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Wenn jede Minute zählt

30.09.2019
von Tina Spichtig

Herzstillstand. Notruf alarmieren. Hilfe kommt. In der Schweiz benötigen Rettungswagen im Durchschnitt zwischen zehn und zwölf Minuten, bis sie bei der Person in Not eintreffen. Das klingt nach sehr wenig Zeit. Das ist es auch. Doch bei einem Herzstillstand zählen Minuten. Deswegen werden in immer mehr Kantonen medizinisch ausgebildete Laienhelfer, sogenannte First Responder, in die Rettungskette miteingebunden. Diese sind in kürzester Zeit an Ort und Stelle. Doch noch lange nicht alle Kantone machen davon Gebrauch.

First Responder kann grundsätzlich jeder und jede werden. Die Voraussetzungen: Ein Grundkurs im Bereich BLS-AED-SRC, der Besuch von regelmässigen Refresher-Kursen, Volljährigkeit, ein Smartphone und die Bereitschaft, als First Responder im Einsatz zu stehen. Das Resultat daraus ist unbezahlbar, denn Leben können gerettet werden. Dabei geht es nicht darum, den Rettungswagen beiseite zu lassen, sondern wertvolle Zeit zu sparen, bis der Notruf eintrifft. Laut der Schweizerischen Herzstiftung liegt bei den jährlich 8 000 Betroffenen eines Herz-Kreislauf-Stillstandes die Überlebenschance unter fünf Prozent. Das Problem ist, dass es der Rettungswagen oft nicht schafft, innerhalb der kritischen drei bis fünf Minuten vor Ort zu sein. Denn pro Minute sinkt die Überlebenschance um zehn Prozent. Die Zeitersparnis durch einen geschulten Ersthelfer, welcher sich in unmittelbarer Nähe befindet, kann deshalb über Leben und Tod entscheiden.

Pro Minute sinkt die Überlebenschance um zehn Prozent.

Wertvolles Zusammenarbeiten

Die First Responder, zu Deutsch Ersthelfende, werden von der Sanitätsnotrufzentrale 144 bei einem Verdacht auf Herzstillstand in der entsprechenden Region kontaktiert. Dabei ist eine speziell entwickelte App das Hauptinstrument. Bestätigt ein First Responder die Einsatzverfügbarkeit, dann wird mittels seines Smartphones die exakte Position bestimmt. Jene Ersthelfer, welche dem Einsatzort am nächsten sind, werden alarmiert. Ob diese bei der Arbeit oder zuhause sind: Bei einem Notfall gehen sie sofort los.

Bei einem Wiederbelebungsversuch kommt es auf jede Minute an – und darauf, die Kompressionen richtig auszuführen.

Kantonale Unterschiede

Das freiwillige Retten von Menschenleben hat sich in der Schweiz bis heute in acht Kantonen flächendeckend etabliert. Weitere Kantone, darunter Nidwalden oder Graubünden, planen derzeit gemäss SRF die Einführung eines entsprechenden Systems. Die Westschweiz ist unter den acht Kantonen, welche über ein First-Responder-Netzwerk betreiben, führend: Denn in Waadt, Freiburg, Wallis, Bern, Basel-Stadt, Obwalden, Luzern und im Tessin können Menschen mit einem Herzstillstand bereits auf schnelle Hilfe zählen. Das Kantonsspital Luzern (LUKS) ist dabei der neuste Teilnehmer im Bunde. Seit dem 1. Juli 2019 gibt es im Kanton über 420 First Responder. Trotz Erfolgsmeldungen aus den First-Responder-Kantonen sind die Laienhelfer noch nicht überall ein Thema: Je nach Quelle beschäftigen sich sieben bis neun Kantone heute überhaupt noch nicht mit First Respondern.

Schneller Erfolg

Das Projekt First Responder im Kanton Luzern ist äusserst erfolgreich angelaufen. Denn wie das LUKS in einer Medienmitteilung schreibt, hat der Einsatz von drei Ersthelfern am 18. Juli bereits ein erstes Menschenleben gerettet. Ein 63-jähriger Autolenker hatte einen Herz-Kreislauf-Stillstand erlitten und nur gerade zwei Minuten nach dem Alarm waren die First Responder zur Stelle. Mithilfe eines Defibrillators konnten sie den Mann ins Leben zurückholen. Das LUKS schreibt auf Anfrage, dass bisher 32 Ersthelfer aufgeboten worden seien. Im Kanton Luzern sind diese einerseits speziell geschult und andererseits professionell ausgerüstet: «Ein First Responder hat Anrecht auf entsprechendes Einsatzmaterial», erklärt Manuel Wanzenried, betrieblicher Leiter des Rettungsdienstes beim Luzerner Kantonsspital. Dazu gehörten eine Beatmungsmaske, eine Leuchtweste mit der Aufschrift «First Responder» sowie Handschuhe und Desinfektionsmaterial.

Das effizienteste Mittel zur Reanimation eines Patienten ist der Defibrillator, von denen es in der Schweiz immer mehr gibt.

Lebensrettende gesucht

Viele Kantone schrecken davor zurück, ein First-Responder-Netzwerk aufzubauen. Dies nicht zuletzt, weil sie befürchten, kaum freiwillige Helferinnen und Helfer zu finden. Für Manuel Wanzenried sind diese Sorgen unbegründet: «Wir haben keine Schwierigkeiten, geeignete Personen zu finden – im Gegenteil: Das Interesse übersteigt unsere Erwartungen.» Das Ziel im Kanton Luzern ist es, den Personalbestand bis Mitte 2020 auf rund 500 First Responder aufzustocken. «Wir werden diese Zielgrösse voraussichtlich bereits Ende dieses Jahres erreichen», zeigt sich Manuel Wanzenried zuversichtlich. Für Interessierte steht in der Zentralschweiz eine Internetplattform zur Verfügung, die detaillierte Informationen liefert. Eine spezielle Zielgruppe möchte Manuel Wanzenried indes nicht definieren: «Grundsätzlich kann sich jede Person mit der notwendigen Ausbildung als First Responder einsetzen. Wichtig ist, dass sich möglichst viele Personen flächendeckend zur Verfügung stellen.»

Schweizweite Regelung gefordert

Verschiedene Institutionen in der Schweiz würden ein landesweites Netzwerk begrüssen, doch ein solches ist noch nicht angedacht. «Unterschiedliche kantonale Ausgangslagen erschweren ein einheitliches, nationales System», erklärt Manuel Wanzenried. Weshalb die Anliegen der First Responder nicht auf staatlicher Ebene organisiert werden, stösst bei vielen angesichts der eindeutigen Zahlen auf Unverständnis. Gemäss Hochrechnungen von SRF Puls könnten in der ganzen Schweiz rund 1 000 zusätzliche Menschenleben pro Jahr gerettet werden, stünde ein nationales Netzwerk zur Verfügung. Und trotzdem: Die First Responder sind auf dem Vormarsch und werden sich auch von solchen Schwierigkeiten nicht davon abbringen lassen, Menschen in Not zu helfen.

Text: SMA

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