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Gesellschaft Gesundheit

So kommt man an sein Helper’s High

25.02.2022
von SMA

Anderen Menschen zu helfen, macht glücklich und senkt das Stresslevel. Was einfach klingt, verhält sich tatsächlich so. Für die Mitmenschen in die Bresche zu springen, setzt Glückshormone im Gehirn frei, die das sogenannte «Helper’s High» erzeugen. Damit dies geschieht, müssen keine Heldentaten vollbracht werden. Kleine Gesten wirken genauso.

Anderen zu helfen, steigert das Eigenwertgefühl und sorgt dafür, dass man das Gewicht der Probleme besser tragen kann. Die Fokussierung auf das eigene Leid verschwindet und wird durch Dankbarkeit für jenes, was man hat, ersetzt. Beispielsweise rückt ein Freiwilligeneinsatz bei der Tafel den Einkauf in ein anderes Licht. Statt am nächsten Tag den Einkaufswagen gedankenlos zu füllen, wird man sich auf neue Art glücklich schätzen. Denn es ist ein Luxus, alles kaufen zu können, was man möchte und braucht. Ähnlich verhält es sich auch mit weiteren Dingen wie der Beziehungen zu Mitmenschen, der Überwindung von Ängsten oder einem Kompliment der Vorgesetzten. Je dankbarer man ist, desto mehr Energie will man für die Nächsten aufbringen.

Frau hilft obdachlosem Mann

Authentische Verbindungen

Im modernen Westen herrscht eine freie und individualistische Gesellschaftsordnung vor. Dadurch geht manchmal vergessen, wie schön und essenziell Kontakte und aufrechte Verbindungen mit dem Gegenüber sind. Doch man kann lernen zu erkennen, ob Menschen eine helfende Hand oder einen ermutigenden Klaps auf die Schulter benötigen. Die Dynamik kann man etwa mit Sport vergleichen. Je öfter man es tut – also die Muskeln trainiert werden – desto einfacher geht es einem von der Hand. Wenn man beschliesst, jemandem mit einem kurzen Gespräch etwas Gutes zu tun, wird dies mit der Zeit zur zweiten Natur. Durch derartige Nettigkeiten und Hilfestellungen kann das Gehirn in einen Genusszustand, dem Helper’s High, gelangen, ähnlich wie bei einer Verliebtheit, Jogging oder schokoladigen Gaumenfreuden.

Geben ist vorprogrammiert

Oxytocin, Serotonin und Dopamin – Hormone, die beim Helfen ausgeschüttet werden, – boosten unsere Laune und vermindern den Effekt des Stresshormons Kortisol, das beispielsweise bei Menschen mit einer Angststörung beinahe stetig im Blut zu finden ist. Durch die Stimulation der Glückshormone werden der Blutdruck gesenkt und der Schlafrhythmus verbessert. Beinahe könnte man sagen, dass anderen zu helfen ein egoistischer Akt ist. Tatsächlich haben einige neurobiologische Studien gezeigt, dass die Vorteile grösser für Gebende sind als für Empfangende. Darüber hinaus scheinen Hirnscans weiterer Studien anzudeuten, dass das menschliche Hirn biologisch programmiert ist, zu geben.

Meditation

Eine der effektivsten Methoden, um Mitgefühl und Einfühlungsvermögen zu steigern, ist das Meditieren. Neurologische Forschungen unterstützen die Auffassung, dass fokussierte Meditation eine der besten Arten ist, die Hirnareale zu aktivieren und zu stärken, die für die Empathie verantwortlich sind. Die University of Wisconsin liess den Effekt des Meditierens auf das Gehirn erforschen. Eine Gruppe bestand aus ausgelernten buddhistischen Mönchen, während eine zweite Studierende umfasste, die lediglich eine Woche lang Meditationsübungen machten. Die Hirne beider Testgruppen zeigten erhöhte Aktivitäten in den Regionen, die verantwortlich für positive und verbindende Emotionen sind. Jene Hirnareale, die «das Selbst» von «den anderen» unterscheiden, schienen minder aktiv zu sein.

Durch Nettigkeiten und Hilfestellungen kann das Gehirn in einen Genusszustand, dem Helper’s High, gelangen.

Die Maslowsche Bedürfnispyramide

Bevor man anderen hilft, müssen die Basisbedürfnisse des helfenden Individuums selbst erfüllt sein. Dieses Prinzip geht zurück auf den amerikanischen Psychologen Abraham Maslow. Er entwickelte die Bedürfnispyramide, welche ihm zufolge die universellen Bedürfnisse eines jeden Menschen einordnete. Höher platzierte Verlangen werden erst nach der Befriedigung tiefer liegender Sehnsüchte verfolgt. Die Basis der Pyramide formen Grundbedürfnisse wie Wasser, Nahrung und Sicherheit. Darüber folgen psychologische Wünsche: das Gefühl, geliebt, anerkannt und geschätzt zu werden. Auf der dritten Stufe liegt die Selbstentwicklung. Hat man dieses Niveau erreicht, ist man bereit dazu, anderen Menschen emotional zu unterstützen und das Helper’s High zu erzielen.

Altruistische Gesten

Zum Anfang kann man sich eine Scheibe von Amélie aus dem Film «Die fabelhafte Welt der Amélie» abschneiden und etwas Nettes für jemanden tun. Öfter lächeln, Komplimente verteilen, kurze Gespräche anstossen, ein Essen organisieren und ungefragt helfen. Die Grösse der Geste ist dabei nebensächlich: Ob man sich bei Postbot:innen bedankt oder Stammzellen spendet, beides ist wertvoll. Eine Gegenleistung erwarten sollte man derweil nicht. Selbstlosigkeit ist der Grundpfeiler des Konzepts. Zudem sollte man im Hinterkopf behalten, dass nicht jeder auf eine schöne Geste wartet oder an diese Idee glaubt. Und das ist auch in Ordnung. Gutes tun tut gut, solange man nicht die eigenen Grenzen überschreitet. Erschöpfung und Burn-out sind bei Helfenden und grosszügigen Gebenden trotz Helper’s High häufig zu finden. Um die Welt ein bisschen angenehmer zu machen, muss man sich aber nicht für die Sache aufopfern.

Text Evelien Jansen

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