Frauen müssen im Alter im Schnitt mit 1666 Franken weniger pro Monat auskommen als Männer. Dieser Betrag entspricht etwa vier Krankenkassenprämien. Doch wieso ziehen Frauen auch im Ruhestand finanziell den Kürzeren? Und was können sie gegen den Gender Pension Gap tun?
Fast jede dritte Person in Rente war im Jahr 2022 laut Pro Senectute arm oder konnte sich nur knapp alles Notwendige leisten, wie Wohnkosten, Lebensmittel und Krankenkasse. Und fast jede zweite Person davon war weiblich: Im Jahr erhalten Frauen durchschnittlich rund 20 000 Franken weniger Rente als Männer – und müssen deshalb häufig Ergänzungsleistungen in Anspruch nehmen.
Doch wie kommt es dazu, dass Frauen im Alter mit mehr Existenzängsten kämpfen müssen als Männer? Die Gründe sind vielfältig:
Lücken in der ersten Säule
Häufig fehlt es Frauen an Geld in der ersten Säule (AHV/IV). Zu diesem Manko kommt es, wenn Beitragsjahre fehlen, also eine Person zum Beispiel für ein Jahr nicht erwerbstätig war. Erwerbslosigkeit kann wegen eines Studiums oder längerer Reisen eintreffen, doch auch viele kurze Arbeitseinsätze bei verschiedenen Arbeitgeber:innen können zu Lücken in der ersten Säule führen. Wenn es zu einer Scheidung bei Nichterwerbstätigen kommt und anschliessend vergessen geht, den Mindestbeitrag an die AHV zu zahlen, fehlt dort ebenfalls Geld.
Das Problem: Wenn Beitragslücken in der ersten Säule entstehen, wird die Altersrente gekürzt. Dann spricht man von einer Teilrente anstatt Vollrente. Wenn eine Person zum Beispiel ein Jahr lang nichts in die AHV einbezahlt hat, fällt die Rente um rund 2,3 Prozent tiefer aus.
Doch nicht nur die Frequenz der Beiträge, sondern auch ihre Höhe beeinflussen die erste Säule: So bedeuten Teilzeitarbeit und Mindereinkommen ebenfalls ein Risiko für eine ausreichende Rente.
Lücken in der zweiten Säule
Auch in der beruflichen Vorsorge haben Frauen generell einen schwierigen Stand. Sie können tendenziell weniger Beiträge in die zweite Säule einzahlen, oder sie sind sogar gar nicht versichert. Hierfür lässt sich ebenso eine Vielzahl an Gründen ausmachen:
Frauen leisten häufig Arbeit, die nicht bezahlt wird wie Haushalts- und Betreuungsarbeit. Laut Statista arbeiten 57,9 Prozent der Frauen Teilzeit, bei Männern sind es im Vergleich nur 18,7 Prozent. Teilzeitarbeit bedeutet weniger Einkommen, geringere Weiterbildungsmöglichkeiten und Karrierechancen.
Zusätzlich dazu kommt es bei Frauen aufgrund von Mutterschaft zu längeren Auszeiten. Häufig ist der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt danach schwierig.
Ein weiteres Problem: Noch immer erhalten Frauen für die gleiche Arbeit nicht denselben Lohn wie Männer. Im Jahr 2020 verdienten Frauen in der Schweiz im Schnitt 10,8 Prozent weniger als Männer (Vergleichsgrösse: monatlicher Bruttolohn). Dazu kommt, dass Frauen oft in schlechter bezahlten Branchen wie in der Pflege, Erziehung und Bildung arbeiten.
Diese Verteilung ist auf gesellschaftliche Stereotypen und Rollenbilder zurückzuführen, nicht etwa auf genetische oder körperliche Unterschiede zwischen Mann und Frau. Mädchen machen sich schon früh Gedanken über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und wählen im Berufswahlprozess dann eher einen «frauentypischen» Beruf.
Auch strukturelle Gegebenheiten führen zu Lücken in der zweiten Säule. Für die Pensionskasse braucht eine erwerbstätige Person ein Mindesteinkommen von 21 510 Franken pro Jahr (knapp 1800 Franken monatlich). Das heisst, Teilzeitarbeitende mit einem niedrigen Einkommen – häufig weiblich – sind nicht durch die zweite Säule abgesichert.
So können Lücken geschlossen werden
Im Idealfall werden in einer (Ehe-) oder Partner:innenschaft die Erwerbs-, Haushalts- und Betreuungsarbeit so aufgeteilt, dass Frauen mehr arbeiten können. Wenn das nicht möglich ist, muss eine Frau unbedingt in der dritten Säule vorsorgen – damit kann auch ein:e erwerbstätige:r Partner:in helfen.
So unromantisch es sein mag, (Ehe)Partner:innen müssen unbedingt über ihre Vorsorge sprechen und Abmachungen vertraglich festhalten. Patrizia Laeri von ellexx empfiehlt allen Paaren «Money Dates». «Die stärksten Beziehungen sind jene, in denen man über Geld sprechen kann», bekräftigt die Unternehmerin.
Beim Investieren zählt laut Laeri jeder Tag – bereits früh anfangen, empfiehlt sie. «Am besten würden alle schon mit dem ersten AHV-pflichtigen Lohn via dritte Säule investieren. Die beste Freundin der Anlegerin ist die Zeit.» Vor dem Investieren müssten allerdings gewisse To-dos abgehakt sein:
- einen Notgroschen von ungefähr drei Monatsgehältern auf der Seite haben
- Kreditkartenschulden abzahlen
- finanzielle Ziele kennen und den Betrag, der monatlich investiert werden kann (Investitionsquote)
Tipps: Wer sich unsicher fühlt, wie es um die finanzielle Vorsorge steht, kann kostenlos einen Auszug vom individuellen Konto (IK) bestellen. Dieses liegt bei den Ausgleichskassen und dient als Grundlage für die Berechnung der Rente. Hier gibt es dazu ein Erklärvideo.
Auf ellexx gibt es eine umfassende Wissenssammlung, Coachings und Tools rund um Geld und Gaps. «Viele tun sich schwer, sich exponentielles Wachstum vorzustellen und fühlen sich beim Thema Finanzen unsicher, Stichwort Gender Confidence», erklärt Laeri. «Deshalb nehmen wir Frauen in unseren Money-Hacks-Kursen vor allem auch die Angst vor dem Investieren.»
Frauen, die kurz vor der Pension stehen, rät Laeri, mehrere 3a-Konten zu errichten und diese gestaffelt aufzulösen. «Wir empfehlen, jeweils ab 40 000 Franken ein neues 3a-Konto zu eröffnen.» Je nach Kanton können bis zu fünf verschiedene 3a-Konten gehalten werden. «Den Aktienanteil sollte man zehn Jahre vor der Pension Schritt für Schritt ein wenig abbauen. Ansonsten läuft man Gefahr, alles zum dümmsten Zeitpunkt, sprich zu tiefen Kursen, auflösen zu müssen.»
Patrizia Laeri ist sich sicher: Die Schweiz braucht dringend Reformen. «Unser Rentensystem ist von Männern für Männer gemacht. In unserem Rentensystem von 1947 wurden Frauen nicht mitgedacht.» Und das muss sich ändern.
So funktioniert die Pensionskasse (zweite Säule)
Alle unselbstständigen, erwerbstätigen Personen, die das Mindesteinkommen erhalten (21 510 Franken), sind versichert. Die Arbeitgeber:innen bezahlen mindestens die Hälfte der Beiträge. Diese Sparbeiträge werden von den Pensionskassen verzinst und häufen sich so zu einem Altersguthaben an. Bei der Pensionierung wird dieses Guthaben mithilfe des Umwandlungssatzes von 6,8 Prozent in die Rente umgewandelt, die Senior:innen lebenslänglich bekommen. Hat eine Rentnerin eine Million Franken angespart, erhält sie jährlich 68 000 Franken. Auch Sozialabgaben werden vom monatlichen Lohn abgezogen. Diese Versicherungsbeiträge sind eine Absicherung für Arbeitnehmer:innen und ihre Familien im Falle von Tod, Invalidität oder Krankheit.
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