Spätestens die Verteilung des Corona-Impfstoffes hat zu einer verstärkten «Coopetition» unter Supply-Chain-Wettstreitern geführt. Oder nicht?
Die Problematik ist vielschichtig: Viele Länder unterstützen sich gegenseitig während der Coronapandemie. Der Schulterschluss zeigt sich bei der Herstellung der Impfstoffe, aber auch bei der Verteillogistik bis hin zu den Impfzentren. Um in der Coronakrise wettbewerbsfähig zu bleiben, entwickeln Unternehmen pragmatische und teils kreative Lösungen. Strategische Kooperationen mit Wettbewerbern, besser bekannt unter dem Buzzword «Coopetition», rücken zunehmend in den Fokus. Alle Beteiligten versuchen mit vereinten Kräften, das Virus zu stoppen.
Aber auf dem gesamten System lastet auch ein grosser Druck. Kann etwa eine Volkswirtschaft nicht produzieren, weil sie sich im Lockdown befindet, erzeugt dies einen Ausfall. Ein Ausfall an Gütern, Leistungen und entsprechend auch Geld. Die Zulassungsbehörden werden durch die Politik und die Gesellschaft unter Druck gesetzt. Impfstoffe durchlaufen vordefinierte Phasen. Während Corona ist dies nicht immer der Fall und Phasen der Entwicklung werden abgekürzt. Dies wiederum schürt das Misstrauen in der Gesellschaft und ruft Skeptiker*innen auf den Plan. Verdacht auf Bevorteilungen, Marktabsprachen und streben nach Marktmacht werden laut.
Pharma Supply Chain
Schulterschlüsse sind entlang der gesamten Supply Chain auszumachen. Kooperationen unterstützen sich bei der Bewältigung während der Pandemie und nun auch bei der Prävention. Noch nie haben Pharmaunternehmen und Forschungseinrichtungen so schnell auf einen neuen Erreger reagiert wie auf das neue Coronavirus Sars-CoV-2, das die Krankheit Covid-19 hervorruft. Sie entwickeln Impfstoffe, erproben vorhandene Medikamente auf ihre Eignung, entwickeln neue Arzneimittel und unterstützen die Gesundheitssysteme schwer betroffener Länder, wie Interpharma schreibt. Lonza stellt für Moderna her, was dem Wallis einen Personalzuwachs beschert hat, der die ganze Region aufwertet: Kitas werden gegründet, Wohnraum gewinnt schlagartig an Wert und die Infrastruktur wird modernisiert. Es resultiert ein Boom für die ganze Region. Anderseits spannen mächtige Pharmariesen wie Pfizer, Roche oder Johnson&Johnson mit innovativen kleineren Unternehmen zusammen und schmieden Allianzen.
Lokal herstellen und verkaufen
Spätestens seit der ersten Coronawelle hat ein Umdenken stattgefunden. Insbesondere die Verknappung des Schutzmaterials hat die Fragilität der Supply-Chain-Netzwerke des Gesundheitswesens offengelegt. Der Trend zur Globalisierung birgt Risiken, insbesondere bei geschlossenen Grenzen und Ausnahmezuständen, wie man letztes Jahr gesehen hat. Im Eiltempo baute man lokale Produktionen auf. Schutzmaterial stellte man lokal her und verkaufte es auch lokal, da es keine Konkurrenz gab. Später entspannte sich die Lage und die Preise für Schutzmaterial sanken wieder.
Vertrauen schaffen
Ob Schutzmaterial oder originale Impfstoffe: Bei der pharmazeutischen Supply Chain ist die Rückverfolgbarkeit eminent wichtig. Eine grosse Herausforderung liegt in der Transparenz: Sind die Produkte echt, unverfälscht, entlang der Supply Chain nicht durch Fälschungen ausgetauscht sowie korrekt transportiert worden? Immer wieder werden Hunderte von illegalen Impfstoffen beschlagnahmt und Verhaftungen auf mehreren Kontinenten durchgeführt. Um so wichtiger ist es momentan, Vertrauen für die globale Covid-19-Supply-Chain zu schaffen.
Das White Paper «Securing trust in the global Covid-19 supply chain» von Deloitte in enger Zusammenarbeit mit GS1, ein weltweites Netzwerk von Non-Profit-Organisationen, zeigt die Herausforderungen, welche die Lieferkette für Covid-19-Impfstoffe zu bewältigen hat. So muss eine sichere, fehlerfreie sowie termingerechte Supply Chain vom Produzenten bis zum Impfempfänger gewährleistet werden. Das Schreiben verdeutlicht zudem die Notwendigkeit von globalen Standards. Durch GS1 Standards werden die Sicherheit, Transparenz und Rückverfolgbarkeit erhöht. Mit dem Rollout der Covid-19-Impfstoffe müssen Stakeholder aus der ganzen Welt zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass einerseits die Impfstoffe verfügbar sind und andererseits auch die Lieferkette sicher ist.
Globale Standards gefragt
Das Entscheidende bei dieser Zusammenarbeit ist, dass mögliche logistische Anforderungen und Engpässe früh erkannt werden können und Handlungen darauf abzielen die fragile Lieferkette zu stützen. Deshalb ist eine kontinuierliche und nahe Interaktion zwischen Gesundheitsdienstleistern, Regierungsverantwortlichen, Regulierungsbehörden, Gesundheitsbehörden, Impfstoffempfängern und der Industrie notwendig. Globale Standards gewährleisten die Sicherheit der Supply Chain, erhöhen die Patientensicherheit und schaffen Vertrauen in weltweit vertriebene Impfstoffe, Medikamente und Medizinprodukte. Die Vermittlung von Transparenz und ein offener Umgang mit Informationen aller in der globalen Covid-19-Lieferkette beteiligten Parteien sind essenziell, um der grossen Unsicherheit der Öffentlichkeit zu begegnen. Jeder hat ein Recht auf höchstmögliche Sicherheit und Transparenz. So gesehen hängt die Bewältigung dieser Herausforderung von allen Beteiligten ab.
Webinar zum Thema Fake-Impfstoffe
Aktuell ist der Kampf gegen Fake-Impfstoffe ein zentrales Thema bei GS1. Deshalb findet am Dienstag, 16. März 2021 ein Covid-19-Podiumstalk mit Ulrike Kreysa, Ulrike Kreysa, Senior Vice President Healthcare, GS1 Global Office, Chair Joint Initiative Council, und Roland Weibel, Branchenmanager Gesundheitswesen von GS1 Switzerland, statt. Das Webinar ist kostenlos. Mehr Infos: www.gs1.ch
Text Mohan Mani
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