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Wie kann die Bauwirtschaft die Treibhausgasemissionen senken?

15.01.2024
von SMA

Bis 2050 will die Schweiz Netto-Null erreichen. Der Gebäudebereich, der rund ein Viertel der Treibhausgasemissionen hierzulande verursacht, kann viel zum Erreichen der Klimaziele beitragen. Die Schweizer Bauwirtschaft hat die Dringlichkeit erkannt und bekennt sich klar zum Netto-Null-Ziel.

Der Klimawandel ist in der Schweiz deutlich spürbar. Seit der ersten Messung im Jahr 1864 hat die durchschnittliche Temperatur hierzulande um rund zwei Grad Celsius zugenommen. Die Folgen davon sind unter anderem mehr Hitzetage und eine Häufung von Extremereignissen wie Starkniederschlägen, aber auch längere Trockenperioden. Der Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) hat klargemacht: Beim Klimaschutz braucht es jetzt konsequentes Handeln, will man die Ziele des Übereinkommens von Paris erreichen, das eine globale Erwärmung von maximal 1,5 °C anstrebt. Als Unterzeichnerin des Abkommens hat sich die Schweiz verpflichtet, bis 2030 ihre Treibhausgasemissionen um 50 Prozent gegenüber 1990 reduzieren, bis 2050 braucht es Netto-Null. Verfehlen wir dieses Ziel, droht das ökologische Gleichgewicht noch schneller aus dem Lot zu geraten.

Mit vereinten Kräften

Erfreulich ist, dass die inländischen Treibhausgasemissionen seit 1990 um 18 Prozent gesunken sind. Dennoch wurde das angestrebte Ziel knapp verfehlt. 2021 lag die Menge der ausgestossenen Treibhausgase noch immer bei 45,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Das macht rund fünf Tonnen pro Person. Doch das ist erst die halbe Wahrheit: Rechnet man die im Ausland verursachten Emissionen der importierten Güter hinzu, so liegen die Pro-Kopf-Emissionen laut dem Bundesamt für Umwelt doppelt so hoch bei rund zehn Tonnen und somit weit über dem weltweiten Durchschnitt von sechs Tonnen CO2-Äquivalenten pro Person.

Damit die Schweiz in den kommenden Jahren Kurs auf die anvisierten Klimaziele nehmen kann, braucht es vereinte Kräfte. Es sind Bemühungen auf politischer Ebene notwendig, aber auch bei den Unternehmen und letztlich bei jedem Einzelnen. Gleichzeitig müssen innovative Technologien weiterentwickelt und gefördert werden, welche die Dekarbonisierung in allen Bereichen voranbringen.

Klares Bekenntnis zu Netto-Null Treibhausgasemissionen

Einer der grossen Verursacher von CO2-Emissionen in der Schweiz ist der Gebäudebereich. Er ist für rund elf Millionen Tonnen CO2 verantwortlich, was rund einem Viertel der Emissionen entspricht. Obwohl sich hier in den vergangenen Jahren bereits viel bewegt hat und der Gebäudesektor seine Emissionen seit 1990 um rund ein Drittel senken konnte, bleibt keine Zeit, sich auf den Lorbeeren auszuruhen. «Die Bauwirtschaft kann einen sehr wichtigen und seit der Annahme des Klimaschutzgesetzes durch die Stimmbevölkerung auch einen sehr klaren Beitrag leisten, um die Klimaziele zu erreichen», ist Cristina Schaffner überzeugt. Sie ist Direktorin von Bauenschweiz, dem Dachverband der Schweizer Bauwirtschaft. «Die Bauwirtschaft ist mit zwölf Prozent des Bruttoinlandprodukts eine wichtige Wirtschaftsstütze und will ihre Rolle und Verantwortung beim Erreichen dieser Ziele wahrnehmen», sagt Schaffner. Bauenschweiz hat sich deshalb für eine Annahme des Klima- und Innovationsgesetzes im Juni 2023 eingesetzt.

Interdisziplinär planen

Der Dachverband hat ein Positionspapier erarbeitet, das die Richtlinien für die Branche vorgibt. So soll das nachhaltige Planen, Bauen und Bewirtschaften künftig für alle am Bau Beteiligten gelten und bereits früh im Entwicklungsprozess adressiert werden. Damit dies gelingt, braucht es unter anderem eine gut funktionierende und interdisziplinäre Zusammenarbeitskultur, eine Lebenszyklusbetrachtung wie auch Mut zu Innovationen.

In die Tat umsetzen will die Bauwirtschaft ihr Bekenntnis zu Netto-Null, indem sie in Zukunft bei der Herstellung und Beschaffung von Baustoffen sowie im Bauprozess selbst auf fossile Energien verzichtet. Ein grosser Hebel auf dem Weg zu Netto-Null ist die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung – eine Transformation, die viel Zeit in Anspruch nimmt. Von den 1,8 Millionen bestehenden Gebäuden in der Schweiz wird nach wie vor der grösste Teil fossil beheizt, also mit einem Öl- oder Gaskessel. Damit der Gebäudepark fit für die Zukunft wird, müssen diese Bestandsimmobilien möglichst schnell saniert und energetisch auf den neuesten Stand gebracht werden. Die Techniken, um zumindest die Emissionen im Gebäudebetrieb auf null zu senken, sind bekannt und haben sich in der Praxis längst bewährt.

Kreislaufwirtschaft fördern, CO2 entziehen

Eine Herausforderung sind die Treibhausgase bei der Erstellung. Gut die Hälfte der gesamten Emissionen, die ein Gebäude über seinen Lebenszyklus verursacht, geht auf das Konto der Erstellung, des Unterhalts und des Rückbaus. Experten gehen davon aus, dass sich etwa die Hälfte dieser indirekten Emissionen mit unterschiedlichen Massnahmen schon heute vermeiden liesse. «Ein sehr wichtiges Ziel ist das ressourcenschonende und zirkuläre Bauen», erklärt Schaffner. Wenn ein grosser Teil der eingesetzten Materialien über mehrere Objekt-Lebenszyklen im Kreislauf gehalten wird, was in vielen Fällen ohne Einbussen bei der Qualität oder Funktionalität gelingt, entstehen weniger klimaschädliche Emissionen. «Wir setzen uns dafür ein, dass wiederverwendete, rezyklierte oder nachwachsende Baustoffe überall dort eingesetzt werden, wo sie den technischen Anforderungen genügen und sich ressourcenschonend auswirken», erklärt Schaffner. Die Bauwirtschaft hat laut der Direktorin des Dachverbands diesbezüglich schon zahlreiche innovative Lösungsansätze erarbeitet und wird diese künftig weiterentwickeln. Die dennoch verbleibenden Emissionen sollen mit CO2-Entnahme und -Speicherung ausgeglichen werden.

Um bis 2050 Netto-Null zu erreichen, braucht es nebst Innovation insbesondere den Willen der Akteure in Politik, Wirtschaft und auch in der Baubranche, um die Dinge in die richtige Richtung zu lenken.

Text Sandra Aeberhard, Faktor Journalisten AG, Zürich

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