Immer mehr Menschen sind von Allergien betroffen. Neben guter Therapie ist Prävention wichtig.
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Sorglos durchatmen – wo, wann und wie immer wir wollen: Eine Selbstverständlichkeit, die durch die Covid-19-Pandemie mit Maskenpflicht zumindest in unserem Empfinden eingeschränkt wurde. Für zahlreiche Menschen mit Allergien oder Asthma ist das erschwerte Atmen allerdings oft Alltag. Jetzt, wo der Frühling kommt und alles blüht, fliegen die Pollen los und plagen Allergikerinnen und Allergiker bis in den Herbst hinein. Und es leiden immer mehr Personen; während vor 100 Jahren kaum jemand von Heuschnupfen betroffen war, sind es heute 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung. Auch die Anzahl Asthmabetroffener ist weltweit in den letzten fünfzig Jahren von 6 Prozent auf 19 Prozent gestiegen. Diese Trends sind beunruhigend, sie stehen exemplarisch für die Entwicklung aller Allergien.
Wir leben sehr sauber, es gibt nur wenig «Dreck», der unser Abwehrsystem echt herausfordert.
Sereina de Zordo, Leiterin Fachdienstleistungen aha! Allergiezentrum Schweiz
Da stellt sich die Frage: Warum treten Allergien gerade in der westlichen Welt mit ihren hohen Standards in Hygiene und Ernährung so verbreitet auf? Gerade deswegen. Wir leben sehr sauber, es gibt nur wenig «Dreck», der unser Abwehrsystem echt herausfordert. Studien zeigen, dass Bauernhof-Kinder, die mit allerlei Mikroben aus dem Stall konfrontiert sind, seltener an Asthma erkranken. Ihr Immunsystem wird regelrecht geschult; es lernt zwischen gefährlichen und harmlosen Stoffen wie Pollen oder Hausstaubmilben, Tierspeichel, Nahrungsmittel zu unterscheiden. Auch die Ernährung – es kommen oft exotische und industriell verarbeitete Speisen auf den Tisch – spielt eine Rolle: Was wir essen, beeinflusst das Mikrobiom, also die Billionen von Mikroorganismen, die im Darm, aber auch auf der Haut und in den Schleimhäuten leben; diese sind gemäss jüngster Forschung im Austausch mit unserem Immunsystem und bestimmen mit, ob sich eine Allergie entwickelt oder nicht.
Hinzu kommen Umweltbelastung, die unseren Organismus unter Druck setzt, und der Klimawandel, der neue Pflanzen und damit neue Pollen in unsere Breitengrade bringt. Alles in allem: Unser Körper ist enorm herausgefordert und unser Immunsystem kann auf Abwege geraten.
Eine Allergie ist keine Bagatelle
Wichtig dabei: Allergien sind nicht Bagatell-Erkrankungen, auch wenn lebensbedrohliche allergische Reaktionen, wie etwa nach einem Bienenstich, eher selten sind. Wer aber seinen Heuschnupfen oder die Allergie auf Haustaubmilben nicht richtig therapiert, riskiert, dass ein Asthma entsteht – aus einer leichten Allergie wird so eine chronische Atemwegserkrankung. Das ist gerade für Kinder belastend, die überproportional häufig betroffen sind: Was kann die glücklichen Reitstunden ersetzen, wenn die Tochter plötzlich aufs Pferd allergisch reagiert und der Atem wegbleibt? Wie erklärt man seinem Sohn, dass er wegen der Nussallergie am Kindergeburtstag keinen Kuchen essen darf?
Die gute Nachricht: Einige Allergien kann man mit Immuntherapien erfolgreich kurieren, gerade Heuschnupfen und die Insektengiftallergie. Andere sind mit ärztlich verschriebener Therapie und dem richtigen Verhalten im Zaum zu halten – etwa durch das Meiden auslösender Nahrungsmittel oder durch Notfallmassnahmen bei einem allergischen Schock. Schliesslich können präventive Massnahmen das Risiko, eine Allergie zu entwickeln, gar vermindern. Gemeinsam müssen alle – unser Kompetenzzentrum, Ärzte und Ärztinnen sowie Gesellschaft und Politik – ein Ziel verfolgen: Allergien in den Griff bekommen. Damit auch Betroffene ab und zu Luft holen können.
Ganz viel Gesundheit!
PS: Am 25. März 2021 ist Nationaler Allergietag,
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Text Sereina de Zordo
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