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Schweizer Meeting-Branche: Bereit für den Strukturwandel?

09.05.2018
von Juan Paulo Zenz

Die Schweiz ist bei internationalen Länder- und Destinationsrankings regelmässig auf Spitzenpositionen zu finden. Diese sind auch für Kongress- und Meeting-Organisatoren von hoher Bedeutung. Doch trotz der wachsenden Anzahl registrierter Business-Veranstaltungen verbucht die Schweizer Meeting-Branche einen starken Umsatzrückgang.

Seit drei Jahren in Folge führt die Schweiz im «Global Innovation Index» die Liste von rund 150 Ländern an. Auch die jüngst publizierte Studie «Best Countries» des amerikanischen Medienunternehmens «US News» betitelt die Schweiz erneut als «bestes Land der Welt» im qualitativen Länderranking von 80 Nationen. Dazu trügen insbesondere die hohe Lebensqualität, die demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeiten sowie die wirtschaftliche Offenheit bei. Breit medial kommunizierte Rankings helfen internationalen Führungskräften, Anlegern und anderen Wirtschaftsführern, eine fundierte Wahl zu treffen, um schlussendlich in die Schweizer Wirtschaft zu investieren.

Jede sechste Übernachtung von Businessreisenden

Mehrtägige Meetings, Tagungen und Kongresse sind seit jeher eine verlässliche Stütze für die Hotellerie, um Betten in der Nebensaison zu füllen. Damit zählt der Meeting-Tourismus zu den Haupteinnahmequellen während der traditionell umsatzschwächeren Monate. Seit nun mehr als fünf Jahren erfasst das Switzerland Convention & Incentive Bureau (SCIB) die in der Schweiz durchgeführten Business-Veranstaltungen. Das Ziel sei es, eine verlässliche Datenbank aufzustellen, um Aussagen über die Entwicklung der Business-Veranstaltungen und deren betriebswirtschaftliche Effekte in der Schweiz nachzuweisen, welche für die Festlegung von zukünftigen Strategien und insbesondere für Investitionsentscheider von grossem Nutzen sind. Gemäss der aufgestellten Meeting-Statistik resultiert fast jede sechste Übernachtung (6.3 Mio. Logiernächte) im Jahr 2015 aus Business-Meetings; ein leichter Rückgang von 1.3 Prozent im Vergleich zu 2011, dem Beginn der Messungsperiode.

Damit zählt der Meeting-Tourismus zu den Haupteinnahmequellen während der traditionell umsatzschwächeren Monate.

Kürzere Meetings – weniger Umsatz

Knapp zwei Drittel aller Businessveranstaltungen sind Tagesmeetings. Diese Veranstaltungsform weist die höchste Wachstumsrate während der Untersuchungsperiode auf (+13.8 Prozent). Davon profitieren vor allem Schweizer Städte, die für kurze Meetings wegen der guten Verkehrsanbindung und der Vielzahl an Meeting- und Seminarräumlichkeiten bevorzugt werden. Berggebiete verlieren aufgrund ihrer peripheren Lage vermehrt an Veranstaltungen. Ausnahmen bilden Treffen des Top-Level-Managements, welche die Seminarräumlichkeiten in abgeschiedenen Bergregionen wegen ihrer Sicherheit und Exklusivität bevorzugen würden.

Um die direkten und indirekten wirtschaftlichen Effekte zu messen, wird der «Event Impact Calculator» von Oxford Economics herbeigezogen, der den Umsatz der Veranstalter, unterstützte Arbeitsplätze  sowie Umsatz in den betroffenen Wirtschaftsbereichen und die generierten Logiernächte misst. Dank dieser Software kann das Return of Investment (ROI) einer Veranstaltung aus einer Hochrechnung nachgewiesen werden. Im Jahr 2015 ist somit ein nachweisbarer Gesamtumsatz von CHF 1.8 Mrd. (Vergleich 2011; CHF 2.2 Mrd.) aus der ganzen Schweizer Meetingindustrie hervorgegangen. Für Dr. Christian Dernbach lässt sich dieser Umsatzrückgang von 18 Prozent auf Mengeneffekte zurückführen. Entscheidend seien die kleinere Anzahl der Meeting-Teilnehmer, kürzere Meetingdauer und die prozentuale Verlagerung von Mehrtages- zu Tagesveranstaltungen einhergehend mit dem Rückgang der Logiernächte.

Ausserdem würden sich die Rahmenbedingungen für die Vermarktung der Schweiz als Meeting- und Kongressland durch die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen seit der Aufhebung des Mindestkurses durch die SNB im Januar 2015 erschweren, dessen Langzeitfolgen erst in einigen Jahren richtig analysiert werden könnten.

Wachsender Markt Incentive-Reisen

Neben Meetings, Tagungen und Kongressen bilden «Incentive-Reisen» für den Businesszweig eine weitere Einnahmequelle. Unter diesem Fachbegriff werden gesponserte Reisen eines Arbeitsgebers zusammengefasst, die als Belohnung für die Leistungen eines Arbeitnehmers gelten. Hier stehen im Gegensatz zu Tagungen touristische Angebote einer Destination vermehrt im Vordergrund. Bei der zunehmenden Internationalisierung
von Incentive-Reisen fehlt es oftmals bei den Unternehmen an Hintergrundwissen zu den besuchten Destinationen. Diese Lücke versuchen professionelle Reisevermittler und Agenturen mit langjährigem Knowhow zu füllen. Die man schliesslich auch mit der Akquise und Programmgestaltung beauftragt.

Solche Incentive-Reisen müssen wegen der Grösse an Teilnehmern und den erforderlichen Kapazitäten an Unterkünften lange Zeit im Voraus durchgeplant und Lokalitäten vor Ort besichtigt werden. Obwohl Incentive-Reisen mit den populären Zielen wie Zürich, Bern, Interlaken (Jungfraujoch) und Schaffhausen (Rheinfall) und mit durchschnittlich 3.7 Tagen (+46 Prozent im Vergleich zu 2011) zu den längeren Veranstaltungsformen gehören, machen diese derzeit nur 2 Prozent aller Veranstaltungen aus.

Davon profitieren vor allem Schweizer Städte, die für kurze Meetings wegen der guten Verkehrsanbindung und der Vielzahl an Meeting- und Seminarräumlichkeiten bevorzugt werden.

Trendwende in Sicht?

Obwohl es in der Untersuchungsperiode 2011-2015 einen Umsatzrücklauf bei den Businessveranstaltungen wie Tagungen, Workshops und Kongressen gibt, weisen diese im Vergleich zum Vorjahr wieder eine deutliche Steigerung auf. Ausserdem bereiten sich verschiedene Destinationen wie das komplett renovierte Bürgenstock Resort (CHF 500 Mio.) oder das Grossbauprojekt «The Circle» mit den Businesshotels Hyatt Regency und Hyatt Place (CHF 1 Mrd.) mit Grossinvestitionen für die Zukunft vor. Experten zufolge bleibt die Mehrsprachigkeit der Schweiz ein Erfolgsgarant für die Schweiz als Meeting- und Businessdestination. Aber auch die ausgezeichnete Infrastruktur und die rasche Erreichbarkeit

Ein erfolgreiches Beispiel hierfür ist der «14. European Congress of Sport Psychology (FEPSAC)», der 2015 an verschiedenen Orten in Bern stattfand. Zum Programm gehörten sechs Keynote-Präsentationen, 81 Symposien, 38 Workshops und über 400 Posterpräsentationen. Eine Rekordzahl von 714 Teilnehmern aus 57 Nationen hatte teilgenommen. Zum Erfolg des internationalen Sportkongresses hat auch die Attraktivität Berns beigetragen. Die Teilnehmer hätten besonders das einzigartige Erlebnis des Aareschwimmens in der kristallklaren Aare in Erinnerung behalten. Aber auch den Besuch der charmanten Berner Altstadt, die als UNESCO-Weltkulturerbe den perfekten Rahmen für einen inspirierenden Kongress bot.

Text: Juan Paulo Zenz

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