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IoT erobert die Bau- und Immobilienwelt

14.01.2021
von Lars Meier

«Die Bedeutung von IoT wird sich in den nächsten Jahren noch massiv erhöhen», verriet uns ein Experte. Was bedeutet dies konkret für die Bau- und Immobilienbranche? Welche Chancen und Herausforderungen gehen damit einher? «Fokus» weiss mehr.

Im Jahr 1999 etablierte der britische Technologie-Pionier Kevin Ashton den Begriff des Internet of Things (IoT). Dieser beschreibt ein Netzwerk, welches Objekte in der physischen Welt mit dem Internet verbindet. Seit damals sind zwar mehr als zwei Jahrzehnte vergangen, doch IoT ist 2021 relevanter denn je – besonders in der Bau- und Immobilienbranche. «Das grösste Potenzial von IoT respektive dessen Basistechnologien Sensorik & Aktorik besteht darin, die Lebensqualität von Gebäuden zu steigern, den Ressourcenverbrauch sowie die Betriebskosten zu senken und das Gebäude respektive dessen Verhalten besser zu verstehen», weiss Peter Staub. Der diplomierte Ingenieur und Studiengangsleiter an der HWZ im Lehrgang «Digital Real Estate» führt aus: «loT ermöglicht eine digitale Einflussnahme auf das Gebäude und dessen Steuerung durch Immobiliennutzer und -eigentümer oder im Idealfall sogar eine Steuerung des Gebäudes durch sich selbst.»

IoT in der Praxis

Im Zeitalter von Smart Homes ist IoT aus der Bau- und Immobilienbranche ohnehin nicht mehr wegzudenken. «Sensoren an bisher isolierten Gebäudeelementen wie Bauteilen, Anlagen oder Nutzungsressourcen wie Sitzungszimmer machen diese kommunikationsfähig, wie viele heutige Beispiel schon zeigen: Das Dach meldet, wenn es beschädigt ist, die Anlage, wenn eine Störung vorliegt und das Sitzungszimmer, wenn es eine Buchung nicht wahrnimmt», erläutert der Experte. Durch die intelligente Vernetzung entstehe die Möglichkeit, Daten & Systeme in Echtzeit zu verbinden, zu messen, spezifische Ereignisse zu melden, automatische Anpassungen vorzunehmen und allgemein das Verständnis für Prozesse und Vorgänge zu verfeinern. «Durch diese sogenannte end-to-end Prozessautomatisierung und der daraus resultierenden Daten entstehen auch komplett neue Geschäftsmodelle, wie Räume, welche sich selbstständig vermieten und vieles mehr», so der Experte.

Im Zeitalter von Smart Homes ist IoT aus der Bau- und Immobilienbranche ohnehin nicht mehr wegzudenken.

Das volle Potenzial von IoT ausschöpfen – aber wie?

Um das enorme Potenzial von IoT aber vollends ausschöpfen zu können, müssen zunächst einige grundlegende Bedingungen erfüllt sein. «Dazu gehört eine gute Datenqualität, welche auf einheitlichen Standards basiert wie beispielsweise der International Building Performance & Data Initiative und durchgängige digitale Planungs- und Managementprozesse», weiss Peter Staub. Er räumt jedoch ein: «Auch hier besteht noch enormer Handlungsbedarf, denn viele im Bauprozess erhobene Daten werden inkonsequent in der Nutzungsphase wiederverwendet. Dabei wären gerade diese Daten für einen effizienten Einsatz von IoT sehr wertvoll.» BIM habe sich mittlerweile als Methode und Standard für das Gebäudedatenmodell durchgesetzt, sei aber in der Umsetzung im gesamten Lifecycle, von der Planung und Herstellung bis hin zur Reparatur, Wartung und dem Rückbau nach wie vor noch zu wenig umgesetzt. 

Der Sicherheitsaspekt darf nicht unterschätzt werden

Daten nehmen in der zunehmend digitalisierten Welt einen hohen Stellenwert ein. Diese gilt es, vollumfänglich zu schützen. «Der wichtigste Sicherheitsaspekt bei der Digitalisierung von Gebäuden ist der Umgang mit den erhobenen und verwendeten Daten. Dafür ist es unumgänglich, Dateneigentum, Nutzerrollen, Zugriffsrechte, Datenhoheit und Datensicherheit klar zu definieren. Je intelligenter Gebäude werden, umso anfälliger werden sie für Cybercrime-Angriffe, durch welche schon ganze Immobilien lahmgelegt wurden!», warnt der Experte. Er zieht als Fazit: «IoT erfordert neben technischen Kompetenzen also auch neue Kompetenzen im Rechts- und Sicherheitsbereich!» Denn es gehe bei IoT nicht darum, möglichst viele Daten zu sammeln, sondern vor allem jene, welche auf fundierten, durchdachten Geschäftsmodellen beruhen. «Nicht alles, was machbar ist, ist sinnvoll!», fasst Peter Staub prägnant zusammen.

Ein Blick in die Zukunft

Dass die Digitalisierung jene Entwicklung ist, die unser Leben mit am meisten prägt, dürfte unbestritten sein. Welche Trends lassen sich diesbezüglich in der Bau- und Immobilienbranche festmachen? «Im Moment sind viele Trends erkennbar, wie beispielsweise die ständig wachsende Anzahl von digitalen Plattformen oder darauf basierenden Ökosystemen», berichtet der Experte. «In Immobilien-Ökosystemen arbeiten verschiedene Unternehmen auf der Basis eines gemeinsamen Wertversprechens (Value Proposition) als Kunden und Lieferanten zusammen und schaffen Mehrwerte für alle Beteiligten.» Sie nutzen gemeinsam Daten des digitalen Abbildes des Gebäudes, nämlich als sogenannter digitaler Zwilling. «Dazu gehören eben auch verhaltensbezogene Daten, welche mit IoT ermöglicht werden. Die Bedeutung von IoT wird sich somit in den nächsten Jahren noch massiv erhöhen», prognostiziert Peter Staub.

Die Bedeutung von digitalen Zwillingen

Digitale Zwillinge nehmen in Sachen Digitalisierung der Bau- und Immobilienbranche ebenfalls eine tragende Rolle ein, wie der Experte betont: «Digitale Zwillinge, welche auf BIM und IoT basieren, bilden ganz klar das Herzstück der immobilienbezogenen Informationssysteme der Zukunft.» Dabei bestehe das grosse Kunststück nicht darin, möglichst viele Daten zu führen, sondern die Qualität der vorhandenen Daten so sicherzustellen, dass zuverlässige Aussagen gemacht werden können, beispielsweise im Rahmen eines Verkaufs, Umbaus oder Bewertung. «Denn wenn die Datenqualität gut ist, ergeben sich durch den Einsatz von erweiterten Analyse- und Prognosetechnologien wie Artificial Intelligence noch ganz andere Möglichkeiten! Man kennt nicht nur das aktuelle Verhalten der Gebäude, sondern kann auch dessen zukünftiges Verhalten voraussagen. Dann wird’s richtig spannend», hält Peter Staub fest. Der Erfolgszug von IoT in der Bau- und Immobilienbranche ist also noch lange nicht vorbei – er hat gerade erst begonnen.

Text Lars Gabriel Meier

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