Die grosse Mehrheit der Schweizer Bevölkerung erfreut sich einer guten mentalen Gesundheit und fühlt sich psychisch wenig belastet. Aber immerhin jede 25. Person in der Schweiz klagt über psychische Probleme. Aufhorchen lässt insbesondere, dass Kinder und Jugendliche besonders davon betroffen sind. Wie können wir der nächsten Generation das nötige Werkzeug mitgeben, um sie zu befähigen, ihre psychische Gesundheit zu stärken?
In den letzten Jahren ist die Aufmerksamkeit für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen stark gestiegen – und das aus gutem Grund! Denn Studien zufolge ist ein Drittel der 14- bis 19-Jährigen von psychischen Problemen betroffen, und 45 Prozent der Jugendlichen hatten schon Suizidgedanken. Hinzu kommt ein Mangel an freien Plätzen für eine stationäre oder ambulante Behandlung, was oft in langen und gravierenden Wartezeiten mündet.
Psychische Gesundheit: ein integraler Bestandteil der Gesundheit
Wie gut wir uns fühlen, wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, darunter sozioökonomische Bedingungen wie Einkommen und Bildungsniveau, biologische Komponenten wie genetische Veranlagung oder Umweltfaktoren wie Stress, soziale Unterstützung und Lebensstil. Psychisch gesunde Menschen sind fähig, alltägliche Lebensbelastungen zu bewältigen, produktiv zu arbeiten und einen Beitrag an die Gesellschaft zu leisten. Was können wir tun, um die psychische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen zu stärken?
Prävention ist zentral
Wir haben versucht, dies gemeinsam mit jungen Menschen herauszufinden. An einer Tagung zum Thema der Zunahme der psychischen Probleme haben wir mit Expertinnen und Experten gesprochen und gemeinsam mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach den Ursachen gesucht und Handlungsempfehlungen erarbeitet.
An der Tagung wurde deutlich, dass die Förderung von Kompetenzen im Kindesalter entscheidend ist, um spätere psychische Störungen zu vermeiden. Frühzeitige Vermittlung von Selbstwirksamkeit, Unterstützung bei der Entwicklung von Problemlösefähigkeiten und Förderung gesunder Grenzen und Selbstfürsorge sind von grosser Bedeutung. Präventionsprogramme müssen frühzeitig starten und die Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsfachkräften, Lehrpersonen und Eltern sicherstellen. Viele Probleme werden erst zu spät erkannt. Leider fehlt derzeit eine umfassende Strategie zur Prävention und Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter in der Schweiz.
In der Schweiz gibt es grosse Datenlücken zur psychischen Gesundheit junger Menschen. Regelmässige Erhebungen wären notwendig, um Trends zu erkennen und Ursachen zu verstehen.
Mehr Daten, weniger Stigmata
Festgestellt wurde an der Tagung mit jungen Menschen auch, dass wir viel zu wenig über Ursachen von psychischen Krankheiten und die Betroffenen wissen. In der Schweiz gibt es grosse Datenlücken zur psychischen Gesundheit junger Menschen. Regelmässige Erhebungen wären notwendig, um Trends zu erkennen und Ursachen zu verstehen. Neue Messgrössen wie Arbeitsintensität oder Mediennutzung könnten helfen, den Zusammenhang mit psychischer Gesundheit zu erfassen und konkrete Massnahmen zu formulieren.
Einig sind sich die jungen Menschen auch darin, dass für eine erfolgreiche Früherkennung und Behandlung von psychischen Problemen die Entstigmatisierung von grosser Bedeutung ist. Dazu können wir alle beitragen! Fragen Sie doch morgen Ihre Tochter, Ihren Neffen oder das Nachbarskind, wie es ihnen geht? Wie läuft es in der Lehre, was macht die Liebe, und wie sehen die Pläne für den Sommer aus? Eine unterstützende Umgebung zu schaffen ist ein erster Schritt zu einer besseren psychischen Gesundheit für uns alle!
Text Corina Wirth, Geschäftsführerin Public Health Schweiz
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