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IT

No-Code & Low-Code: Wir alle sollen programmieren

14.04.2023
von Calvin Huber

Die Digitalwirtschaft beklagt einen Mangel. Ganze 40 Millionen Arbeitsplätze für neue fähige IT-Entwickler:innen bleiben derzeit unbesetzt. Im Jahr 2030 werden es bereits 85,2 Millionen sein. Ohne sie kann die Wirtschaft nicht in dem zu erwartenden Umfang wachsen. Low-Code und No-Code sollen für Schweizer KMU die Rettung sein. Aber worum handelt es sich hierbei genau?

Low-Code und No-Code können als Abstufungen des Programmierens verstanden werden. Nicht jede Anwendung benötigt die volle Aufmerksamkeit von Entwickler:innen. Auch muss nicht jede Anwendung für ihren Endnutzen hochkomplex gestaltet werden. Hierarchisch betrachtet befindet sich Low-Code auf der mittleren Stufe der Kapazitäten und No-Code auf der untersten. Dies ist keinesfalls als Nachteil zu verstehen. Es ist eher eine neue Möglichkeit, für ein Problem passende Lösungsansätze zu finden. Die maximale Lösung bei minimalem Aufwand. Es ist deshalb nicht überraschend, dass 35 Prozent der deutschen Unternehmen auf Low-Code- oder No-Code-Lösungen setzen. Dies besagt eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom. Am häufigsten nehmen diese Lösungen die Form eines Chatbots an, die Kundenanfragen bearbeiten. 

Der erste Schritt zur Digitalisierung

No-Code-Lösungen ermöglichen Unternehmen mit minimalem Budget oder auch Einzelpersonen ohne Programmiererfahrung, Anwendungen zu entwickeln. No-Code-Tools zeichnen sich durch grafische Benutzeroberflächen und vorerstellten Vorlagen aus. Anwendungen können so aus verschiedenen Bausteinen zusammengesetzt und anschliessend getestet werden. Der Prozess des Programmierens wird leicht verständlich dargestellt und automatisiert. Laut einem Bericht der Firma Redhat kann dies bis zu 90 Prozent der Entwicklungszeit einsparen. Auch ist die Einarbeitungszeit in No-Code-Tools im Vergleich zum klassischen Programmieren verkürzt. Durchschnittlich redet man hier von weniger als einem Monat, bevor man diese beherrscht – ohne Vorwissen von Programmierung zu besitzen. Damit kann die bereits vorhandene IT-Abteilung in einem Unternehmen entlastet werden. Die Fachabteilungen können selbst die benötigten Werkzeuge erstellen, um effizient arbeiten zu können. Das Resultat sind spezifisch auf ihren Aufgabenbereich fokussierte Apps, die schneller zum Einsatz kommen können. Der klassische Prozess mit verschiedenen Versionen und Test-Stadien kann bei diesem Vorgehen übersprungen werden. Eine automatisierte Inventarliste, UI-Apps oder Front-End-Anwendungen wie die oben bereits erwähnten Chatbots eignen sich als Kandidaten, um mit No-Code erstellt zu werden. Was zu beachten ist: No-Code-Tools haben eine Obergrenze ihrer Kapazitäten. Gewisse komplexe Anwendungen können nicht mit No-Code erstellt werden, da die bereitgestellten Bausteine nicht ausreichen, um den Anforderungen gerecht zu werden. Das ist der Kompromiss, den man eingehen muss, wenn man ohne Programmieren auskommen will.

Das ist der Kompromiss, den man eingehen muss, wenn man ohne Programmieren auskommen will.

Das neue Programmieren

Für fortgeschrittene Anwendungen eignen sich Low-Code-Tools. Im Gegensatz zu No-Code zeichnet sich Low-Code dadurch aus, dass in ihnen auch klassisch programmiert werden kann. Man ist nicht mehr an das Baukastensystem gebunden und kann freier in seiner Gestaltung sein. Logischerweise setzt dies ein gewisses Grundverständnis der gewählten Programmiersprache voraus. Im Verhältnis zur klassischen Programmierung kann aber immer noch ein enormer Arbeitsaufwand eingespart werden. Low-Code kombiniert die Automatisierung aus No-Code-Tools mit der Flexibilität des klassischen Programmierens. Mögliche Nutzende sind somit die eigene IT-Abteilung oder einzelne Entwickler:innen, die mit diesen Anwendungen effizienter arbeiten können. Das ermöglicht eine schnellere Markteinführung von Projekten und senkt die Kosten der Entwicklung um ein Vielfaches. Von 300 000 Franken auf 5000 Franken, um genau zu sein. Dies besagt ein Bericht des Unternehmens AppMySite. Ebenfalls erlaubt es eine schnellere Bearbeitung und Erstellung von relativ simplen IT-Lösungen, die trotzdem essenziell für die Arbeit einer Fachabteilung sein können. Im Idealfall kann ein technikaffiner Mitarbeiter oder Mitarbeiterin mit einem Grundverständnis in Sachen Programmieren das Zepter bei der Entwicklung übernehmen. Diese sogenannten «Citizen Developer» bilden so die Schnittstelle zwischen IT und Endnutzenden und stehen im ständigen Austausch mit den Entwickelnden. Die IT übernimmt eine beratende Rolle und muss bloss noch gewährleisten, dass keine Sicherheitsrisiken entstehen. Auf diese Weise wird die Arbeitslast, die zuvor nur auf einer Abteilung lag, auf die Gesamtheit eines Unternehmens verteilt. Der Vorteil besteht darin, dass die Endnutzenden somit eigene Lösung entwickeln können. Und diese wissen am besten über die Anforderungen an die Lösungen Bescheid. 

Eine gemeinsame Lösung

Die Vorteile für Schweizer KMU sind klar ersichtlich. Nicht jedes Unternehmen kann es sich leisten Entwickler:innen, geschweige denn eine ganze IT-Abteilung einzustellen. Talente, die sich in diesem Bereich auskennen, sind stark umkämpft. Dennoch werden Anwendungen benötigt, um interne Prozesse kostengünstiger und benutzerfreundlicher zu gestalten. Ein erster Schritt, dieses Problem zu bekämpfen, ist die Senkung der Einstiegshürde ins Programmieren. Das gesamte Wissen und Können eines Unternehmens kann so synergetisch genutzt werden, um gemeinsam die nötigen Programme zu entwickeln. Auf diese Weise stellen No-Code und Low-Code einen neuen Weg hin zur Automatisierung dar. 

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