Mit mehr Mut kann Deutschland zu den Spitzenreitern der Digitalisierung gehören

Dr. Nabil Alsabah, Bereichsleiter Künstliche Intelligenz beim Digitalverband Bitkom
Deutschland wird im Ausland bewundert. Seine soliden Institutionen gelten als vorbildlich. Die angewandte Forschung wird gelobt, die Qualität seiner Produkte geschätzt und sein Einsatz für Menschenrechte respektiert. Das hat zuletzt die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) weltweit erfragt und in ihrer Studie Deutschland in den Augen der Welt veröffentlicht. Doch geht es um die Zukunftsträchtigkeit Deutschlands, so fragen sich manche, ob das Land der Denker und Dichter nicht zu sehr von den Leistungen seiner Vergangenheit zehrt. Konkret fragt man skeptisch, ob Deutschland im Zeitalter der Digitalisierung den Anschluss verliert.
Skepsis
Ein Grund dafür ist eine inzwischen weitverbreitete Skepsis digitalen Technologien gegenüber. Wir beobachten z.B., wie die Debatte über eine Zukunftstechnologie wie künstliche Intelligenz von Vorstellungen dominiert wird, die direkt aus Science-Fiction-Filmen entspringt. Eine solche Debatte hat wenig mit den recht bescheidenen, aber funktionierenden und spezifischen KI-Lösungen zu tun, um die es eigentlich geht. Hätte die Weltraumforschung in den 1950er- und 1960er-Jahren unter ähnlichen Vorzeichen stattgefunden, es wäre wohl niemand auf dem Mond gelandet – schon nicht aus der Angst heraus, man könnte dort wirklich Außerirdischen begegnen.
Um die eigenen Herausforderungen zu erkennen, lohnt sich manchmal ein Blick auf die anderen. Dr. Nabil Alsabah, Bereichsleiter Künstliche Intelligenz beim Digitalverband Bitkom
Künstliche Intelligenz ist eine große Chance, gerade für Deutschland. Mit KI können wir unsere Kernindustrien für das 21. Jahrhundert wappnen. Mit KI können unsere Startups neue Geschäftsfelder basierend auf Datenanalysen erschließen. Mit KI kann unsere Hochschulforschung in Bereichen wie Medizin, Robotik und Weltraum ihre Spitzenposition weiterhin behaupten.
Ein Blick auf die anderen
Aber wie kommen wir bei der Digitalisierung und bei KI voran? Um die eigenen Herausforderungen zu erkennen, lohnt sich manchmal ein Blick auf die anderen. Den Erfolg Chinas bei Digitalisierung und künstlicher Intelligenz führen wir oft auf eine Mischung von staatlichem Protektionismus und lockeren Datenschutz-Regeln zurück – und beides trifft auch zu und kann kein Vorbild sein. Aber die größte Stärke China s– und die der USA – liegt woanders. Zum einen ist es die Bereitschaft ihrer Unternehmer, Dinge einfach auszuprobieren – wohlwissend, dass sie scheitern können. Zum anderen liegt sie in der größeren Offenheit der Menschen, neuen Technologien gegenüber.
Deutschland muss sich deshalb auf seine Stärken besinnen, in der Industrie, in der Mobilität, im Gesundheitswesen. Diese Branchen müssen wir konsequent digitalisieren – und zugleich die digitale Bildung stärken, von der Schule über die Hochschulen bis zur Weiterbildung im Berufsleben. Und wir müssen neben der derzeit typisch deutschen Risiko-Diskussion viel häufiger eine Chancen-Diskussion führen.
Text Dr. Nabil Alsabah
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