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Editorial Jugend

Wie geht’s dir?

02.11.2021
von SMA

Liebe junge Leserin, lieber junger Leser

Roger Staub

Roger Staub, Geschäftsleiter Stiftung Pro Mente Sana

Als ehemaliger Sekundarlehrer und «alter Sack» erlaube ich mir, Dir diesen Brief zu schreiben und Dich zu duzen. Ich freue mich, wenn Du mich auch duzt, falls Du mir schreibst. 

Ich bin traurig, dass Dir die Coronapandemie einen Teil Deiner Jugend «versaut» hat. Kein Ausgang, keine Konzerte, Fernunterricht, Streit zu Hause, schlechte Stimmung. Und seien wir ehrlich, schon vor Corona war es nicht immer leicht, jung zu sein. Jung sein ist ein herausforderndes Alter wegen der vielen Veränderungen wie Pubertät, Schule/Lehre/Studium, Ablösung von zu Hause, das war schon immer so.

Ich rate Dir, Dich immer wieder selbst zu fragen «Wie geht es mir?», Deine Gefühle zu spüren und versuchen, sie zu benennen. Und, wenn Du gefragt wirst «Wie geht’s Dir?», eine ehrliche Antwort zu geben, falls Du Deinem Gegenüber traust und die Umstände passen. Darüber reden hilft – aber besser live als elektronisch!

Wenn Du jemanden gut kennst, dann spürst Du, ob die Antwort auf die Frage «Wie geht’s Dir?» stimmt. Wenn Du denkst, es gehe Deiner Freundin, Deinem Freund nicht gut, obwohl er oder sie sagt «gut», dann frage noch einmal «Wie geht’s Dir wirklich?», wenn Du Zeit hast und zuhören willst.

Vielleicht erfährst Du dann von schwierigen Dingen und fühlst Dich hilflos, weil Du nicht weisst, wie Du helfen kannst. Dazu zwei Tipps: Erstens haben die Erwachsenen um Dich herum, also Eltern, Lehrpersonen oder Berufsbildner:innen, Jugendgruppenleitende, Sporttrainer, eine Verantwortung, Dich zu unterstützen und zu helfen. Ich weiss auch, dass die Erwachsenen, denen Jugendliche anvertraut sind, oft nicht wissen, wie sie helfen können. Aber sie müssen, und sie müssen es lernen. Dafür gibt es Erste-Hilfe-Kurse für psychische Gesundheit – zugeschnitten auf junge Menschen. Zweitens kannst Du, falls Du schon 18 Jahre alt bist, selbst Erste Hilfe für psychische Gesundheit lernen, insbesondere wenn Du eine Jugend- und/oder Sportgruppe leitest. Erste Hilfe für psychische Gesundheit muss so selbstverständlich werden wie der Nothelferkurs für physische Gesundheit.

Nimm psychische Probleme bei Dir und bei Deinen Liebsten wahr, nimm sie ernst, sprich darüber und verlange von den Erwachsenen, die für Dich «zuständig» sind, dass sie helfen – und falls sie es noch nicht können, dass sie es lernen. Und lerne selbst zu helfen, falls Du schon alt genug dafür bist.

Ich wünsche Dir und Deinen Freund:innen, dass «Jung-sein» bald wieder cooler und spannender wird!

Herzlich

Roger Staub, Geschäftsleiter Stiftung Pro Mente Sana

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