gesteckt und ist plötzlich wieder auf das Geld angewiesen, kann es ein schwieriges Unterfangen darstellen, die Hypothek wieder aufzustocken. «Es könnte somit auch zu einem Konflikt mit der Bank kommen – es gibt insbesondere als Rentner keine Garantie, das Geld wieder zurückzuerhalten», warnt der Vorsorgeexperte.

Verschiedene Lebensmodelle – ein Vorgehen

Alleinstehende müssen anders an die richtige Anlage herangehen als Ehepaare – könnte man meinen. «Der Zivilstand hat in dem Sinne keinen direkten Einfluss auf die Anlagestrategie», so Flubacher. In jedem Fall sei die Erstellung eines Finanzplans von grosser Bedeutung. Hier muss sich jeder – ob alleinstehend oder verheiratet – die Frage stellen: Wann brauche ich wie viel Geld?

Wenn das Wörtchen wenn nicht wär’…

Auf die Frage, was man in Sachen Vorsorge am meisten bereut, hat Karl Flubacher eine klare Antwort: «Die meisten Menschen bereuen, sich zu spät damit auseinanderzusetzen.»

Wer sich erst mit 57 mit der Vorsorgeplanung auseinandersetzt, werde später kaum noch intervenieren können. Doch wer sich ihr bereits mit Ende 30 widmet, wird mit grossem Spielraum und der Möglichkeit des Entgegensteuerns belohnt.

«Zudem ist ebenfalls ein häufiger Fehler, dass die Vorsorgeplanung oft nicht sauber durchdacht ist und sich lediglich auf die Empfehlung von Verwandten und Bekannten abstützt», weiss der Experte. Dies kann weitreichende Konsequenzen mit sich ziehen. Schliesslich stellt die Vorsorgeplanung in Zusammenhang mit der Pensionierung den wichtigsten Entscheid dar.

«Dies nicht zuletzt auch, weil es sich dabei um einen irreversiblen Entschluss handelt», ergänzt Karl Flubacher. «Wer zum Beispiel mit 75 plötzlich merkt, dass er einen Fehlentscheid getroffen hat, wird diesen nicht mehr rückgängig machen können.» Wie in vielen Bereichen des Lebens gilt auch hier das Credo: Vorsicht ist besser als Nachsicht. In dem Sinne: Heute schon an die Vorsorge gedacht?

Text Lars Gabriel Meier

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