Welchen Einfluss kann eine pflanzliche Ernährung auf unsere Gesundheit haben? Und inwiefern besteht hierbei ein Zusammenhang zum Verlauf einer Covid-19-Erkrankung? «Fokus» ist diesen Fragen gemeinsam mit einem Ernährungsexperten auf den Grund gegangen.
Zunächst – wie steht es mit dem Ernährungsverhalten der Schweizer:innen? Die nationale Ernährungserhebung menuCH zeigt, dass die Schweizer Bevölkerung nicht optimal mit wichtigen Lebensmittelgruppen versorgt ist. «Es wurde festgestellt, dass die Schweizer Bevölkerung dreimal mehr Fleisch konsumiert als der Bund empfiehlt, während 87 Prozent zu wenig Früchte und Gemüse essen. Auch Getreide, Kartoffeln und Hülsenfrüchte werden nicht genügend konsumiert», führt Renato Pichler, Experte für pflanzliche Ernährung, aus und plädiert aus mehreren Gründen dafür, eine pflanzliche Ernährungsweise in Betracht zu ziehen – nicht zuletzt um der eigenen Gesundheit willen.
Mehr Pflanzliches, mehr Gesundheit?
Mehrere Studien belegen, dass sich eine an pflanzlichen Lebensmitteln reiche Diät, im Vergleich zu einer karnivoren Ernährung, positiv auf die Gesundheit auswirken kann. Zum einen, führt Pichler aus, «sind pflanzliche Produkte generell weniger mit Umweltgiften belastet als tierische Produkte. Die Aufnahme von Dioxinen und PCB über die Nahrung erfolgt in der Schweiz zu 92 Prozent aus tierischen Lebensmitteln. Bei pflanzlichen Lebensmitteln sind dies nur acht Prozent.» Zum anderen, erklärt der Experte, «werden für die Produktion tierischer Lebensmittel Futtermittelzusatzstoffe wie Antibiotika verwendet. Werden diese nicht sachgemäss eingesetzt, kann dies in Antibiotikaresistenzen beim Menschen resultieren.»
Für die Reduktion des Fleischkonsums sieht Pichler einige Gründe: «Der Verzehr von Fleisch begünstigt Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Adipositas und Krebs. Insbesondere ein hoher Konsum von rotem und verarbeitetem Fleisch, genauer über 50 Gramm pro Tag, erhöht die Gesamtsterblichkeitsrate und das Risiko für Dickdarmkrebs sowie für kardiovaskuläre Erkrankungen. Tatsächlich stuft die WHO verarbeitetes und rotes Fleisch als krebsfördernd ein.» Doch auch Tierproteine im Allgemeinen würden gemäss einiger Publikationen das Krebsrisiko und -wachstum massiv fördern, so der Experte. Währenddessen sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen laut dem BLV die häufigste Todesursache und Krebs ist der häufigste Grund für vorzeitige Sterblichkeit in der Schweiz.
Wie Ernährung und Covid-19-Verlauf zusammenhängen
Die Ernährung spielt gemäss Pichler ebenfalls eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung: «Das BAG führt Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Adipositas als Risikofaktoren für einen schweren Verlauf von Covid-19 auf. All diese Erkrankungen werden durch einen hohen Konsum tierischer Produkte gefördert.» Eine pflanzliche Ernährung hingegen senke die Inzidenz dieser Risikofaktoren und könne somit vor einem schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung schützen. Dies bestätigt eine aktuelle Studie: Sich pflanzenbasiert ernährende Personen sind zu 73 Prozent weniger von einem schweren Covid-19-Verlauf betroffen als sich omnivor ernährende Personen. Doch auch bereits sich pescetarisch ernährenden Teilnehmenden zeigten ein um 59 Prozent reduziertes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf.
Weiter kann eine ausreichende Versorgung mit bestimmten Nährstoffen einen Einfluss auf das Risiko für eine Covid-19-Erkrankung haben. «Vitamin D, an dem es Schweizer:innen mangelt, spielt eine wichtige Rolle bei Atemwegsinfektionen», so Pichler. «Aktuelle Studien zeigen, dass an Covid-19 erkrankte Personen bei einigen Mikronährstoffen sehr niedrige Werte aufwiesen, insbesondere einen niedrigen Vitamin-D-Blutspiegel.»
Nicht zuletzt gibt es Hinweise darauf, dass ein starkes Immunsystem beim Verlauf einer Covid-19-Erkrankung von besonderer Wichtigkeit ist. Dieses, sowie das Mikrobiom des Darms, welcher wiederum ein wichtiger Teil des Immunsystems ist, könne gemäss Pichler durch eine ausgewogene, vollwertige pflanzliche Ernährung gestärkt werden.
Gesundheit mittels pflanzlicher Ernährung fördern
Doch wie können die genannten positiven Effekte angesichts des Verlaufs einer Covid-19-Erkrankung sowie der Gesundheit im Allgemeinen mittels Ernährung konkret erzielt werden? «Für ein gut funktionierendes Immunsystem ist die ausreichende Zufuhr von Nährstoffen wie Eiweiss, Glukose, mehrfach ungesättigten Fettsäuren, insbesondere Omega-3-Fettsäuren, Vitaminen, Spurenelementen sowie sekundären Pflanzenstoffen wichtig», erklärt Pichler.
Im Allgemeinen ist gemäss dem Experten sinnvoll, die Nahrung möglichst abwechslungsreich zu gestalten: «So ist die Aufnahme von möglichst vielen gesundheitsfördernden Nährstoffen gesichert.» Konkret empfiehlt Pichler hierzu eine gesunde, ausgewogene und reichhaltige pflanzliche Ernährung, die reich an buntem Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, Nüssen, Hülsenfrüchten sowie fermentierten Lebensmitteln ist. Gleichzeitig sollten verarbeitete Produkte, Haushaltszucker und ungünstige Fette gemieden werden. Pichler rät zudem unabhängig der Ernährungsform, Vitamin D, Vitamin B12 und gegebenenfalls Algenöl zu supplementieren.
Wo sind welche Nährstoffe drin?
Nährstoffe, die sich besonders positiv auf das Immunsystem auswirken, können mit den folgenden pflanzlichen Lebensmitteln aufgenommen werden:
Beta-Carotin: Karotten, Tomaten, Peperoni
Vitamin C: Äpfel, Erdbeeren, Peperoni, Kartoffeln, Zitrusfrüchte, Grünkohl, Brokkoli
Vitamin D: Pfifferlinge, Champignons, Avocado
Omega-3-Fettsäuren, Vitamin B6: Baumnüsse, Leinsamen
Selen: Paranüsse
Eisen, Zink: Vollkornprodukte, Haferflocken
Eisen, Eiweiss: Hülsenfrüchte
Probiotika: vegane Joghurts, Sauerkraut, sauer eingelegte Gurken, Apfelessig
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