Die Frage, ob man angespartes Kapital lieber auf dem Konto belassen oder dieses aktiv investieren möchte, ist für Schweizer Privatanlegende aktueller denn je: Mit dem Ende der Negativzinsen haben klassische Sparlösungen zwar wieder an Relevanz und Attraktivität gewonnen, gleichzeitig bieten auch die Finanzmärkte spannende Renditechancen. Ein Überblick.
«Ein einig Volk von Sparern: Nirgends in Europa legen Haushalte so viel Geld zur Seite wie in der Schweiz.» Mit dieser Headline brachte das Wirtschaftsmagazin cash.ch vor einem Jahr das schweizerische Investitionsverhalten auf den Punkt. Die Auswertungen eines Vergleichsportals zeigten nämlich, dass die Sparquote in der Schweiz im Jahr 2021 doppelt so hoch lag wie im EU-Durchschnitt. Genauer: Mit einer Sparquote von 21,9 Prozent legen die privaten Haushalte in der Schweiz mehr Geld zur Seite als alle anderen europäischen Länder. Auf dem zweiten Platz folgten die Irinnen und Iren, Podestplatz Nummer drei halten die Niederlande.
Den Schweizerinnen und Schweizern liegt das Sparen also quasi im Blut. Eine kleine, aber dennoch interessante Randnotiz bilden hier die Anhängerinnen und Anhänger des «Frugalismus», die auch als «FIRE»-Bewegung (Financial Independence, Retire Early) bekannt sind. Dahinter verbirgt sich ein Lebenskonzept, welches den Plan verfolgt, im Schnellzugtempo Vermögen aufzubauen und dafür jeden Franken zu sparen und zu investieren. Dies mit dem Ziel, jung in Rente gehen zu können. Das Konzept stammt ursprünglich aus den USA und wurde durch Blogger bekannt, die angeblich mit 30 Jahren in Rente gingen.
Langsam, aber sicher
Doch auch für alle anderen, die ihre Lebensqualität nicht den eigenen Sparplänen opfern möchten, zahlt sich das Zurücklegen «auf die hohe Kante» grundsätzlich aus: Mit den steigenden Leitzinsen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) haben sich die Konditionen für Sparkonten verbessert, auch wenn sie noch weit unter den Höchstständen früherer Jahrzehnte liegen. Als zentraler Wert des Sparens wird gemeinhin die hohe Sicherheit genannt: Einlagen auf Schweizer Bankkonten sind bis zu 100 000 Franken durch die Einlagensicherung geschützt. Ferner gilt der hiesige Finanzplatz (trotz des unrühmlichen CS-Debakels) als stabil und verlässlich, vor allem, da politische Risiken gering sind. Doch die Medaille hat eine Kehrseite: Selbst mit den leicht gestiegenen Zinsen können viele Sparkonten nicht mit der aktuellen Inflationsrate Schritt halten. Das bedeutet, dass die Kaufkraft langfristig abnimmt. Sparen eignet sich daher vor allem für kurzfristige Ziele oder als Sicherheitsreserve.
Investieren – wo liegen Chancen und Risiken?
Eine Alternative zum Sparen ist seit jeher die Teilnahme am Aktienmarkt. Die Schweizer Börse, die von Grossunternehmen wie Nestlé, Roche und Novartis geprägt wird, gehört zu den robustesten der Welt. Gleichzeitig eröffnen sich durch globale ETFs oder spezialisierte Anlageprodukte zusätzliche Chancen. Historisch gesehen haben Aktienmärkte in der Schweiz und weltweit deutlich höhere Renditen geliefert als Sparprodukte. Auch für eine breitere Diversifikation des eigenen Portfolios bieten sich Investitionen in Wertpapiere grundsätzlich an. Durch den Zugang zu globalen Märkten können Anlegerinnen und Anleger ihr Risiko streuen und von internationalen Wachstumschancen profitieren.

Die Entscheidung darüber, ob Sparen oder Investieren sinnvoller ist, hängt nicht zuletzt stark von der individuellen Lebenssituation ab. Bild: iStock/vm
Ein klares Kontraargument liefert allerdings die Volatilität der Aktienmärkte, denn nicht einmal stabile Schweizer Unternehmen sind vor kurzfristigen Schwankungen gefeit. Des Weiteren setzt die Teilnahme am Aktienmarkt eine gewisse Fachkenntnis voraus: Wer falsch investiert oder in riskante Produkte anlegt, kann Teile des Kapitals rasch verlieren.
Eine Frage der persönlichen Lebenssituation
Die Entscheidung darüber, ob Sparen oder Investieren sinnvoller ist, hängt nicht zuletzt stark von der individuellen Lebenssituation ab: Eine alleinstehende Berufseinsteigerin hat andere finanzielle Prioritäten als eine Familie oder ein Rentner. Einzelpersonen verfügen häufig über eine höhere finanzielle Flexibilität und können sich daher eine grössere Risikobereitschaft erlauben. Eine Familie wiederum hat einen grösseren Bedarf an Sicherheit und Planbarkeit aufgrund höherer Ausgaben und finanzieller Verpflichtungen. In beiden Fällen ist das Ansparen eines Notgroschens sinnvoll, während das Anlegen in eher risikoärmere Anlagen (wie Mischfonds, Immobilienfonds oder konservative ETFs) eine gute Wahl darstellen. Menschen höheren Alters, die über eine stabilere Kapitalgrundlage verfügen, sind laut Fachleuten mit Sparprodukten mit hoher Sicherheit sowie liquiden Anlagen gut bedient. Ein kleiner Anteil in dividendenstarken Schweizer Aktien kann zusätzliche Einkünfte generieren. Kommt es zu einem Verlust, lässt sich dieser dann meist gut verkraften.
Glücklicherweise müssen sich Schweizer Privatanlegende generell nicht zwingend zwischen Sparen und Investieren entscheiden – die richtige Mischung ist oft der Schlüssel. Während ein Teil des Kapitals auf einem Sparkonto für Notfälle bereitgehalten wird, kann der Rest gezielt investiert werden, um langfristig Vermögen aufzubauen. Für Privatanlegende ist es allerdings wesentlich, sich über die Chancen und Risiken im Klaren zu sein und eine Strategie zu wählen, die zur individuellen Lebenssituation passt. Wer unsicher ist, sollte sich daher an unabhängige Finanzberatungen, spezialisierte Plattformen sowie an die Hausbanken wenden, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.
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