eine frau berichtet über ihre erfahrungen während einer gruppentherapiesitzung zur psychischen gesheit. multirassische frauen nehmen an einer selbsthilfegruppe teil,  in einem kreis sitzt. symbolbild expertinnenpanel über  herausforungen von frauen
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Die Frau

Welche Herausforderungen bestehen Ihrer Erfahrung nach weiterhin für Frauen?

29.03.2025
von SMA
Prof. Dr. Tanja Zimmermann,Direktorin Empa

Prof. Dr. Tanja Zimmermann
Direktorin Empa

Als erste Frau in der 145-jährigen Geschichte der Empa, die die Position der Direktorin innehat, habe ich die Erfahrung gemacht, dass weibliche Führungspersönlichkeiten noch immer mit tief verankerten Stereotypen konfrontiert werden. Die Notwendigkeit, die eigene Kompetenz stets aufs Neue unter Beweis zu stellen, ist dabei ein zentrales Element. Während Männer in Führungsrollen als durchsetzungsstark wahrgenommen werden, wird das gleiche Verhalten bei Frauen oft kritisch hinterfragt. Zudem sind viele Netzwerke auf C-Level-Ebene weiterhin männlich dominiert, was den Zugang für Frauen oft erschwert.

Ein weiteres strukturelles Hindernis stellt die Vereinbarkeit von Familie und Karriere dar. Nach wie vor sind gesellschaftliche Erwartungshaltungen unausgewogen und es ist längst nicht selbstverständlich, dass die familiäre Verantwortung gleichmässig auf beide Partner verteilt wird. In meiner Rolle als Direktorin habe ich zudem festgestellt, dass Diversität auf den oberen Führungsebenen kein Selbstläufer ist – die Zusammenstellung meines Direktionsteams mit ausgewogener Geschlechterverteilung war eine Herausforderung.

Um diesen Barrieren zu begegnen, habe ich unter anderem gezielt starke Netzwerke aufgebaut, die eigene Kommunikationskompetenz geschärft und ein Führungsteam geformt, in dem wir einen offenen und vertrauensvollen Umgang pflegen. Entscheidend war für mich auch, eine gewisse Resilienz zu entwickeln, belastende Situationen nicht persönlich zu nehmen und stets auf konstruktives Feedback zu fokussieren.

Mein Rat an Frauen, die ähnliche Wege beschreiten möchten: Unterstützung suchen, Netzwerke aufbauen, Chancen ergreifen und Erfolge mit Selbstbewusstsein kommunizieren. Zudem darf man sich nicht von Hindernissen und Rückschlägen entmutigen lassen – denn mit der richtigen Strategie und einem starken Umfeld lassen sich selbst verkrustete Strukturen durchbrechen.


Jackie Helfenberger,Unternehmerin Neza Rwanda und Präsidentin Hotellerie-Berufsschule Sangira

Jackie Helfenberger
Unternehmerin Neza Rwanda und Präsidentin Hotellerie-Berufsschule Sangira

Als Unternehmerin von Neza Rwanda, einem Reisebüro für Spezialreisen, sowie Präsidentin der Hotellerie-Berufsschule Sangira in Ruanda begegne ich strukturellen und interkulturellen Herausforderungen.

Ruanda als sichere, atemberaubende Reisedestination zu positionieren, erfordert gezieltes Marketing und Innovationsgeist. Die Attraktivität von Spezialreisen zu steigern, verlangt Marktkenntnis und klare Kommunikation. Die Führung der Hotellerieschule Sangira stellt zusätzliche Herausforderungen: Fundraising, finanzielle Stabilität und Kooperationen mit Schweizer Hotelfachschulen erfordern organisatorisches Geschick. Die Zusammenarbeit mit lokalen Betrieben und die Integration von Volontär:innen bedürfen ständiger Anpassung. Die digitale Transformation bringt weitere Herausforderungen, von datengetriebenem Marketing bis zur Nutzung sozialer Medien. Mein mehrmonatiger Aufenthalt in Ruanda jedes Jahr ermöglicht mir, aktuelle Entwicklungen flexibel in Projekte einzubinden.

Unkonventionelles Denken und eine lösungsorientierte Herangehensweise helfen, Herausforderungen zu meistern. Authentische Kommunikation, Kundennähe und klare Prioritäten sind essenziell. Mut, Leidenschaft und ein starkes Netzwerk sind Schlüsselfaktoren für Erfolg. Der Austausch mit Unternehmerinnen, besonders im Frauennetzwerk VCHU, ist wertvoll. Ebenso wichtig ist ein unterstützendes Umfeld.

Mein Credo: «Es gibt immer eine Lösung!» Herausforderungen sind Wachstumschancen. Die Sangira Hotellerieschule wurde mit 3000 CHF gegründet und ist auf einem vielversprechenden Weg – doch wir sind weiterhin auf Unterstützung angewiesen. Der bisherige Fortschritt zeigt: Mit Entschlossenheit sind selbst scheinbar unmögliche Vorhaben realisierbar. Meine Botschaft an Frauen: Gut überlegen – dann loslegen! Der Weg entsteht im Gehen. Grosses beginnt oft klein – wenn man bereit ist, Risiken einzugehen und mit Leidenschaft für seine Vision einzustehen.


Gabrielle Cacciatore-von Mandach,Gründerin womenbiz, Unternehmerin, Coach

Gabrielle Cacciatore-von Mandach
Gründerin womenbiz, Unternehmerin, Coach

Ein zentrales Hindernis für Frauen ist oft, dass sie «zu wenig gross denken», zu wenig Selbstvertrauen, zu wenig verfügbares Kapital zum Investieren haben. Viele Gründerinnen verzichten bewusst auf Fremdfinanzierung oder haben zu wenig Rücklagen für die Startphase. Dadurch fehlen ihnen Ressourcen, um zu skalieren, ein Team aufzubauen oder nachhaltig zu wachsen. Sie übernehmen viele operative Aufgaben selbst – oft auf Kosten strategischer Entscheidungen und langfristiger Entwicklung.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer klaren Vision. Wer genau weiss, wohin er möchte, trifft Entscheidungen schneller und bewusster. Mein Leitsatz: «Fokussiere dich auf dein Potenzial und delegiere den Rest – beruflich wie privat.» Wachstum erfordert starke Teams, klare Prozesse und strategische Weitsicht. Erfolg bedeutet mehr als wirtschaftliche Leistung – es geht um Balance zwischen Unternehmertum und persönlichem Wohlbefinden. Frauen haben enormes Potenzial, doch es entfaltet sich nur dort, wo Leidenschaft, Kompetenz und Selbstreflexion zusammentreffen.

Mentor:innen und Netzwerke sind dafür essenziell. Ebenso entscheidend ist finanzielle Unabhängigkeit – sie schafft nicht nur wirtschaftliche Sicherheit, sondern auch mentale Freiheit. Eine klare Positionierung, ein strategischer Marketingmix und optimierte Prozesse sorgen für Stabilität, während Innovation neue Perspektiven eröffnet. Wer an seine Vision glaubt, entwickelt kreative Lösungen und hinterfragt Marktstrukturen.

Mein wichtigster Rat an Frauen: Verfolge deine Vision selbstbewusst, investiere in Weiterbildung, Gesundheit und Beziehungen, um langfristig leistungsfähig zu bleiben.

Ein inspirierendes Umfeld macht den Unterschied – Erfolg entsteht nicht im Alleingang. Frauen sollten ihre Stärken mutig leben, Herausforderungen als Chancen sehen und ihre Vision mit Überzeugung in die Welt tragen. So lassen sich nachhaltige Veränderungen schaffen – in der Wirtschaft, der Gesellschaft und darüber hinaus.


Anja Graf,Group CEO & Chairwoman

Anja Graf
Group CEO & Chairwoman Visionapartments

In der Hospitality-Branche stehen Gründerinnen vor besonderen Herausforderungen – allen voran die Sicherung von Investitionen. Finanzierungsentscheidungen folgen oft etablierten Netzwerken, die nach wie vor stark männlich dominiert sind.

Es erfordert immense Ausdauer, Investor:innen zu finden, die über Stereotypen hinausblicken und an die langfristige Vision glauben. Hinzu kommen sich ständig verändernde Marktbedingungen – von der Digitalisierung über neue Reisegewohnheiten bis hin zu regulatorischen Hürden – die einen flexiblen und innovativen Ansatz erfordern. Für mich war es essenziell, früh auf Digitalisierung und Automatisierung zu setzen. Anstatt traditionelle Modelle der Hotellerie zu übernehmen, habe ich von Beginn an auf eine technologische Infrastruktur gesetzt, die Skalierbarkeit ermöglicht. Kontaktloses Check-in, ein eigenes Property-Management-System und interne digitale Lösungen haben unsere Effizienz maximiert und einen echten Wettbewerbsvorteil geschaffen. Doch über Strategie und Technologie hinaus hat mir vor allem eines geholfen: konsequentes Vertrauen in meine Intuition. Immer wieder wurde mir gesagt, dass bestimmte Ideen nicht funktionieren würden – doch Innovation bedeutet, bestehende Muster zu hinterfragen und unbeirrt an einer Vision festzuhalten.

Mein Rat: Finanzielle Unabhängigkeit sollte oberste Priorität haben. Wer früh die Kontrolle über die eigenen Finanzen gewinnt, sichert sich Entscheidungsfreiheit und langfristige Stabilität. Ebenso entscheidend ist ein ehrliches, kritisches Team – Fachleute, die Perspektiven erweitern und konstruktiv hinterfragen. Der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg liegt darin, den Markt genau zu verstehen, Kundenbedürfnisse kontinuierlich zu antizipieren und digitale Lösungen gezielt zu nutzen. Meine Motivation ziehe ich aus meiner Leidenschaft für Innovation und dem Antrieb, die Branche mitzugestalten. Herausforderungen sind für mich Wachstumschancen. Wer sich in dieser Branche behaupten möchte, braucht Hartnäckigkeit, Risikobereitschaft und Selbstvertrauen.


Sara Leutenegger,Mama, Gründerin, Influencerin

Sara Leutenegger
Mama, Gründerin Social Leaders, Influencerin

Auch ich stehe täglich vor der Herausforderung, Unternehmertum und Familie in Einklang zu bringen. Die Vereinbarkeit von Mutterschaft, Kinderbetreuung und der Führung eines Unternehmens ist oft unzureichend geregelt – flexible und bezahlbare Betreuungsmodelle fehlen häufig. Die traditionellen Rollenbilder setzen uns Frauen zusätzlich unter Druck. Während der Elternzeit oder nach einer Pause ist es oft schwierig, das Unternehmen nahtlos weiterzuführen. Um diesen Hürden zu begegnen, habe ich mir gezielt ein starkes Netzwerk aus Unterstützerinnen und Unterstützern aufgebaut – sowohl innerhalb als auch ausserhalb meiner Branche. Ich habe früh gelernt, meinen eigenen Wert klar zu kommunizieren und für meine Ideen und Visionen einzustehen. Der regelmässige Austausch mit anderen Unternehmerinnen hat mir geholfen, Herausforderungen strategisch anzugehen und meine Position zu festigen.

Ich empfehle anderen Frauen, selbstbewusst aufzutreten und ihren eigenen Wert zu kennen. Statt auf perfekte Vorbereitung zu warten, sollte man den Mut haben, den eigenen Weg zu gehen und sich seiner eigenen Stärken bewusst zu werden. Netzwerken ist ebenso essenziell: Präsenz bei relevanten Veranstaltungen und das aktive Knüpfen von Kontakten öffnen Türen, die man allein oft nicht erreichen kann. Zudem ist es wichtig, die eigene Expertise und Geschichte sichtbar zu machen, etwa über Plattformen wie LinkedIn. Denn je sichtbarer man ist, desto mehr Chancen ergeben sich. Mein grösster Antrieb in schwierigen Zeiten ist mein Team, dem ich zeigen möchte, wie stark Frauen sein können. Gleichzeitig motiviert mich meine Rolle als Mutter: Ich möchte meinen Kindern vorleben, dass Erfolg keine Frage des Geschlechts ist und jede Frau ihren eigenen Weg finden und letztendlich gehen kann. Deshalb appelliere ich an alle, sich nicht von Zweifeln oder gesellschaftlichen Erwartungen zurückhalten zu lassen, sondern selbstbestimmt und mutig voranzugehen – jede erfolgreiche Gründerin hat einmal klein angefangen.


Alyssia Matter,Co-Founder & Chairwoman femella

Alyssia Matter
Co-Founder & Chairwoman femella

femella ist meine Herzensmission. Gemeinsam mit meinen Mitgründerinnen Anna Somm und Antonia Schmidt habe ich einen Networking-Verein aufgebaut, der Frauen verbindet und stärkt. Heute ist unser Team mit 70 engagierten Frauen in fünf europäischen Ländern aktiv – und wächst stetig. Mit dem Wachstum, wuchsen auch unsere Herausforderungen. Was als kleine Gruppe von motivierten Frauen begann, entwickelte sich schnell zu einem internationalen Netzwerk. Unsere Mitgliederzahlen verdoppeln sich alle sechs Monate – das bedeutet mehr Aufwand. Um dies zu bewältigen, setzen wir auf offene Kommunikation und gegenseitige Unterstützung.

Leidenschaft und Raum für Ideen sind entscheidend. Was hilft? Ein starkes Team, das Verantwortung übernimmt. Unverzichtbar war auch unser Advisory Board – erfahrene Frauen, die uns mit Wissen und Netzwerk unterstützten und ermutigten. Was mich antreibt, ist unsere Vision: Frauen nachhaltig zu stärken. Zu sehen, wie unsere Community wächst und Erfolge feiern kann. So hat z. B. ein Mitglied erzählt, dass sie durch einen unserer Workshops die nötigen Tricks lernte, um sich bei der Lohnverhandlung durchzusetzen. Solche Geschichten bestätigen, warum wir tun, was wir tun. Bei femella entwickeln wir ständig Neues – ob App oder Expansion, das hält meine Begeisterung am Leben. Perfektion ist kein Massstab – wichtig ist, den eigenen Weg zu gehen und zu lernen. Das Wichtigste ist, an sich selbst und an seine Vision zu glauben. Denn viele werden ihre Meinungen haben und nicht alle werden überzeugt sein. Wichtig ist, Menschen zu finden, die dieselben Überzeugungen teilen. Unsere Vielfalt an Expertisen und Denkweisen war essenziell – ohne unser Team wäre femella nicht das, was es heute ist.

Meine Botschaft an alle Frauen: Glaubt an euch und eure Vision. Wartet nicht auf den perfekten Moment – wagt den Schritt! Leidenschaft, Mut und das richtige Team machen den Unterschied.

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