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Nachhaltigkeit Innovation

Recycling von Plastik in der Schweiz

12.04.2019
von SMA

Die Schweiz sieht sich selber gerne als Vorzeigeland, wenn es um die Wiederverwertung von Abfallstoffen geht. Und obschon Recycling hierzulande wirklich fleissig praktiziert wird, befinden wir uns in einer entscheidenden Kategorie im Hintertreffen: der Wiederverwertung von Kunststoffabfällen. Welche Folgen das für die Umwelt hat und wie man die Lage verbessern könnte, haben wir bei Branchenkennern nachgefragt.

Glas, Aluminiumverpackungen und Stahlblech – diese drei Güterkategorien stellen sozusagen die «Recycling-Paradedisziplinen» der Schweizerinnen und Schweizer dar. Denn gemäss den Erhebungen von «Swiss Recycling» weisen sie hierzulande eine besonders hohe Sammel- und Verwertungsquote auf, zwischen 86 und 96 Prozent (Stand 2016). Wird die Schweiz ihrem Ruf als Recycling-Nation also gerecht? Leider nur teilweise, erklären Branchenkenner wie der Verein Schweizer Plastic Recycler.  Denn es gebe bei uns zwei ganz grosse Potenziale im Bereich der Verwertung, die wir nicht ausschöpfen: Biomasse und Kunststoffe.

Gerade der Bereich der Kunststoffe sei problematisch, betonen Experten. Nun mag man zwar einwenden, dass die PET-Rücklaufquote mit rund 83 Prozent durchaus hoch ausfällt. Doch leider macht PET nur einen vergleichsweisen kleinen Anteil am Plastikverbrauch aus. Schaue man sich die Zahlen an, zeigt sich, dass nur gerade elf Prozent des Kunststoffes zurückgeführt werden. Und da ist PET bereits miteinberechnet. Wie aber kommt es zu dieser schlechten Quote? Ein grosses Problem ergibt sich beim Haushaltsabfall. Hier falle laut Fachleuten viel Plastik an, der leider direkt im Kehrichtsack verschwinde: Einpackfolien, Tragtaschen sowie Joghurtbecher sind nur einige Beispiele dafür.

Ein grosses Problem ergibt sich beim Haushaltsabfall.

Grosse CO2-Belastung

Die Folgen für die Umwelt sind beträchtlich. Zur Veranschaulichung: Das Verbrennen von einem Liter Diesel führt zu 2.65 Kilo CO2. Verbrennt man hingegen ein Kilo Plastik, entstehen dabei bei Polyethylen sogar 3,14 Kilo. Dies sei spätestens jetzt, in Zeiten in denen «Klimaschutz» und «CO2-Reduktion» soviel Aufmerksamkeit erfahren, nicht tragbar.

Leider gehe in der öffentlichen Diskussion die Rolle der Kunststoffe noch immer vergessen. Aus diesem Grund müsse man die Konsumenten dringend aufklären. Das alleine reicht aber noch nicht: Fachleute betonen, dass es auch Infrastrukturen braucht, die das Recyceln von Plastikabfällen erleichtern. Dies zu erreichen sei allerdings alles andere als leicht. Denn hierzulande gebe es eine starke Lobbying-Gruppe, die an den bestehenden Strukturen festhalten will und sich für die Verbrennungsanlagen einsetzt. Die Betreiber derselben befürchteten offenbar, dass durch eine separate Trennung von Plastikmüll die Auslastung der Verbrennungsanlagen nicht mehr gegeben sei. Dies hat damit zu tun, dass Plastik rund 50 Prozent des Volumens eines durchschnittlichen Abfallsacks ausmacht. Darum werde die Angst geschürt, dass man durch Kunststoff-Recycling nicht mehr über genügend Brennstoff verfüge.

Plastik ist nicht gleich Plastik

Wie gross ist das Potenzial für die Verwertung von Plastik tatsächlich? Man kann zwar nicht jede Art von Plastik wiederverwerten – aber viele. Dazu gehören Tragtaschen, Schrumpffolien (in die bspw. WC-Rollen verschweisst werden), Blumentöpfe sowie Behälter für Milchprodukte. Gesamthaft könnte man rund 77 Prozent der Kunststoffe dem Recycling zuführen. Bei den restlichen 23 Prozent handelt es sich um sogenannte «Verbundstoffe», die man aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht mehr verwerten kann. Recycling-Fachleute sehe eine Kunststoff-Verwertungsquote von 70 Prozent als realistisch und erstrebenswert an.

Man kann zwar nicht jede Art von Plastik wiederverwerten – aber viele.

Natürlich kommt bei der Erreichung dieses Ziels nicht nur den privaten Haushalten eine wichtige Rolle zu, sondern auch dem Gewerbe. Betriebe können sofort konkrete Schritte unternehmen, um das Plastik-Recycling anzutreiben. In den meisten Fällen kümmert sich ein regionales Entsorgungsunternehmen um die anfallenden Abfälle. Fragen Sie dort ganz einfach nach, ob man in Sachen Plastikverwertung etwas unternehmen könne. Man kann auch leicht externe Experten beiziehen – etwa vom Verein Schweizer Plastic Recycler.

Eine echte Kreislaufwirtschaft schaffen

Viele Kunststoff-Verpackungen, die heute im Umlauf sind, können nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand rezykliert werden. Um die Kreislaufwirtschaft bei Kunststoff-Verpackungen zu fördern, haben sich Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette zur «Allianz Design for Recycling Plastics» zusammengeschlossen. Die Allianz strebt an, das Recycling einfacher, transparenter, hochwertiger und marktfähiger zu machen – mit dem Ziel, die Umweltbelastung, die durch Kunststoff-Verpackungen entsteht, zu reduzieren. Dafür sollen Massnahmen ergriffen werden, die einen ressourcenschonenden Einsatz der Rohstoffe ermöglichen und sowohl zu einem vermehrten Einsatz hochwertiger Kunststoffrezyklate, einer recyclinggerechten Konstruktion von Produkten und Verpackungen (Design-for-Recycling) als auch einem nachhaltigen, abfallvermeidendem Konsum kunststoffhaltiger Produkte führen. Zuletzt muss eine einheitliche und flächendeckende Erfassung der Kunststoffabfälle (Sammelsystem) eine hochwertige stoffliche Verwertung ermöglichen.

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