Jugendsprache: »Der Boomer ist mal wieder lost«
Wenn sich Jugendliche heutzutage unterhalten, stehen die Eltern meistens planlos daneben. Der Grund: Jugendsprache und ihr neuer Sprachgebrauch. Jedes Jahr wird ein neues Jugendwort des Jahres gekürt. »Smash« brachte Deutschland letztes Jahr zum Schmunzeln. »Smart« sprach mit Nikolas Hoenig, Marketingleiter bei Pons Langenscheidt.
Herr Hoenig, wie entstehen diese Jugendwörter?
Viele Jugendwörter sind Wortschöpfungen von jugendlichen »Peergroups«, eine Art gruppenexklusiver Code, um bestimmte Dinge so auszudrücken wie niemand vor ihnen, um damit die Identität dieser Gruppe zu begründen. Zudem können bei Jugendlichen einflussreiche Serien, Influencer:innen, Filme, Spiele, Gamer, Musiker etc. immer wieder Wörter liefern, die erst von Fans und Followern übernommen werden und dann in den allgemeinen Wortschatz einfließen.
Wie unterscheiden sich diese von »normalen« Wörtern?
Die Nutzung unterliegt einer größeren Dynamik. Jugendliche probieren mehr aus, wollen mehr Abwechslung und wollen sich vor allem abgrenzen – nach oben und unten. Das merkt man auch bei der Sprache. Sobald ein Wort im erwachsenen Sprachgebrauch angekommen ist, kann man sich fast sicher sein, dass es aus dem jugendlichen Sprachgebrauch rausgewachsen ist.
Sobald ein Wort im erwachsenen Sprachgebrauch angekommen ist, kann man sich fast sicher sein, dass es aus dem jugendlichen Sprachgebrauch rausgewachsen ist.
Die Wortbedeutung von Jugendwörtern ist eben noch nicht allgemein verständlich, sondern eben nur von einem Teil der Jugendlichen. Wie groß der Anteil sein muss, um als allgemeiner Bestandteil der Jugendsprache zu gelten, ist nicht klar definiert. Dies gibt auch uns eine gewisse Interpretationsmöglichkeit für die Einschätzung der Verbreitung, was ja ein Kriterium für das Jugendwort des Jahres ist. Trotzdem hilft uns ein Blick in die sozialen Medien, denn wenn dort ein Begriff nur in einer kleinen »Bubble« von Erwachsenen vorkommt, ist er – unserer Auffassung nach – sehr wahrscheinlich kein Jugendwort.
Wie untersucht man diese? Anhand von welchen Informationen?
Wir haben nicht den Anspruch, die jugendliche Sprache wissenschaftlich fundiert zu analysieren, sondern wollen eine Art Seismograf sein, um die Dynamik in der jugendlichen Sprache aufzuzeigen und den Wandel zu dokumentieren. Auch die uns erreichenden Einreichungen sind sicher nur ein Ausschnitt, aber dennoch ein schöner Ausdruck eines jugendlichen Zeitgeistes. Nicht weniger, aber bitte auch nicht mehr.
Etablieren sich diese Wörter auch in die Gesellschaft? Oder klingen sie wie ein Trend ab
Einige Jugendwörter schaffen es sicher in den allgemeinen Sprachgebrauch, aber verlieren dann recht schnell ihren Status als Jugendwort, weil sie eben nicht mehr Teil eines jugendlichen Codes sind, der auch das Ziel der Abgrenzung hat. Das war übrigens schon immer so. Ihnen fallen bestimmt auch noch Begriffe aus ihrer Jugend ein, die heute nur noch Leute aus ihrer Generation nutzen (schmunzelt).
Interessanter Punkt – das ein oder andere Wort fällt mir gerade wieder ein.
Werden allerdings durch die Digitalisierung und die mehrheitliche Nutzung von sozialen Medien mehr Jugendwörter etabliert?
Die Digitalisierung sorgt für eine Pluralisierung von Einflussfaktoren auf Jugendsprache. Es gibt mehr Influencer:innen, mehr Inhalte, die beeinflussen. Da Informationen schneller fließen, etablieren sich schneller Codes für gewisse Subgruppen wie bspw. Gamer-Communitys. Welche es dann in den jugendlichen Mainstream schaffen, lässt sich schwer vorhersagen. Social-Media-Plattformen sind, neben dem persönlichen Austausch, sicher die Touchpoints, wo man sich durch Jugendwörter als up to date und modern präsentieren kann. Meine persönliche Einschätzung ist, dass die Jugendwörter weniger homogen sind als früher, aber dafür die Durchdringung schneller voranschreitet.
Jugendwort 2023:
Jugendwort 2022:
smash:
etwas mit jemanden Anfangen
Bodenlos:
ein Synonym für »schlecht« oder »mies«
Boomer:
kurz für Baby-Boomer, Angehörige der Jahrgänge 1946-1964
Bre/Bro/Bruder:
ein Ausdruck für Freund:in oder Kumpel
Cringe:
die Bezeichnung für Fremdscham
Lost:
ahnungslos, unsicher, unentschlossen
Macher:
jemand, der Dinge anpackt und sie macht, ohne zu zögern
Slay:
gutes und selbstbewusstes Auftreten
Wild / wyld:
wird für außergewöhnliche bzw. verrückte Situationen benutzt
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