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Industrie

Fachkräftemangel in der Industrie: Berufsbildung als Lösung

04.02.2022
von Barbara Rüttimann

Die Zeichen stehen günstig! Der Motor der Schweizer Wirtschaft brummt. Laut Prognosen gehen Expert:innen gar von einem Wirtschaftswachstum aus. Und dies trotz schwierigen Pandemiezeiten. Dabei ist es kein Geheimnis, dass Schweizer Unternehmen, im Speziellen die Schweizer Industrie, dringend Fachkräfte benötigen. 

Eine erfolgreiche Industrie zeichnet sich unter anderem durch qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus. Spricht man von qualifizierten Fach- und Führungskräften stehen oft Fachpersonen mit Hochschul- und Fachhochschulabschluss im Vordergrund unseres Denkens. Dabei braucht die Branche ebenso dringend ausgebildete Berufsleute, damit die Schweizer Industrie international wettbewerbsfähig bleiben kann.

Wichtigkeit Berufsbildung für Fachkräftenachwuchs

Der Löwenanteil an qualifizierten Fach- und Führungskräften, konkret rund 80 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Industrie, stammt aus der Berufsbildung. Gemäss Angaben des Staatssekretariates für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) entscheiden sich zwei Drittel der Jugendlichen zurzeit in der Schweiz für eine berufliche Grundbildung und eignen sich dadurch eine solide berufliche Grundlage an. Rund 240 Berufe stehen zur Wahl. Die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) bildet dabei derzeit annähernd 20 000 Lernende aus und ist damit eine der grössten Ausbildnerinnen der Schweiz. So wird klar, dass wir für die Zukunft des Bildungs- und Wirtschaftsstandortes Schweiz und im Speziellen für die Industrie ständig genügend qualifizierte Fachpersonen aus der Berufsbildung benötigen.

Gründe für den Fachkräftemangel

Der Hauptgrund für den Fachkräftemangel liegt in der demografischen Entwicklung. Es werden aktuell mehr Personen pensioniert, als aus dem Nachwuchs nachrücken. Die Alterung verstärkt die Engpässe im Fachkräftebereich. Die schnell zunehmende Digitalisierung erhöht den Stellenwert von MINT-lastigen Berufen. Leider sind die traditionellen Rollenbilder der Geschlechter noch stark in den Köpfen verankert. Die Folge ist eine immer noch zu tiefe Frauenquote in den technischen Berufen, obwohl diese gleich gut von Frauen ausgeübt werden können, wie von Männern. 

Auch in der Industrie ist die Digitalisierung und Automatisierung angekommen. Bereits heute werden grosse Teile von verarbeitenden Prozessen automatisiert. Die Art der Arbeit, die Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten und die Wertschöpfungsketten veränderten sich laufend. Dies wiederum gibt Raum für Kreativität, Eigenverantwortung, Teamwork und Innovation. Diese «neue Industrie» wird neue Berufe anbieten. Die Fachkräfte werden vermehrt auch Überwachung von Produktionen mit übernehmen müssen oder z.B. auch für Bereiche wie IT-Sicherheit und Datenschutz in der innerbetrieblichen Arbeit zuständig sein. Diese Veränderungen erfordern hohe praktisch-technische Fachkenntnisse. So wird mit den Vorurteilen von harter, physischer und schmutziger Arbeit in den Fabriken aufgeräumt werden müssen.

Ob über ein Studium oder über die Berufslehre; die Türen sind in der Industrie für zukünftige Fachkräfte weit offen.

Perspektiven für Jugendliche

Grundsätzlich ist der grosse Vorteil einer Berufslehre, dass junge Menschen bereits früh den Einstieg in die Arbeitswelt finden, erste betriebliche Erfahrung sammeln und Verantwortung übernehmen können. Sie eignen sich gleichzeitig direkt am Lernort praktische Kenntnisse an und erhalten in den Berufsfachschulen die theoretische Bildung dazu. Und genau dieses Rundumpaket ist auf dem Arbeitsmarkt gefragt. Eine Berufslehre fördert darüber hinaus die Sozialkompetenzen. Wer danach den Bildungsweg über eine Fachhochschule wählt, hat grosse Chancen einen höheren Einstiegslohn zu erhalten, als ein Abgänger klassischer Universitäten. Die Berufsbildung ist ein guter Einstieg in die Arbeitswelt und öffnet viele berufliche Perspektiven. Jeder Abschluss hier bildet die Grundlage für eine Weiterbildung. Sei es, um sich im Beruf zu spezialisieren oder über die höhere Berufsbildung oder über eine Berufsmatur ein Studium an einer Fachhochschule anzutreten. 

Letztlich ist die Wahl jedoch unbedingt immer individuell zu sehen. Ob über ein Studium oder über die Berufslehre; die Türen sind in der Industrie für zukünftige Fachkräfte weit offen. Und auch auf Seite der Ausbildungsprogramme in der Branche bewegt sich viel. Mit dem Projekt Futuremem werden acht Industrieberufe weiterentwickelt, sodass ab 2024 diese Ausbildungen den technologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfordernissen angepasst sind.

Einfluss der Betriebe selbst

Zwar unterstützen Bund, Kantone und weitere Organisationen den Weg der Berufsbildung. Die Verantwortung liegt jedoch vor allem auch bei den Betrieben. Diese können den Jugendlichen ein möglichst attraktives, betriebsinternes Ausbildungsprogramm und Arbeitsumfeld bieten. Mögliche Wege sind, Lernenden bereits früh Verantwortung zu übertragen, sie in betriebswichtige Projekte einzubinden und möglichst vielfältige Einblicke in den Unternehmensalltag zu ermöglichen. Grossbetriebe gehen sogar soweit, Lernenden einen Aufenthalt in einer Auslandsniederlassung zu ermöglichen. 

Die Fachkräfte sind ein elementarer Teil im Räderwerk der Wirtschaft und sichern nicht nur der Industrie Beschäftigung und Wachstum, sondern sind auch ein Teil des Rückgrates für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Die Überwindung des Fachkräftemangels in der schweizerischen Industrie ist eine der grossen Herausforderungen der kommenden Jahre.

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