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Der Monat ist rum, die Menstruationsschmerzen wieder da

13.07.2021
von Jenny Kostoglacis

Wer kennt es nicht? Jeden Monat klopft Mutter Natur an die Tür. Und obwohl keine Frau den roten Besuch wirklich mit offenen Armen willkommen heissen will, drängt er sich dennoch unsanft durch.

Doch woran liegt es, dass etwa 80 Prozent der Frauen unter starken Menstruationsschmerzen leiden? «Der Verursacher ist ein Hormon namens Prostaglandin, das am Ende jedes Zyklus vermehrt in der Gebärmutter gebildet wird. Damit die Schleimhaut während der Regelblutung abgestossen werden kann, erhöht dieses Hormon die Kontraktionsfähigkeit der Muskelschicht», erklärt Frau Dr. med. Gloria Ryu, Oberärztin für Gynäkologie beim Universitätsspital Zürich. Und genau das verursacht die – für die meisten – unerträglichen Krämpfe. Darüber hinaus sind Prostaglandine auch dazu fähig, Schmerzrezeptoren zu sensibilisieren. Anders gesagt: Die Schmerzempfindlichkeit bei Menstruierenden erhöht sich hierdurch. «Zudem verengen sich die Gefässe während der Regel. Das heisst, dass die Gebärmutter automatisch weniger durchblutet wird, was zusätzlich zu den unangenehmen Schmerzen führt», so Ryu.

Die Müdigkeit 

Auch die Erschöpfung, die zusammen mit der Menstruation Einzug hält, erschwert vielen den Alltag. Dies liegt jedoch nicht – wie viele Frauen immer noch denken – am Blutverlust der Periode. «Schliesslich scheidet man nur 20 bis 60 Milliliter Blut im Laufe einer normalen Menstruation aus. Also gerade einmal so viel wie eine halbe Tasse», erklärt Ryu. Für die Antriebslosigkeit sind ebenfalls Hormone die Auslöser. «Kurz vor Einsetzen der Blutung kommt es zum Abfall der Hormone Östrogen und Progesteron. Man nimmt an, dass dieser Hormonabfall Regelkreise im Körper beeinflusst und diese unter anderem auch zur Müdigkeit führen.» Genauso ist auch ein durch starken Regelschmerzen gestörter Schlaf für die vermehrte Müdigkeit verantwortlich. Ryu betont, dass der eigene Lebensstil grossen Einfluss auf unser Wohlbefinden während der Menstruation hat.

Auch die Verdauung leidet mit

Über das Thema Blähungen und Diarrhö redet man nur ungern. Aber wie bei so vielen anderen Problemen hilft die Stille an dieser Stelle nicht weiter.

Etwa ein Drittel der Frauen machen während ihrer Periode die Erfahrung einer erhöhten Ansammlung von Gasen im Magen und Darm.

Gleichzeitig scheiden viele breiigen bis flüssigen Stuhl aus und wissen nicht wirklich, woran das liegt. «Schon wieder sind hier Hormone am Werk. Einerseits erhöhen Prostaglandine die Aktivität des Darmes, was zu Durchfall führen kann. Andererseits bewirkt Progesteron eine Entspannung der glatten Muskulatur und Verlangsamung der Darmtätigkeit. Dies kann dann Blähungen und Verstopfung zur Folge haben», erläutert Ryu. Um dies zu vermeiden, ist eine Anpassung der Ernährung vor allem in der zweiten Zyklushälfte sinnvoll. «In dieser Zeit sollte man ballastreiche Lebensmittel wie zum Beispiel Vollkornprodukte, Gemüse und Obst zu sich nehmen. Sie wirken meistens erfolgreich gegen die aufkommenden Darmbeschwerden.»

Ungewöhnliche Schmerzen

Altbekannte Beschwerden sind ein Spannungsgefühl in den Brüsten oder ein Ziehen im Rücken.

Immer mehr Frauen berichten heutzutage von diesen ungewöhnlichen Schmerzen. «Die Spannung in den Beinen wird durch zunehmende Wassereinlagerungen verursacht. Eine vermehrte Produktion der weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron beeinflussen den Elektrolythaushalt. Gleichzeitig begünstigen sie die Durchlässigkeit der Gefässwände für Flüssigkeit und Eiweiss im Bindegewebe. Durch diese Verschiebung des Wasserhaushaltes kommt es sekundär zu einer erhöhten Ausschüttung von Hormonen wie Angiotensin, ADH, Renin, und Aldosteron. Diese erhöhen das Durstgefühl und sorgen für die Spannung in den Beinen», so Ryu.

Menstruelle Migräne

Aber das Ziehen in den Beinen ist nicht das Einzige.

Mehr als 50 Prozent der Frauen sprechen von einer Migräne, welche zeitgleich mit der Periode auftritt.

«Als menstruelle Migräne bezeichnet man eine Migräne mit oder ohne Aura, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Menstruation steht. Üblicherweise beginnt die Migräne ein bis zwei Tage vor Einsetzen der Menstruation.» Häufig können diese menstruellen Migräneattacken sehr schwer sein und lange andauern. Normalerweise taucht sie entweder vor, während oder unmittelbar nach der Periode, sprich während des Eisprungs auf. Frau Ryu erklärt, dass ein Östrogenabfall für die Migräne verantwortlich ist. «Der plötzliche Östrogenmangel führt im Nervensystem zu einem Anstieg der Schmerzsignalübertragung und bietet damit einen verringerten Schutz vor Kopfschmerzen.»

Menstruationsbeschwerden entgegenwirken 

Das Vorgehen gegen Menstruationsschmerzen ist je nach Art und Ausmass der Beschwerden verschieden. Während sich die einen Yoga und Wärmeflaschen verschreiben, helfen anderen krampflösende Tees oder pflanzliche Mittel wie Mönchspfeffer, Johanniskraut oder Gingko weiter. «Auch gegen Sport spricht nichts, solange man sich gut fühlt und Lust dazu hat. Mit einem Tampon ist sogar Schwimmen möglich. Diesen sollte man danach natürlich wechseln. Ebenso ist gegen Sex während der Regel nichts einzuwenden, wenn beide Partner sich dabei wohlfühlen», führt Ryu aus. Bei Menstruierenden mit äusserst starken Beschwerden geht man einen Schritt weiter. «Bei stärkeren Beschwerden helfen Schmerzmittel wie nichtsteroidale Antirheumatika ­– auch bekannt als NSAR. Wir sprechen hier also von Ibuprofen, Naproxen oder Diclofenac. Diese hemmen die Prostaglandin-Synthese und reduzieren die krampfartigen Beschwerden», präzisiert Ryu. Bei Beschwerdebeginn sollte dann eine ausreichend hohe Dosierung rechtzeitig eingenommen werden.

Vorsichtiger Gebrauch der Antibabypille 

Obwohl das Thema umstritten ist, greifen Frauen bei Menstruationsschmerzen öfter zur Antibabypille. «Gerade wenn Menstruierende auch eine sichere Empfängnisverhütung wünschen, ist der Einsatz von Ovulationshemmern wie der Antibabypille möglich.» Diese enthält künstliche Hormone, welche Östrogen und Progesteron gleichkommen. Sie reduzieren schlussendlich die Stärke der Menstruationsblutung und die Bildung von Prostaglandinen. «Die Pille drosselt durch ihre Wirkstoffe Östrogen und Progesteron. Die verminderte Prostaglandin-Produktion senkt dann Beschwerden wie Unterbauch- oder Kopfschmerzen deutlich. Ausserdem wird durch die Einnahme der Pille die Gebärmutterschleimhaut weniger stark aufgebaut. Somit ist dann auch die Blutung zumeist schwächer», so Ryu. Was man auf keinen Fall vergessen darf: Die Einnahme der Pille sollte immer bezüglich Risikofaktoren und Nebenwirkungen gegenüber des Nutzens, sprich, ob für Verhütung, Reduktion von Blutungsstärke oder Regelbeschwerden, abgewogen werden.

Risiken und Nebenwirkungen

Man sollte sich bewusst sein, dass die Einnahme von Medikamenten nicht ohne ist. Ryu macht klar, dass bei häufigem und übermässigem Gebrauch von Medikamenten als Nebenwirkung schmerzmittelbedingte Kopfschmerzen auftauchen können. «Ob der Gebrauch ‹übermässig› ist, hängt davon ab, an wie vielen Tagen Medikamente innerhalb der letzten drei Monate eingenommen wurden.» Bei Schmerzmitteln wie Ibuprofen gilt beispielsweise als übermässiger Gebrauch eine Einnahme von 15 Tabletten pro Monat. Bis heute ist die Ursache für die schmerzmittelbedingten Kopfschmerzen leider noch unklar. Eine Hypothese ist, dass sich ein Gewöhnungseffekt der Medikamente einstellt und deshalb empfindlicher auf Schmerzreize und -auslöser reagiert.

Nicht vergessen darf man, dass diese Arzneimittel auf Dauer Beschwerden im Magen-Darm-Trakt verursachen können. «Das Risiko für Komplikationen durch NSAR hängt von verschiedenen Faktoren ab. Beispielsweise der Dosierung des Medikaments, der Dauer der Einnahme sowie aber auch von bereits vorhandenen Risiken und Erkrankungen.» Generell, sollte man also die Anwendungsdauer und Dosierung möglichst gering halten. «Die Anwendung der Schmerzmittel ist soweit unbedenklich, da die Einnahmedauer in der Regel auf wenige Tage beschränkt ist. Bei empfindlichen Mägen kann die zusätzliche Einnahme eines Magenschutzes wie Pantoprazol Hilfe leisten.»

Wenn die Schmerzen zunehmend stärker werden und länger anhalten, sollte man unbedingt eine Frauenärztin oder einen Frauenarzt aufsuchen.

Der Gang zum Frauenarzt

Wenn man an dem Punkt ist, an dem einfach nichts mehr hilft, sollte man einen anderen Weg eingeschlagen.«Wenn die Schmerzen zunehmend stärker werden und länger anhalten, sollte man unbedingt eine Frauenärztin oder einen Frauenarzt aufsuchen. Genauso bei Regelschmerzen, die sehr junge Mädchen, sprich unter 15 Jahren belasten.» Genauso ist aber eine ärztliche Konsultation empfohlen, wenn nach längerer schmerzfreier Periode erneut Regelschmerzen auftreten. Ebenso wenn man unter einer extrem starken Regelblutung leidet oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr verspürt.

Endometriose im Hinterkopf behalten

Bei der Endometriose handelt es sich um Gewebe, welches der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, und an anderen Stellen zu wachsen beginnt. Beispielsweise kann es in den Eierstöcken oder Eileitern vorkommen. «Im Fall von Endometriose verursacht die Gebärmutterschleimhaut an den ‹falschen Orten› häufig Entzündungen und Verwachsungen. Oft klagen Betroffene neben starken, krampfartigen Menstruationsschmerzen über Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Je nach Lokalisation der Endometriose kann auch der Gang zur Toilette mit Schmerzen verbunden sein», spezifiziert Ryu.

Aus all diesen Gründen ist es wichtig, auf den eigenen Körper zu hören, es langsam anzugehen, sich Sorge zu tragen und Menstruationsbeschwerden nicht zu verharmlosen.

Die Regel ist kein Tabuthema mehr. Sie ist Teil unseres Lebens.

Deswegen ist es wichtig, offen und schamlos über die monatliche Blutung und all ihre Facetten zu sprechen.

Weiterführende Infos über die Endometriose gibt’s hier.

Text Evgenia Kostoglacis 

 

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