E-Logistik Für die E-Logistik ist der kurze Weg das Ziel
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Für die E-Logistik ist der kurze Weg das Ziel

14.11.2018
von Simon Misteli

Auch die Logistik für den E-Commerce ist von der Digitalisierung betroffen. Automatische Roboter verwalten die Lager und Tracking-Software informiert, wo sich die Objekte befinden. Doch wie sehen die Entwicklungen für Versandlieferungen unterwegs aus?

Ein Klick und nur zwei Tage später steht ein Paket vor der Tür. Was für den Kunden einfach und angenehm ist – er muss nicht einmal das Haus verlassen – ist für das Versandunter-nehmen eine komplexe Aufgabe. Nach dem Klick muss das gekaufte Objekt aus der bereitstehenden Lagerung geholt, verpackt und abgeschickt werden. Oft beinhaltet der Versand einen Carrier. Es muss aber einer sein, der die richtige Destination anfährt. Meist liefert er das Paket zu einem Distributionszentrum und erst von dort aus findet es den Weg zum Kunden nach Hause.

Ein grosser Aufwand, um den Kunden zufriedenzustellen. Und noch immer ist es nicht genug. 53 Prozent der Online-Einkäufer sagen aus, dass die Geschwindigkeit der Lieferung ein wichtiger Faktor in ihrer Kaufentscheidung ist. Für Online-Shops ist es folglich ein wichtiges Anliegen, das sogenannte «order-fulfillment», den Weg zwischen Lager und Kunde, zu verkürzen und zu vereinfachen. Dies jedoch nicht ohne die Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen. Mit der E-Logistik eröffnen sich dafür neue Möglichkeiten.

Auf dem Weg in die Zukunft

Der naheliegende Aspekt, den es zu optimieren gilt, ist die Flotte. Man hört viel von Experimenten mit Drohnen oder mobilen Robotern, die die bestellten Pakete für die sogenannte «last-mile» ausliefern. Sie würden also für die letzte Distanz zwischen Verteilungszentrum und Endverbraucher eingesetzt werden. Dies kann vor allem in Städten die Lieferungszeit verkürzen, da Verkehr und komplizierte Wegführung bei herkömmlichen Fahrzeugen zu unnötigen Verzögerungen führen. Allerdings bezweifelt Patrick Kessler, Präsident des Verbands des schweizerischen Versandhandels, dass diese Art von Auslieferung massentauglich ist. «Drohnen eignen sich besser für regelmässige Lieferungen auf Standardstrecken oder in Notsituationen wo andere Transportmittel versagen.»

Für die längeren Wege können die Einführung von autonomen Lastwagen und vor allem das sogenannte «Truck Platooning» zur verbesserten Wirtschaftlichkeit des Diesel-Verbrauchs beitragen. Platoon bedeutet Zug oder passender Konvoi. Mit smarter Technologie können sich mehrere Trucks miteinander verbinden. Der vorderste Lastwagen im Konvoi übernimmt die Führung und die anderen folgen ihm automatisch. Bremst der erste, bremsen die anderen mit einer Reaktionszeit von 0.2 Sekunden. Ein Mensch braucht durchschnittlich eine Sekunde dafür. Dadurch können sie dem jeweils Vorderen näher auffahren und von seinem Windschatten profitieren. Eine weitere Möglichkeit, die eine Schwarmintelligenz eröffnet, ergibt sich bei Güterbahnhöfen. Die aufeinander abgestimmten Lastwagen einer Flotte vereinfachen die Koordination des Be- und Entladens. Dadurch beschleunigen sich die Vorgänge und die Carriers können sich früher auf den Weg machen. 

Anstatt die Waren in einem grossen Zentrum zu lagern, wird es dann mehrere kleine Lagerhäuser in Nähe der Konsumenten geben.

Wenn ein Carrier ausfällt

Doch was passiert, wenn ein Carrier ausfällt? Oder es aus einem anderen Grund zu unvorhersehbaren Unterbrüchen in der Lieferkette kommt? Dafür bietet das «Digital Freight Matching» eine Lösung. Auch bekannt unter dem Namen «Uberization of Trucking», beinhaltet es Apps, die ähnliche Funktionen, wie die Uber-App anbieten. Solche Apps helfen den Frachtverantwortlichen verfügbare Lastwagen in der Nähe zu finden. Diese Trucks lassen sich mit einem Klick ganz einfach buchen. Dies ermöglicht es, einen lästigen Unterbruch schnell und unkompliziert zu überbrücken. Die Zahlung erfolgt ebenfalls digital und geht innerhalb von zwei Tagen über die Bühne. So erhalten auch der Lastwagenfahrer oder dessen Unternehmen einen Vorteil davon.  

Die digitale Spur

Bisher nahm Treibstoff den grössten Einfluss auf die Entscheidungen in der Logistik. Laut der «Analysis on the future of logistics» von Frost und Sullivan werden in Zukunft Daten diesen Platz einnehmen. Damit sind nicht nur die zuvor angesprochenen Daten über die Lieferung gemeint, sondern auch die Daten über den Endkunden. Genauer gesagt interessieren die Daten, anhand derer die E-Stores das Einkaufsverhalten eines Kunden analysieren können. Um ihr Ziel, sofort «Gratification» anzubieten, damit ist der sofortige Besitz des eingekauften Objekts gemeint, zu erreichen, versucht Amazon nicht nur seine Flotte zu optimieren. Mit seinem Patent, dem «anticipatory shipping», analysiert das Unternehmen die Kaufdaten seiner Kunden, bis es ihr Verhalten voraussagen kann.

Sein Ziel ist es, ein Produkt bereits in der Nähe eines Kunden zu haben, bevor dieser überhaupt weiss, dass er das Produkt kaufen will. Dafür will Amazon Lieferungen an unvollständige Adressen senden. Sobald dann jemand eine Bestellung getätigt hat, wird die Adresse vervollständigt, noch während das Paket unterwegs ist. So könnte die heute angebotene «same-day delivery» in Zukunft zu einer «same-hour delivery» werden. In der Schweiz spricht man davon eher als Dezentralisierung der Waren. «Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Waren in Stadtgebiete gesendet werden, deren Bewohner diese Produkte regelmässig in Massen konsumieren», erwägt Patrick Kessler, «Anstatt die Waren in einem grossen Zentrum zu lagern, wird es dann mehrere kleine Lagerhäuser in Nähe der Konsumenten geben.»

Am Ende des Weges

Wohin werden diese Entwicklungen schlussendlich führen? Natürlich zu einer Verkürzung der Lücke zwischen Bestellung und Besitz. Aber auch andere Änderungen können sich daraus ergeben. Zum Beispiel könnte sich durch die Dezentralisierung der Waren das Stadtbild wandeln. Ausserdem besteht die Möglichkeit, dass in einigen Jahren 50 Prozent der Flotten autonom oder halbautonom unterwegs sein werden. Dies könnte unser Verständnis von Verkehr vollständig über den Haufen werfen. Wenn es möglich ist, dass sich Lastwagen miteinander verbinden, weshalb nicht gleich alle Verkehrsteilnehmer, die gemeinsam eine Strasse nutzen? Der Weg dorthin ist jedoch noch lang und kurvenreich.

Text: Simon Misteli

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