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Gesundheit

So wird jeder Tag zu einem Good Hair Day

29.01.2022
von Akvile Arlauskaite

Ob Haarausfall, Spliss, Schuppen, trockene oder fettige Kopfhaut: Das Kopfhaar kann diverse Probleme aufweisen. Wie gelingt die richtige Pflege für gesundes, kräftiges Haar? Dr. med. Pierre de Viragh, Facharzt FMH für Dermatologie und Venerologie, kennt die Antwort.

Dr. med. de Viragh, viele Menschen haben mit trockenem, sprödem Haar zu kämpfen. Was kann dagegen helfen?

Zuerst muss man wissen, dass Haare aus nicht lebendigen Zellen bestehen. Sie wachsen aus der Haarwurzel, gebildet durch sich sehr schnell teilende Zellen, mit einem faserigen, kompakten Inneren und einer als Schutzschild dachziegelartig aufgestapelten, äusseren Hülle. Um diese unbelebte Struktur möglichst lange zu erhalten, belegt die Kopfhaut das Haar mit einer Fettschicht – dem Talg aus den Talgdrüsen –, welches sie vor Austrocknung und dem Sprödewerden schützt. Ist die Talgproduktion zu schwach, wird das Haar trocken und spröde. Dies kann aber auch die Folge von übermässigem oder falschem Auswaschen sowie häufigem Schwimmen im Meer- oder Chlorwasser sein. Die Talgschicht geht dabei verloren und die Schutzschicht beginnt, sich aufzulösen. Dagegenhalten kann man mit weniger und schonenderem Waschen, einem Conditioner, der einen Schutzfilm um das Haar legt, sowie gelegentlichen Haarmasken.

Trockenes Haar geht oft mit Spliss einher. Wie kann dem vorgebeugt werden?

Haarspliss deutet auf eine Überbeanspruchung des Haars hin, dessen Spitze zu spröde ist. Das Faserwerk wurde durch falsche Pflege oder Belastung über die Zeit freigelegt und reisst auf. Spezielle Pflegeprodukte, welche den Spliss reparieren sollen, sind nicht wirklich wirksam; Heilen geht nicht mehr, nur Vorbeugen ist sinnvoll. Bei Spliss muss man deshalb zur Schere greifen und die geschädigten Haarspitzen abschneiden.

Was hilft hingegen dauerhaft gegen fettiges Haar?

Fettig wird das Haar durch die Talgdrüsen in der Haut. Hier muss man selbst herausfinden, wie häufig man es waschen soll. Das Gleichgewicht kann etwa durch ein tägliches kurzes Shampoonieren hergestellt werden. Nicht sinnvoll ist es aber, das Haar zweimal hintereinander gründlich auszuwaschen. Das trocknet die Kopfhaut aus und gibt den Talgdrüsen einen Stimulus, noch mehr Fett zu produzieren. Weiter sind Teer-Shampoos hilfreich, welche die Aktivität der Talgdrüsen vermindern.

Welche Ursachen kann schuppiges Haar haben und wie kann man diesem entgegenwirken?

Schuppen der Kopfhaut, die dann im Haar liegen bleiben, können zwei Ursachen haben. Seltener handelt es sich um eine trockene Kopfhaut, also feine Schuppen ohne Rötung der Kopfhaut. Urea-haltige Haarwasser und Shampoos helfen hierbei zur Pflege. Meist werden Schuppen aber durch einen Pilz verursacht, der auf der Kopfhaut als Teil der normalen Besiedelung lebt und sich vom Talg ernährt. Durch Reizung ist die Kopfhaut leicht gerötet. Dagegen sind spezielle Shampoos nützlich. In gravierenden Fällen sind rezeptpflichtige Tabletten und Haarwasser einzusetzen.

Der Mensch verliert täglich eine bestimmte Anzahl Haare. Ab wann ist die Rede von Haarausfall?

Hierzu geistert der Mythos «100 Haare pro Tag ist normal» herum. Das ist aber falsch, denn dies wechselt je nach Saison stark. Zudem bestehen zwischen den Menschen grosse Unterschiede. Gewisse verlieren viel mehr als 100 Haare pro Tag, und das Haar bleibt dicht, für andere kann viel weniger schon zu viel sein. Haare zählen macht also keinen Sinn. Von Haarausfall spricht man, wenn so viele Haare verloren gehen, dass sie über das altersgemässe Mass hinaus ausdünnen. Während eine gewisse Ausdünnung also normal ist, muss man bei echtem Haarausfall genauer hinschauen. Dieser kann auf eine Krankheit wie eine Schilddrüsenstörung hindeuten, durch einen Mangel oder ein unpassendes Medikament, beispielsweise die Antibabypille, ausgelöst werden oder eine individuelle Veranlagung darstellen. Haarausfall und Erschöpfung können etwa auf einen Eisenmangel hinweisen, der gerade bei Frauen und Sportler:innen nicht selten ist.

Welcher Zusammenhang besteht konkret zwischen der Ernährung und der Haargesundheit?

Täglich wachsen die Haare gesamthaft um 30 Meter – würde man alle Haare zu einem einzigen «zusammenkleben», so wüchse dieses sichtbar um 20 Zentimeter pro Minute! Hierfür braucht es genügend Energie in Form von Kalorien sowie «Baumaterial». Das wichtigste Baumaterial ist das Eiweiss, das im Magen in einzelne Aminosäuren aufgespaltet wird, welche dann im Haar neu zusammengesetzt werden. Für die Haarstruktur sowie die Vermittlung der Energie an die Zellen braucht es zudem Hilfsstoffe, genauer Mineralstoffe.

Welche Vitamine und Mineralstoffe sind notwendig für gesundes Haar?

Die wichtigsten sind Biotin, Zink und Eisen. Bei einer ausgewogenen Ernährung und bei ausreichender Nahrungsaufnahme durch den Darm, ohne eine übermässige Menstruationsblutung oder übermässigen Verbrauch durch grosse körperliche Anstrengung wie etwa Spitzensport, holt sich der Körper selbst, was er braucht. Einige greifen hier zu Ergänzungspräparaten. Diese sind jedoch nur als punktuelle Kur oder bei einer einseitigen Ernährung sinnvoll.

Welche Wasch-und-Pflege-Routine empfehlen Sie für gesundes Haar?

Das Haar kann bei Bedarf täglich gewaschen werden. Nicht empfohlen ist aber, es zweimal hintereinander zu waschen, denn das trocknet es zu sehr aus. Zudem wird dabei die Schutzschicht aufgerissen und die Haarfasern werden freigelegt, was zu Brüchigkeit führt. Während das Wasser nicht heisser als 42–45°C sein sollte, sollte mit dem Shampoo vor allem die Kopfhaut einmassiert werden, um die empfindlichen Haarspitzen zu schonen. Da jedes Shampoo Rückstände auf dem Haar hinterlässt, welche es nicht selbst herauslösen kann, wechselt man am besten zwischen mehreren Lieblingsshampoos hin und her. Haarpflegemittel sind eine sinnvolle Ergänzung. Vor allem regelmässiges Conditioning ist wichtig, denn es gibt den Haaren Feuchtigkeit zurück und versiegelt die Haaroberfläche, sodass die Haarstruktur im Inneren nicht angegriffen wird. Das nasse Haar sollte mit einem gut saugfähigen Frotteehandtuch sanft getupft und gestrichen statt wild gerubbelt werden, um das soeben beanspruchte Haar nicht zusätzlich mechanisch zu schädigen. Auch ein zu heisser Föhn, insbesondere zu nah am nassen Haar, sollte gemieden werden. 

Oft hört man, dass Silikone in Shampoos schädlich seien. Was hat es damit auf sich?

Silikone geben dem Haar Glanz und Geschmeidigkeit und wären eigentlich die ideale Schutzschicht auf der fragilen äusseren Haarhülle. Befindet man sich in einer für die Haare besonders belastenden Situation wie den Badeferien oder sind die Haare geschädigt, können Silikone kurzfristig sicher sinnvoll sein und Schutz bieten. Da sie aber so gut gegen aussen abdichten, lassen sie keine anderen Pflegemittel an das Haar heran und lassen sich auch nur schlecht auswaschen. Mit der Zeit wird das Haar schwer und unschön. Silikone erkennt man in der Inhaltsangabe an den Wortendungen «–icone» und «–iloxane». Es gilt aber zu erwähnen, dass neuere Silikone in hochwertigen Shampoos nicht mehr ganz so hartnäckig beim Herauswaschen sind.

Und wie sieht es mit Parabenen aus?

Gerade im feuchtwarmen Badezimmer können Shampoos durch Bakterien verrotten, so überraschend das auch klingen mag. Parabene sind antibakteriell und machen das Shampoo haltbar. Bei einigen können sie allerdings Allergien auslösen. Ob andere Gesundheitsschädigungen hinzukommen können, ist umstritten. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass die kleine Menge Parabene, die aus dem leblosen Haar gleich wieder ausgespült wird, etwas Negatives anrichten kann.

Gibt es noch weitere künstliche Zusatzstoffe in Haarprodukten, die einen schlechten Ruf haben?

Ein anderer Zusatzstoff unter Beschuss sind die Sulfate, welche sich von der Schwefelsäure herleiten. Klassisch ist das Sodium Lauryl Sulfate (SLS). Sulfate sorgen für den Schaumeffekt und sind wichtig für die Reinigungswirkung. Man findet sie auch in Seife und Zahnpasta. Sulfate sind unbedenklich, nur dass auch hier wieder einzelne allergisch reagieren können. Übertreibt man es allerdings mit dem Haarewaschen, dann sind sie hauptverantwortlich für den Austrocknungseffekt, weil sie eben tun, wozu man sie einsetzt: Das Fett von den Haaren und der Kopfhaut effizient zu lösen.

 

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