Damit die Schweiz die Energiewende erfolgreich vollziehen kann, ist ein gesellschaftlicher Wandel nötig: Denn nur wenn Staat, Unternehmen und Konsumenten bewusst mit endlichen Ressourcen umgehen, klappt der Umstieg auf erneuerbare Energien. Doch die Energiewende setzt einen weiteren wesentlichen Wandel voraus – einen technischen.
Es klingt einleuchtend: Anstatt Energie aus Nuklearkraft oder fossilen Brennstoffen wie Kohle und Öl zu gewinnen, macht man sich die Kräfte von Sonne, Wind und Wasser zu Nutze. Diese Art der Stromerzeugung schont die Umwelt und ist somit nachhaltig. Zudem sind diese Energiequellen prinzipiell unbeschränkt verfügbar. Gleichzeitig wird die Gewinnung von nachhaltigem Strom dank des technischen Fortschritts immer effizienter. Diese Faktoren machen die «saubere» Energie immer wettbewerbsfähiger. Hinzu kommt, dass auch Verbraucherinnen und Verbraucher nachhaltige Energie vermehrt einfordern.
Der Schweizer Strommarkt befindet sich dementsprechend im Wandel: Während 2016 gemäss Bundesamt für Energie (BFE) der gesamte erneuerbare Anteil am schweizerischen Elektrizitätsverbrauch bei rund 55 Prozent lag, waren es 2018 bereits 62 Prozent. Interessant ist die Zusammensetzung dieses erneuerbaren Energiemix: 56 Prozent stammen aus Grosswasserkraft und rund sechs Prozent aus Photovoltaik, Wind, Kleinwasserkraft sowie Biomasse.
Technisch anspruchsvoll
Dieser Trend ist zwar begrüssenswert ist und verläuft auch im Sinne der «Energiestrategie 2050» des Bundes. Dennoch stellt die Energiewende gleichzeitig auch Herausforderungen an die Betreiber der Stromnetze. Das Grundproblem: Zwar sind erneuerbare Energien prinzipiell unlimitiert verfügbar – aber eben nicht zu jeder Zeit. Der Zusammenhang liegt auf der Hand: Scheint keine Sonne, stoppt die Stromproduktion der Photovoltaikanlagen. Herrscht nicht genügend Niederschlag, stockt die Produktion im Wasserkraftwerk. Weht kein Wind, dreht keine Turbine.
Warum ist das problematisch? Weil sich elektrische Energie noch immer nur vergleichsweise ineffizient speichern lässt. Das bedeutet, dass während der «Aufbewahrung» stetig Energie verloren geht. Gleichzeitig kann man Strom aus erneuerbaren Quellen nicht «on demand» produzieren, sondern eben nur dann, wenn die Gegebenheiten durch die Natur stimmen. Das könnte theoretisch zu Versorgungsengpässen führen. Zum Beispiel dann, wenn tagsüber zwar viel Solarstrom generiert wird, dieser aber genau abends, wenn der Strombedarf deutlich höher ist, nicht zur Verfügung steht. Ein weiteres Problem stellt gemäss BFE die zunehmend dezentrale Stromversorgung dar: Statt grosser Kraftwerke werden in Zukunft immer mehr Privathaushalte und Bürogebäude zu Stromlieferanten. Diese Quellen sinnvoll zu bündeln und die «Energielogistik» der Stromnetze zu sichern, ist komplex.
Smarte Bausteine schaffen ein intelligentes Netz
Wie kann man diesen Herausforderungen begegnen? Gemäss BFE kommen hier die intelligenten Netze ins Spiel, sogenannte Smart Grids. Als ein Smart Grid versteht man ein elektrisches System, das unter Einbezug von Mess- sowie digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien den Austausch elektrischer Energie aus verschiedenen Quellen mit den Konsumenten sicherstellt. Smart Grids sind also in der Lage, dank intelligenter Steuerung die fluktuierende Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energien mit dem Stromverbrauch auszubalancieren. Smart Grids sind somit das Resultat der Digitalisierung der Stromnetze. Sie gewährleisten damit laut BFE «einen sicheren, effizienten und zuverlässigen System- und Netzbetrieb.» Gleichzeitig tragen sie dazu bei, den Netzausbaubedarf zu verringern.
Smart Grids sind das Resultat der Digitalisierung der Stromnetze.
Damit das System aber überhaupt weiss, wer welchen Strombedarf hat, wer wie viel Energie produziert und wo mögliche Engpässe entstehen, müssen diese Daten an der Quelle gesammelt werden. Hier kommen die Smart Meter ins Spiel. Dabei handelt es sich um intelligente Messsysteme, die das BFE als wichtige Elemente der intelligenten Stromnetze bezeichnet. Smart Meter übermitteln den Stromverbrauch der Kunden automatisch an den Energieversorger. Sie sind ins Kommunikationssystem des Smart Grids eingebunden. Dadurch sollen sie künftig in der Lage sein, die Distribution von Strom bedarfsgerecht mitzusteuern. Damit tragen Smart Meters zur Erhöhung der Energieeffizienz bei und unterstützen die neuartigen Funktionalitäten des Netzes. Intelligente Messsysteme sind dementsprechend ein integraler Bestandteil der «Energiestrategie 2050».
Kompetenz in der Datenverarbeitung nötig
Damit tausende Smart Meters Informationen sammeln können, die dann zum Smart Grid gebündelt werden, müssen Unmengen an Daten gesammelt, ausgewertet und interpretiert werden. Das stellt ganz neue Herausforderungen an die Betreiber der Netze und deren IT-Infrastruktur. Fachleute betonen, dass man sich hierfür die Prinzipien von Big Data zu eigen machen muss. Das bedeutet, dass derart grosse Datenvolumen verarbeitet werden müssen, dass gewöhnliche Methoden an ihre Grenzen stossen. Die Netzbetreiber werden sich daher überlegen müssen, wie sie mit der künftigen Datenflut umzugehen gedenken und welche technischen Mittel ihnen dafür zur Verfügung stehen. Ebenfalls wichtig werde es gemäss Marktkennern sein, dass diese technischen Abläufe Anbieter-unabhängig ablaufen können, damit keine Sollbruchstellen entstehen. Das wiederum setzt voraus, dass die Datenverarbeitung System- und Plattform-unabhängig funktionieren muss. Die dafür notwendige Koordination wird eine Herausforderung darstellen.
Text SMA
Schreibe einen Kommentar