symbolbild kreislaufwirtschaft
iStockPhoto/Floriana
Nachhaltigkeit Energie

Kreislaufwirtschaft – Die Wirtschaft in Kreisen denken

10.06.2023
von SMA

Zum Schutz der Umwelt und des Klimas bewegen sich immer mehr Länder in Richtung Kreislaufwirtschaft. Auch dank ihrem erfolgreichen Recycling ist die Schweiz für diese Transformation bestens aufgestellt. Nun braucht es die Wirtschaft, die Gesellschaft und die Politik, um die Transformation richtig ins Rollen zu bringen. 

Im europäischen Vergleich ist die Schweiz mit einer Recycling-Quote von 53 Prozent Vorreiterin. Über die Hälfte unserer Siedlungsabfälle werden also bereits wiederverwertet, statt auf der Deponie zu landen oder verbrannt zu werden. Vor allem bei PET, Aluminium, Papier, Karton und Elektronikgeräten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten effiziente Systeme zur Sammlung und Wiederverwertung unserer Abfälle etabliert. Auch Materialien aus dem Rückbau von Gebäuden (Beton, Sand, Kies) werden bereits zu zwei Dritteln wiederverwendet. Doch insbesondere bei Kleidung, Plastik und Lebensmittelabfällen besteht weiterhin grosser Nachholbedarf. Gelingt es auch diese Kreisläufe zu schliessen, ist ein grosser Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft getan. Doch zur Kreislaufwirtschaft gehört viel mehr als nur Recycling.

Die lineare Wirtschaft

Das lineare Wirtschaftssystem. BAFU

Die Wirtschaft in Kreisen gedacht

Grundlage der Kreislaufwirtschaft ist der schonende Umgang mit Ressourcen. Die Prozesse werden stets zirkulär gedacht (siehe Grafik rechts), wobei der grösste Kreis das fundamentale Umdenken unserer Produktionsprozesse symbolisiert: In der heutigen grösstenteils «linearen Wirtschaft» (siehe Grafik unten) extrahieren wir Primärrohstoffe und stellen aus ihnen neue Produkte her. Diese Produkte werden dann vertrieben und von uns Konsument:innen gekauft und genutzt. Ist das Produkt schliesslich am Ende seiner Nutzungsdauer angekommen, landet es auf der Mülldeponie oder wird verbrannt. In der Kreislaufwirtschaft wird diese «Gerade» in einen Kreis umgeformt: Unsere ausgedienten Produkte werden rezykliert und für die Produktion von Neuem wiederverwendet – nur im Ausnahmefall werden Abfälle nicht wiederverwertet. 

Hinzu kommen zahlreiche weitere Kreise, die allesamt zentrale Pfeiler der Kreislaufwirtschaft sind und vor dem Recycling zum Zug kommen: Teilen, wiederverwenden, reparieren und wiederaufarbeiten. Wenn wir beispielsweise Werkzeuge miteinander teilen, statt sie alle selber zu besitzen, müssen weniger hergestellt werden. Dies reduziert nicht nur den Ressourcenverbrauch, sondern spart uns Konsument:innen auch Platz und Geld. Hierfür bieten sich vor allem Gebrauchsgegenstände an, die wir selten nutzen. Wie oft wird der Akkuschrauber benutzt? Bereits heute gibt es hierfür Nachbarschaftsinitiativen, und im Internet können auf verschiedenen Plattformen Produkte jeglicher Art gemietet werden.

Die Kreislaufwirtschaft

Die Kreislaufwirtschaft. BAFU

 

Essenziell für die Kreislaufwirtschaft ist auch die Gestaltung von Produkten nach den Prinzipien des Öko-Designs: Es werden Materialien eingesetzt, die im Sinne der Wiederverwertung möglichst trenn- und rezyklierbar sind – und im Idealfall vollständig aus Sekundärrohstoffen stammen. Doch bevor ein Produkt im Recycling landet, soll es ein möglichst langes Leben führen. Dies ist möglich, wenn es robust, reparaturfähig und zerlegbar gestaltet wird. Zudem muss die Reparatur erschwinglicher als ein Neukauf sein. Heute gibt es zwar bereits Hersteller, die ihre Produkte gemäss Öko-Design gestalten; oftmals handelt es sich jedoch um Nischenprodukte, die preislich nicht mehrheitsfähig sind. Dies trägt dazu bei, dass wir heute Produkte oft wegwerfen, statt sie zu reparieren. Weiter sind Ersatzteile oft nicht verfügbar, die Nutzbarkeit wird nach einer gewissen Zeit gar gezielt eingeschränkt («geplante Obsoleszenz») oder die Reparatur kostet mehr als ein Neukauf. Hier sind seitens Politik klare Mindestanforderungen bezüglich Reparierbarkeit gefragt. Erst dann kann sich eine Vielzahl von Schweizer Herstellern durch innovative und hochwertige Produkte hervorheben, der verschwenderische Umgang mit Ressourcen verliert an Anreiz.

Zur Kreislaufwirtschaft gehört auch, unser Eigentum in einem neuen Licht sehen. Wer könnte an dem Pullover, der mir nicht mehr gefällt, Freude haben? Wer könnte meine in die Jahre gekommene Stereoanlage gut gebrauchen? Mit dieser neuen Wertschätzung von Produkten achten wir schon beim Kauf auf eine höhere Qualität. Der Secondhand-Trend wird damit zum Vorreiter für die Kreislaufwirtschaft und schont gleichzeitig Umwelt und Portemonnaie. Auch hier gibt es erfreuliche Entwicklungen wie beispielweise der Trend bei Secondhand-Läden oder Unternehmen, die gebrauchte Handys aufarbeiten und zu erschwinglichen Preisen wiederverkaufen.  

Für die Transformation braucht es alle – die Wirtschaft, die Gesellschaft und die Politik

Damit sich die Kreislaufwirtschaft durchsetzen kann, braucht es die Wirtschaft, die Gesellschaft und die Politik. Aus der Wirtschaft braucht es Unternehmen, die innovative, kreislauffähige Produkte und Geschäftsmodelle anbieten. Bei «Product as a Service» werden beispielsweise keine Produkte (wie etwa die Waschmaschine), sondern Dienstleistungen verkauft (in diesem Falle das Waschen). In diesem Modell bleibt der Vermieter Eigentümer der Waschmaschine und hat so ein Interesse, dass die Maschinen möglichst lange laufen. In der Gesellschaft braucht es gleichzeitig eine Offenheit gegenüber diesen neuen Geschäftsmodellen und die Bereitschaft, mit fest etablierten Konsumgewohnheiten zu brechen, die sich grösstenteils am linearen Modell ausrichten. 

Schliesslich muss die Politik die Rahmenbedingungen so gestalten, dass innovative und kreislauffähige Businessmodelle zum Standard werden. Hier werden im Parlament aktuell im Rahmen der Revision des Umweltschutzgesetzes die Weichen für die kommenden Jahre gestellt. Als Verband für die klimataugliche Wirtschaft setzt sich swisscleantech dafür ein, dass die Transformation hin zur Kreislaufwirtschaft deutlich beschleunigt wird – zum Wohl der Umwelt und des Klimas.

Text Gregory Germann,Verantwortlicher Projekte bei swisscleantech
Grafiken Bundesamt für Umwelt BAFU

swisscleantech

Gemeinsam mit klimabewussten Unternehmen bewegt swisscleantech Politik und Gesellschaft für eine CO2-neutrale Schweiz. Sie sind Themenführer in der Klimapolitik und zeigen Lösungen für eine klimataugliche Wirtschaft auf. Der Verband zählt rund 600 Mitglieder aus allen Branchen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Vorheriger Artikel Energiespeicherung – grüner Strom unabhängig von Wetter und Saison
Nächster Artikel Energie und Nachhaltigkeit – wo besteht der grösste Handlungsbedarf?