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Erholung Gesundheit

Achtsamkeit: Sich selbst verstehen zu wollen

08.04.2023
von Calvin Huber

Der Begriff «Achtsamkeit» hat heutzutage eine zweite Bedeutung bekommen. Nicht nur auf die Umwelt, sondern auch auf sich selbst soll dieser Grundsatz angewandt werden. Das Ziel: ein ruhigeres und gelasseneres Leben. Was beinhaltet ein achtsamer Lebensstil? Wo kann er helfen und wo nicht? Und woran kann festgehalten werden, dass sich seine Wirkung zeigt?

Achtsamkeit ist der absichtsvolle Akt, die eigene Innenwelt und die Aussenwelt bewusst im gegenwärtigen Moment wahrzunehmen. Im Unterschied zum normalen, oft automatischen, Tun eines Menschen bedeutet Achtsamkeit, dem Erleben des Moments die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Diese Präsenz schenkt mehr Ruhe und Klarheit.  Sei es auf dem Weg zur Arbeit ein kurzes Innehalten, um dem Vogelgezwitscher zuzuhören oder das absichtsvolle Wahrnehmen des Körpers beim Stehen oder Gehen. Auch die bewusste Entscheidung, während der Mittagspause nicht vor dem Computer zu sitzen, um gleichzeitig zu arbeiten und zu essen, ist ein Akt der Achtsamkeit. Mit Achtsamkeit lernen Menschen, ihre Aufmerksamkeit bewusst auszurichten, statt sich in Zerstreuung und Ablenkungen zu verlieren. In Stresssituationen schafft sie einen inneren Raum, der es ermöglicht, nicht automatisch und impulsiv zu reagieren, sondern bewusster und geschickter zu denken, entscheiden und zu handeln.

Es wird dem Gefühl entgegengewirkt, ständig etwas tun zu müssen oder Dinge «in Ordnung» bringen zu müssen, das vielen Menschen vertraut ist. Viele wissenschaftliche Studien zeigen, dass bei regelmässig durchgeführten Achtsamkeitsübungen und einem achtsamen Lebensstil weniger Anfälligkeit auf Stress, Depression, Ängstlichkeit und Burn-out besteht. Methoden und Übungen, um Achtsamkeit zu entwickeln, gibt es viele – seien es kurze Momente im Alltag oder formelle Meditationsübungen. So lässt sich die Alltagsplanung ganz leicht mit der Achtsamkeit in Einklang bringen. Alleine schon die oben erwähnten Situationen können als kontinuierliche Übung betrachtet werden. Wichtig ist, dass diese Übungen regelmässig wiederholt werden. Wie ein Muskel wird das Gehirn erst mit wiederholender Beanspruchung leistungsfähiger. In der Kombination mit meditativen formellen Übungen entfaltet sich dann die volle Wirkung der Achtsamkeit.

Achtsamer am Arbeitsplatz

Aber nicht nur Einzelpersonen entscheiden sich für die Übung von Achtsamkeit. Auch ganze Unternehmen führen Achtsamkeitssessions mit ihren Mitarbeitenden durch. Dazu gehören Unternehmen wie Apple, Nike, SAP und Google. Im Anbetracht der gesundheitlichen Vorteile ist dies verständlich.

Allerdings soll es nicht nur dazu dienen, Erschöpfungserscheinungen vorzubeugen. Ein achtsamer, ruhiger Geist ist auch produktiver. Studien zeigen, dass Achtsamkeit helfen kann, bewusster Entscheidungen zu treffen und diese dann auch konsequent umzusetzen. Im beruflichen Leben bedeutet das: Entscheidungen werden nicht aus dem Stegreif getroffen, sondern entstehen im Einklang mit den erhaltenen Informationen und den Anliegen der beteiligten Parteien. Ebenfalls hört eine achtsame Person seinem Gegenüber aufmerksam zu, und ist innerlich nicht bereits bei der nächsten Frage.

Umgekehrt ist es bei der Äusserung seiner eigenen Ansichten ebenfalls von Vorteil, achtsam zu sein. Das Auftreten einer Person wirkt authentischer und vertrauenswürdiger, denn sie kennt sich selbst und ist sich ihrer Stärken und Schwächen bewusst. Eigene Bedürfnisse können verständlicher formuliert werden – eine essenzielle Eigenschaft im Gespräch mit Geschäftspartnern sowie Mitarbeitenden.

Vom Hamsterrad zum Selbstläufer

Eine Umstellung zu einem achtsamen Lebensstil geschieht nicht von heute auf morgen. Zu Beginn finden es viele Menschen schwierig, aus ihrem Hamsterrad auszusteigen und sich nur auf den aktuellen Moment zu konzentrieren. Eine halbe Stunde nur mit sich selbst zu verbringen, ist zu Beginn einfacher gesagt als getan. Diese Fähigkeit muss immer wieder geübt werden, sodass daraus eine neue, hilfreiche Gewohnheit entsteht. Ansonsten findet man kaum einen Weg aus der Zerstreutheit. Ist dieser Punkt erreicht, entwickelt sich dieses Verhalten zum Selbstläufer. Die Achtsamkeit ist auch nicht als reines Mittel zum Zweck zu verstehen, das einem erlaubt, produktiver in der Arbeitswelt und im Privatleben zu sein. Sie ist eine Schlüsselfähigkeit für die psychische Gesundheit, aber auch eine Grundhaltung, dem Leben mit wachen Sinnen und Präsenz zu begegnen.

Aussenwelt und Innenleben im Einklang

Zu erwähnen ist auch, dass ein Wandel zum achtsamen Leben zwar immer bei den jedem Einzelnen beginnt. Früher oder später wird aber auch die Umwelt in diesen Wandel einbezogen. Völlig nachvollziehbar, denn wenn wir ruhiger und aufmerksamer sind, merken das unsere Mitmenschen und reagieren dementsprechend darauf. Ein einfaches Beispiel: Eltern, die Achtsamkeit leben, können besser auf die Bedürfnisse ihrer Kinder eingehen. Streitgespräche, welche zuvor nicht zielführend waren, werden durch konstruktive Diskussionen ersetzt. Positive Veränderungen können auch in der Arbeitswelt beobachtet werden. Mitarbeitende fühlen sich bei Personalgesprächen wahrgenommen und teilen offen ihre Ansprüche und die Beweggründe dahinter mit. So kann eine bessere, funktionierende Beziehung entstehen. Am Arbeitsplatz arbeitet man zielorientierter und zu Hause kann man offener kommunizieren. Das Leben wird wieder bewusst erlebt.

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