Ein KMU wird nachhaltiger, indem es sich entsprechende Ziele setzt. Dabei liegt es in der Hand der Beteiligten, ob die eigenen Ziele einfach oder anspruchsvoll gesetzt werden. Wichtig ist, dass Führungskräfte fragen: Welche Nachhaltigkeitsthemen sind für unsere Organisation zentral, und welche Optionen sind für uns interessant? Mit der Checkliste am Schluss dieses Artikels kann eine KMU die für sie wichtigen Themen erkennen. Gestützt darauf kann eine erste «Nachhaltigkeitsstrategie» entwickelt werden.
Kann ein Unternehmen für sich allein nachhaltig sein? Nun: Heute ist dies irgendwo zwischen «sauschwer» und «unrealistisch». Denn um nachhaltig zu sein, braucht es z. B. auch nachhaltige Supportsysteme wie Energieversorgung, Abfallwirtschaft, Verkehr, aber auch Ausbildung und Grundrechte für alle und gesunde Staatsfinanzen. Eigentlich kann einzig die Gesellschaft als Ganzes nachhaltig werden. Aber jedes Unternehmen, jede Organisation kann sich fragen: Machen unsere Produkte und Dienstleistungen die Welt nachhaltiger? Oder sind wir einfach «neutral», weil sich Vorteile und Nachteile aus Nachhaltigkeitssicht aufheben? Oder verschlechtern wir gar die Gesamtbilanz? Nun – da wir diese Gesamtbilanz über Umwelt und Gesellschaft gar nicht wirklich rechnen können, sprechen wir heute dann von einer «nachhaltigen Organisation», wenn ihre Leistungen die Nachhaltigkeitsbilanz zumindest in wichtigen Bereichen verbessern.
Und es gibt bereits viele grosse, mittlere und kleine Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen überdurchschnittlich auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind. In der Schweiz sind dies beispielsweise Geberit (mit ihren systematisch ökologischer gewordenen Produkten und Prozessen), die Schweizer Jugendherbergen (die ihre Herbergen über alle Nachhaltigkeitsaspekte optimieren und dies mit dem «Ibex»-Nachhaltigkeitslabel ausweisen), Kästli Bau (mit ihrer hohen Kompetenz im umweltfreundlichen Tiefbau), Hunziker Partner (einem Haustechnik- und Sanitärbetrieb mit hoher Menschen- und Umwelt-Kompetenz) oder Mondaine Watches (mit ökologischen Innovationen und der Treibhausgas-Kompensation für alle Uhren). Diese und weitere Unternehmen berücksichtigen ernsthaft und seit vielen Jahren ihre wichtigen Nachhaltigkeitsthemen.
Nachhaltigkeit spiegelt das Geschäftsmodell
Welches aber sind die wichtigen Nachhaltigkeitsthemen? Dies ist bei jeder Firma abhängig von der Branche, vom eigenen Geschäftsmodell und von der Unternehmensgrösse. Grosse Unternehmen und Konzerne können die internationalen Raster und Vorgaben verwenden, wie die Global Reporting Initiative (GRI), die UN-Nachhaltigkeitsziele oder die neuen EU-Vorschriften zur Berichterstattung über Nachhaltigkeit. Für viele KMU war dies bisher aber noch kein naheliegender Schritt.
Natürlich haben ein Zementwerk und eine Fitnessstudio-Kette ganz unterschiedliche Prioritäten bezüglich Nachhaltigkeitsthemen: Beim Zementwerk ist der Klimaschutz als (ungelöste) Herausforderung gesetzt und auch Abgase und Ressourcenthemen sind oft relevant. Bei Fitnessstudios sind soziale Aspekte wie die medizinische Kompetenz der Mitarbeitenden und Schutz vor Belästigungen wichtig, nebst der möglichst geringen Verwendung von möglichst sauberem Strom. In beiden Fällen aber gilt: Management braucht Führung, Führung braucht Ziele und Controlling und Controlling braucht Daten. Deshalb müssen die als wichtig identifizierten Nachhaltigkeitsthemen im Führungskreislauf («Planen – Umsetzen – Prüfen – Anpassen») auftauchen, neben den klassischen Grössen wie Umsatz, Cashflow und Gewinn.
Für Unternehmen in der Schweiz liegen die Risiken im Bereich der Nachhaltigkeit häufig in der Lieferkette, da zunehmend ökologische und ethische Standards für Rohstoffe gefordert werden. Die Transparenz und Kenntnis der eigenen Lieferkette stellt eine grosse Herausforderung dar, da sie stabile und langfristige Beziehungen zu Lieferanten erfordert. Das kann kurzfristige Kostenoptimierungen erschweren. Zudem bergen steigende Rohstoffpreise und neue regulatorische Vorschriften finanzielle Risiken. Juristisch sind besonders die neuen EU-Regelungen von Bedeutung, welche Transparenz in der gesamten Lieferkette verlangen und auch Zulieferer betreffen. Für Unternehmen, die bekannte Marken vertreiben, sind auch mögliche Imageschäden als Risiko zu beachten. Im Vergleich zu Unternehmen in der EU sind die Risiken in der Schweiz aufgrund der unterschiedlichen regulatorischen Rahmenbedingungen und Marktgrössen in den nächsten Jahren etwas geringer und auch leicht anders gelagert, insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen an Informationen zur Lieferkette und finanzierte Geschäfte. Andererseits geht der Zug in Sachen Regulierung zu Transparenz in der Schweiz in die gleiche Richtung wie in der EU, sei es über autonomen Nachvollzug der Politik oder über direkte Anforderungen von Kunden in der EU, da diese künftig bereits für mittelgrosse Zulieferer Nachhaltigkeitsinformationen verlangen müssen.
Chancen und Risiken beachten
Die meisten Unternehmen haben auch Chancen aus Nachhaltigkeitsthemen, so z. B. am Arbeitsmarkt. Nachhaltigkeit liegt vielen Menschen am Herzen. Sie suchen ein Unternehmen, das Produkte und Dienstleistungen anbietet, worauf sie stolz sein können. Eine offene Arbeitskultur und klare Ausrichtung auf Nachhaltigkeit helfen dabei, neue Talente zu gewinnen. Besonders in Branchen wie dem Baugewerbe oder der Lebensmittelproduktion profitieren Unternehmen, die umweltfreundliche Lösungen und Kundenwünsche zu Ökologie, Herkunft und Arbeitsbedingungen umsetzen. Wichtig ist dabei, im eigenen Unternehmen eine vertrauensbasierte Unternehmenskultur zu pflegen, in der offene Kommunikation, Fehlertoleranz und gemeinsames Lernen im Vordergrund stehen. Glaubwürdig umgesetzt können nachhaltige Strategien auch aus dem täglichen Miteinander entstehen – wenn die Unternehmensleitung die Anregungen in Ziele und Massnahmen überführt.
Die systematische Beachtung aller Nachhaltigkeitsdimensionen ist besonders wichtig für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit. Auch hier gilt es, individuell zu beurteilen, welche Nachhaltigkeitsaspekte für das Unternehmen und den Markt besonders relevant sind – und werden. Oft ist wertvoll, interessierte Mitarbeitende einzubinden. Dies stärkt die Innovationskraft und auch die Attraktivität des Unternehmens und kann so, wo gewünscht, auch die Mitarbeiterfluktuation senken.
Strategisch soll es sein
Die oben erwähnten Unternehmen, wie auch viele weitere Unternehmen auf Plattformen wie www.oebu.ch oder www.e2mc.com zeigen, wie Nachhaltigkeit auch längerfristig einbezogen wird – sowohl in Bezug auf Chancen als auch Risiken. Insbesondere mittlere und grössere KMUs sollten deshalb die für sie relevanten Nachhaltigkeitsthemen erkennen und konkret in ihre Ziele integrieren. Ein hilfreiches Werkzeug ist dabei die SWOT-Analyse, welche Stärken und Schwächen identifiziert und ein Verständnis der externen Zusammenhänge vermittelt, um rechtzeitig und langfristig auf Veränderungen zu reagieren. Auch Innovationen sind enorm wichtig. Zu beachten ist dabei, dass Innovationen nicht automatisch zu mehr Nachhaltigkeit führen, sondern nur dann, wenn klare Nachhaltigkeitskriterien definiert und erreicht werden.
Unterstützung holen – Ziele setzen
Für eine Ausrichtung auf Nachhaltigkeit benötigt ein Unternehmen entsprechende Kompetenz in den wichtigen Themen. Diese kann durch eine zuständige Person im Unternehmen oder durch Unterstützung von aussen bereitgestellt werden. Als grober Erfahrungswert benötigt ein produzierendes Unternehmen für die Koordination und Umsetzung von Nachhaltigkeitsthemen ungefähr eine volle Stelle pro 150 Mitarbeitende, ein Händler oder Dienstleister etwas weniger. Gerade in der Anfangsphase ist der Beizug von externer Kompetenz oft effizient. Unabhängig ob intern oder extern gilt, dass die zuständige Person die Situation der Branche und die darin wichtigen Nachhaltigkeitsthemen verstehen muss. Wenn eine Unternehmung in den wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen sich Ziele setzt und diese stufengerecht zuteilt, so ist die Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung gelegt.
In der Erfahrung von E2 sind solche Prozesse dann besonders erfolgreich, wenn die ökologischen und sozialen Themen von Nachhaltigkeit nicht isoliert, sondern als «normaler» Bestandteil der Unternehmensstrategie behandelt werden. Nachhaltigkeit wird dann optimal umgesetzt, wenn die Mitarbeitenden dies als weitere Kompetenzen im Unternehmen und somit quasi als selbstverständlich verstehen.
Checkliste für KMUs
Wie aber identifiziert eine KMU ihre relevantesten Nachhaltigkeits-Themen? Für eine einfache und gleichzeitig systematische erstmalige Analyse in einem KMU haben wir die folgende Checkliste – oder «Check-Tabelle» – entwickelt. Diese kann helfen zu erkennen, welche Faktoren von Nachhaltigkeit besonders relevant für das Unternehmen sind. Die Tabelle erlaubt, wesentliche Aspekte zu finden und die Prioritäten für das eigene Unternehmen zu definieren.
Ziel:
Die «Check-Tabelle» gibt eine grobe Einschätzung, inwieweit die für das KMU wichtigen Themen bekannt und wichtig sind. «Nachhaltigkeit berücksichtigen» bedeutet,
(a) wichtige ökologische und gesellschaftliche Herausforderungen, die mit den eigenen Produkten/Dienstleistungen und Aktivitäten in Bezug stehen, zu kennen, und
(b) Ziele zu setzen, um auf diese Herausforderungen positive Wirkungen zu haben.
Anwendung:
Die drei vor-ausgefüllten Felder sind als Beispiele gedacht. Leeren Sie diese drei Felder, bevor Sie mit der Bearbeitung beginnen (ausser Sie passen gerade für Ihre Firma).
Schreiben sie den Themen eine Wichtigkeit von 0 bis 3 zu (0 = unwichtig; 3 = äusserst wichtig; x = unklar).
Auswertung:
… Mehrere 2 und 3: Nachhaltigkeitsthemen sind für Ihr Unternehmen wichtig. Integrieren Sie dies in Ihre Ziele und Massnahmen.
… Mehrere x: Schauen Sie hier näher hin, z. B. auf oebu.ch.
… Nur 0 und 1: Für Ihr Unternehmen sind die Nachhaltigkeitsthemen kaum relevant. Sofern Ihre Einschätzung zutrifft, brauchen Sie nichts zu unternehmen.
Hinweise:
.. Chancen und Gefahren können Sie zusammen oder getrennt einsetzen: Wenn Sie die Tabelle einmal ausfüllen, erhalten Sie eine grobe Übersicht zur Bedeutung der Themen und Ihrem Verständnis. Oder Sie füllen die Tabelle zwei Mal aus: einmal suchen Sie die Chancen, und danach separat die Risiken; so erarbeiten Sie eine «Sustainability-SWOT»-Analyse (englisch für «Stärken-Schwächen-Chancen-Gefahren»), ein häufiger Input für strategische Überlegungen.
.. Wichtig: Treffen Sie vor wichtigen Entscheiden genauere Abklärungen! Besprechen Sie sich z. B. mit Fachpersonen oder Kollegen.
Für weitere Infos: e2mc.com
Die obige Tabelle kann kostenlos als Excel-File bestellt werden, mit E-mail an e2post@e2mc.com.
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