Ob ein fröhlich mit dem Schwanz wedelnder Hund, eine zufrieden schnurrende Katze oder ein an einem Rüebli knabbernder Hamster – unsere Haustiere müssen nicht viel tun, um uns ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Sie machen uns aber nicht nur glücklich, sondern haben erwiesene Effekte auf unsere Gesundheit. Prof. Dr. Karin Hediger, Professorin für klinische Psychologie und tiergestützte Interventionen, gibt Einblicke in die aktuelle Forschung.
Prof. Dr. Hediger, was löst eine Interaktion mit einem Haustier in unserem Körper aus?
Diese kann unterschiedliche Auswirkungen haben. Streichelt man ein freundliches Tier, so wird das Hormon Oxytocin ausgeschüttet, welches eine wichtige Rolle bei der Bindung und Entspannung spielt. Weiter konnten in Studien stressreduzierende Effekte beobachtet werden. So kann das Kuscheln mit dem Haustier die Herzrate senken und Stresshormone reduzieren. Andere Untersuchungen belegen hingegen aktivierende Effekte. Es gibt jedoch auch Studien, die keine dieser Effekte nachweisen konnten. Grund dafür könnte die persönliche Affinität zu Tieren sein.
Welchen Einfluss haben Haustiere auf die physische Gesundheit?
Einige Studien zeigen, dass Haustierbesitzer:innen besser schlafen, seltener ärztliche Hilfe beanspruchen, weniger Medikamente einnehmen müssen, ein tieferes kardiovaskuläres Risiko haben und rundum gesünder sind. Insbesondere Hundehalter:innen bewegen sich mehr und gehen häufiger an die frische Luft. Doch auch hier ist der Kausalitätseffekt noch nicht ganz klar: Weitere Ergebnisse deuten nämlich darauf hin, dass es eben vielleicht doch eher die gesünderen Personen sind, die Haustiere halten. Die Kehrseite der Medaille, vor allem bei Katzen- und Hundebesitzer:innen höheren Alters, ist das erhöhte Sturz- und Verletzungsrisiko, die mögliche Vermeidung längerer Spitalaufenthalte sowie der potenzielle Verzicht auf den Eintritt in ein Altersheim.
Das Tier kann eine Beziehung anbieten und die Motivation erhöhen, sich auf die Therapie einzulassen. Prof. Dr. Karin Hediger
Und wie sieht es mit den Effekten auf die psychische Gesundheit aus?
Besonders für ältere Menschen, die gerade ihre:n Partner:in verloren haben oder keine Familie in der Nähe haben, kann das Haustier zu einem wichtigen Sozialpartner werden. Aus der Forschung weiss man, dass ein Haustier gleich wahrgenommen werden kann wie ein menschliches Familienmitglied. Diese psychologische Bindung wird durch messbare Kriterien charakterisiert, die von beiden Parteien erfüllt werden. So vermisst man die Bindungsfigur etwa, wenn sie nicht anwesend ist, oder sucht bei dieser nach Unterstützung in Stresssituationen. Gleichzeitig ist es dem Tier egal, welchen Status die oder der Besitzer:in hat, es wertschätzt diese:n trotz allem. So kann es nicht nur gegen Vereinsamung helfen, sondern auch ein sozialer Katalysator sein. Geht man mit einem Hund spazieren, kommt man leichter mit anderen Menschen in Kontakt. Die Verantwortung für ein Haustier kann auch für Struktur im Alltag sorgen. Zum Beispiel schafft das morgendliche Aufstehen, um das Haustier zu füttern, eine Routine. Gleichzeitig kann die Haltung eines Haustieres aber auch herausfordernd sein, vor allem wenn dieses gewisse Probleme mitbringt. Zudem können Verhaltensauffälligkeiten und der Tod des Tieres einen Stressor darstellen.
Haben alle Arten von Haustieren den gleichen Einfluss auf unsere Gesundheit?
Es gibt zwar noch keine Studie, die sich mit dieser Frage beschäftigt, die erwähnten positiven Effekte zeigen sich jedoch vor allem in Studien zu Hunden und teilweise Katzen. Grundsätzlich lässt sich ableiten, dass je stärker domestiziert die Tierart ist und je mehr gegenseitige Kommunikation stattfindet, desto einfacher fällt es vielen Menschen, sich von einem Haustier verstanden und geliebt zu fühlen.
In welchen Fällen können Tiere zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden?
In fast allen Fällen und bei unterschiedlichen Störungsbildern – von der Psycho-, Physio- und Ergotherapie bis hin zur Logopädie –, insofern die zu behandelnde Person eine Affinität zu Tieren aufweist. Das Tier bietet hier eine Beziehung an und erhöht die Motivation, sich auf die Therapie einzulassen. Wichtig ist, dass bei der Suche nach einer tiergestützten Intervention darauf geachtet wird, dass sie von jemandem mit einer entsprechenden Ausbildung angeboten wird.
Sie erforschen unter anderem tiergestützte Interventionen. Können Sie von einem Studienergebnis berichten, das Ihnen besonders geblieben ist?
Bei einer Studie mit Menschen mit Hirnverletzungen haben wir herausgefunden, dass die Motivation, sich in einer Therapie aktiv zu beteiligen, massiv erhöht wurde, wenn diese mit einem Tier durchgeführt werden konnte. Es überraschte mich, wie stark dieser Effekt war. Auch spannend war die Erkenntnis, dass gewisse Menschen wahnsinnig von der Anwesenheit eines Tieres profitieren konnten, während bei anderen die klassische Therapie in etwa gleich gut wirkte. Eine der wichtigen Fragen wird in Zukunft sein: Wer profitiert von diesem Ansatz und bei wem reicht bereits die klassische Herangehensweise?
Wem würden Sie empfehlen, sich ein Haustier anzuschaffen?
Nur Personen, die diesen Wunsch schon länger tragen. Man sollte es sich wirklich gut überlegen, denn mit der Anschaffung eines Haustieres geht eine Verantwortung über lange Zeit einher. Gerade im höheren Alter ist das ein wichtiger Aspekt: Was wäre der Plan B, wenn man dem Tier physisch nicht mehr gerecht werden könnte? Gibt es jemanden in der Familie, die oder der es aufnehmen könnte, wenn man in ein Pflegeheim eintreten muss? Zudem kann das Haustier auch eine finanzielle Belastung darstellen. Wenn man denkt, dass man von einem Tier profitieren würde, gibt es auch andere Möglichkeiten. Beispielsweise könnte man regelmässig mit dem Hund der Nachbar:innen spazieren gehen oder eine tiergestützte Intervention in Betracht ziehen.
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