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Editorial Finanzen

Finanzwirtschaft als Teil der Lösung

03.04.2024
von SMA
Sabine Döbeli, CEO Swiss Sustainable Finance

Sabine Döbeli
CEO Swiss Sustainable Finance

Die Welt steht vor grossen Herausforderungen und zu deren Bewältigung sind kluge Initiativen gefragt. Damit aus solchen Initiativen konkrete Lösungen entstehen, braucht es nicht nur viel Engagement, Überzeugungskraft und die Kooperation mit den richtigen Partnern, sondern früher oder später auch Finanzmittel. «Geld bewegt die Welt», heisst es umgangssprachlich. Damit kommt der Finanzwirtschaft eine zentrale Rolle zu, wenn Einzelpersonen oder Unternehmen innovative Lösungen in die Praxis umsetzen wollen. Und immer öfter ist es die Finanzwirtschaft, die über ihren Wirkungskreis aktiv dazu beiträgt, dass ein positiver Wandel eingeleitet wird.

Ein konkretes Beispiel dafür ist das Wachstum von grünen Obligationen. Per Mitte 2023 waren an der Schweizer Börse SIX 105 grüne Obligationen gelistet und bis dahin wurden über solche Instrumente insgesamt 19 Milliarden Franken für grüne Projekte oder Aktivitäten bereitgestellt. Dazu zählen unter anderem Gebäude mit Umweltzertifikat, Projekte zur Förderung der Energieeffizienz in der Industrie oder der Bau von Kraftwerken für erneuerbare Energie. Nebst grünen Obligationen finden sich auch solche, die Unternehmen belohnen, wenn sie sich bezüglich Umwelt- und Sozialzielen verbessern, oder solche, die spezifische soziale Ziele wie z. B. den gemeinnützigen Wohnungsbau finanzieren.

Dies bringt uns zu einem nächsten Bereich, nämlich den grünen Hypotheken, die heute schon fast zum Standardangebot von Bankinstituten gehören. Wer für eine Immobilie ein Umweltzertifikat vorweisen kann, erhält von vielen Banken einen reduzierten Hypothekarzinssatz. Ein neueres Angebot sind spezifische Hypotheken für die energetische Sanierung von Altliegenschaften, die ebenfalls oft zu Vorzugskonditionen erhältlich sind. Dass dieses Thema an Bedeutung gewinnt, kommt nicht von ungefähr. Seit Anfang Jahr müssen alle Banken, die Mitglied der Schweizerischen Bankiervereinigung sind, in der Beratung zur Immobilienfinanzierung die langfristige Werterhaltung von Gebäuden – und damit auch die Energieeffizienz – thematisieren. Dadurch können die Kundinnen und Kunden für die Bedeutung energetischer Sanierungen sensibilisiert und gleichzeitig über erhältliche Fördermassnahmen für Gebäudesanierungen informiert werden.

Auch das Anlagegeschäft ist aber ein wichtiger Hebel für positive Veränderungen. Nachhaltige Anlagen gibt es im Schweizer Markt schon seit über 30 Jahren und sie haben sich über die letzten Jahrzehnte rasant entwickelt. Per Ende 2022 wandten rund die Hälfte aller Anlagen einen oder mehrere nachhaltige Anlageansätze an, die vom Ausschluss von Umweltsündern über die Beeinflussung von Unternehmen durch Dialog und Stimmrechtsausübung bis hin zur Auswahl von besonders nachhaltigen Firmen reichen. Die Anlegerinnen und Anleger interessieren sich immer mehr dafür, welche dieser Anlagen schon auf dem Kurs einer klimafreundlichen Wirtschaft sind. Um das messbar zu machen, hat der Bund 2022 die «Swiss Climate Scores» definiert – ein Set von Kennzahlen, das aufzeigt, wie gut eine Anlage auf globale Klimaziele ausgerichtet ist und auch zu deren Erreichung beiträgt. Die sechs Indikatoren illustrieren unter anderem den heutigen Ausstoss an Treibhausgasen eines Portfolios; den Anteil an fossilen Energien, der noch im Portfolio enthalten ist; den Grad der Ausrichtung auf die Pariser Klimaziele sowie das Ausmass aktiver Einflussnahme auf Portfoliounternehmen mit dem Ziel, deren Leistung zu verbessern. Anleger können die Swiss Climate Scores zum direkten Vergleich verschiedener Investments heranziehen und so ihr Geld in klimaverträgliche Investments lenken. Die Zahl der Fondsanbieter, welche die entsprechenden Kennzahlen veröffentlichen, steigt laufend.

Immer mehr Anlegerinnen und Anleger wollen auch wissen, ob ihre Anlagen eine konkrete Wirkung erzielen. Eine Technologie, die dabei eine wichtige Rolle spielen kann, ist die Verwendung von Satellitendaten in Kombination mit Blockchain-Technologie. Sabine Döbeli

Die Finanzdienstleistungen der Zukunft setzen aber auch stark auf neue Technologien. Diese können eine wichtige Rolle dabei spielen, die Nachhaltigkeit von Finanzinstrumenten messbar und transparent zu machen. So werden z. B. KI-Anwendungen in der Nachhaltigkeitsanalyse immer wichtiger. Mittels Algorithmen werden Publikationen und das gesamte Internet in verschiedenen Sprachen durchsucht, um zu erkennen, ob ein Unternehmen besondere Umwelt- oder Sozialrisiken aufweist. KI-Anwendungen unterstützen Firmen zudem dabei, ihre globalen Klimaemissionen verlässlich zu erfassen und zu aggregieren. So verbessert sich die Qualität von Umweltdaten laufend, womit Investoren verlässlichere Informationsgrundlagen für ihre Anlageentscheide haben.

Immer mehr Anlegerinnen und Anleger wollen auch wissen, ob ihre Anlagen eine konkrete Wirkung erzielen. Eine Technologie, die dabei eine wichtige Rolle spielen kann, ist die Verwendung von Satellitendaten in Kombination mit Blockchain-Technologie. So können Satellitendaten Sicherheit vermitteln, dass erneuerbare Energieanlagen tatsächlich gebaut oder dass Aufforstungsprojekte auch wirklich umgesetzt werden. Die Hinterlegung solcher Information auf einer Blockchain stellt sicher, dass entsprechende Informationen nicht nachträglich verändert und Projekte auch nicht mehrfach angerechnet werden.

Nicht nur im herkömmlichen Finanzgeschäft spielen also innovative Technologien eine wesentliche Rolle dabei, Prozesse zu vereinfachen und sicherer zu gestalten. Insbesondere für nachhaltige Finanzen sind sie fast schon die Voraussetzung dafür, dass grosse Datenmengen effizient verarbeitet, Ratings verlässlich berechnet und Wirkungen konkret belegt werden können. Für die Schweiz ist das eine gute Nachricht: Nicht nur verfügt sie über viel Innovationskraft im Bereich Fintech, der Bundesrat hat sich auch zum Ziel gesetzt, sie zu einem führenden nachhaltigen Finanzplatz zu machen. Wenn the «Future of Finance» und «Finance for the Future» Hand in Hand gehen, stärkt dies die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes und trägt dazu bei, dass Kunden zukunftsfähige Finanzlösungen erhalten.

Text Sabine Döbeli, CEO Swiss Sustainable Finance

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