Die Schweiz ist weltweit als Wellness- und Kur-Destination bekannt. Doch wie kam das Konzept hinter den Thermalbädern und Co. in das kleine Alpenland? «Fokus» gibt einen Einblick in die Geschichte.
Von medizinisch angezeigten Kuren bis hin zu luxuriösen Entspannungsmomenten: Die Schweiz geniesst den Ruf eines Gesundheits- und Erholungsort mit Tradition. Eng verbunden mit der Geschichte der hochstehenden Grandhotels, geht die Heilbadkultur auf antike Wurzeln zurück und wird seit Jahrhunderten praktiziert.
Frühe Anfänge
Die Tradition des Heilbades in der Schweiz findet ihren Ursprung in der Antike. Die alten Römer erkannten das grosse Potenzial der Thermalquellen und errichteten Bäder an Orten wie dem aargauischen Baden, damals «Aquae Helveticae». Diese Einrichtungen wurden von den Römern für medizinische Zwecke genutzt und galten als Zentren der Regeneration und Heilung. Das römische Bad war eine Oase der Erholung für Körper und Geist. Die Bäder von Aquae waren das wichtigste römische Heilbad auf dem Gebiet der heutigen Schweiz und erfüllten nicht nur medizinische Zwecke, sondern dienten auch als religiöses Zentrum und bedeutender gesellschaftlicher Treffpunkt. Die meisten Römerinnen und Römer suchten täglich eines der nahen Bäder auf.
Die römischen Badeanlagen waren kunstvoll gestaltet und verfügten über verschiedene Temperaturzonen: kaltes, warmes und heisses Wasser sowie Dampfbäder und Ruheräume. Die kulturellen Praktiken in den römischen Bädern umfassten zudem Massagen, Körperpeelings und aromatische Öle, was einem frühen Wellness-Gedanken gleichkommt. Diese Traditionen und Rituale trugen zu einem ganzheitlichen Ansatz der Gesundheit bei, der sowohl körperliche als auch geistige Aspekte berücksichtigte.
19. Jahrhundert
In der Epoche der Romantik gewannen Naturheilverfahren an Bedeutung. Viele Menschen reisten von weit her, um in den Bergen die heilende Wirkung von frischer Luft, den sauberen Quellen und der Natur zu geniessen. Mit der Industrialisierung wuchs das Bewusstsein für die Notwendigkeit, sich von den Belastungen des urbanen Lebens zu erholen. Zu dieser Zeit entwickelten sich stetig mehr Kurorte, die sich bis heute grosser Beliebtheit erfreuen, zum Beispiel St. Moritz und Arosa. Die Badekultur, die bereits in der römischen Zeit ihren Ursprung hatte, wurde revitalisiert und um moderne Anwendungen wie Dampfbäder, Massagen und balneologische Behandlungen erweitert. In der Architektur und dem Design der neuen Kurhäuser wurden grosse Fenster, lichtdurchflutete Räume und unmittelbarer Zugang zur Natur integriert, um den Gästen eine harmonische Verbindung zur Umgebung zu ermöglichen.
Zu dieser Zeit kam der deutsche Arzt Alexander Spengler nach Davos. Dieser erkannte die positiven Auswirkungen, die das Klima des Hochgebirges auf die diätetische Behandlung der Lungentuberkulose hatte. Ihm fiel auf, dass keine Dorfbewohnenden an der damals gefürchteten Krankheit litten. Er eröffnete mit Willem Jan Holsboer 1868 das erste Kurhaus für Lungenkranke, wodurch Davos zu einem international bekannten Kurort wurde, der Patient:innen aus ganz Europa anzog, um dort von den gesundheitsfördernden Effekten der Höhenlage zu profitieren.
Seine Arbeit trug entscheidend dazu bei, die medizinische und wissenschaftliche Grundlage für die Wellness- und Kurkultur in der Schweiz zu legen. Sein Erbe lebt weiter in Davos, das sich zu einem führenden Ziel für Gesundheit und Erholung entwickelt hat.
20. Jahrhundert
Medizin und Wellness erlebten in dieser Zeit eine tiefgreifende Weiterentwicklung. Die rein medizinischen Kuren gingen dazu über, weitere Ansätze zur Ganzheitlichkeit zu integrieren, sodass auch Prävention und Erholung erfasst wurden. Insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg stieg das Interesse an Wellness und Gesundheit erheblich an. Die Menschen suchten zunehmend nach Möglichkeiten, Stress abzubauen und die Lebensqualität zu verbessern. Diese Nachfrage führte dazu, dass viele Hotels begannen, Gesundheits- und Erholungsprogramme in ihr Angebot zu integrieren, um den Bedürfnissen der Gäste gerecht zu werden. Erst in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren gelangte der Begriff «Wellness», der uns heute so vertraut ist, aus den USA in die Schweiz.
Begriffserklärung
Wellness: Ein ganzheitliches Konzept, das die Begriffe «Wohlbefinden» und «Gesundheit» miteinander verbindet. Es hat zum Ziel, die körperliche Fitness, innere Schönheit sowie Entspannung und Regeneration zu fördern, um ein harmonisches Gleichgewicht zwischen Körper und Geist zu erreichen. Es umfasst verschiedene Ansätze, die sowohl physische als auch psychische Aspekte berücksichtigen und darauf abzielen, die Lebensqualität zu steigern. Durch gezielte Aktivitäten und Behandlungen wird das individuelle Wohlbefinden gestärkt, was zu einem gesünderen und erfüllteren Lebensstil beiträgt.
Spa: Der Begriff stammt ursprünglich vom belgischen Kurort Spa, der möglicherweise bereits im 7. Jahrhundert den Römern bekannt war. Dieses elegante Städtchen mit seinen Mineralquellen erlangte im 18. und 19. Jahrhundert grosse Popularität in Europa. In der amerikanischen Variante des Englischen wird «Spa» seit der Mitte des 20. Jahrhunderts allgemein für verschiedene Arten von Wellness- und Kurorten verwendet. Mittlerweile bezieht sich «Spa» international auf Einrichtungen, die auf Gesundheit und Wellness spezialisiert sind, insbesondere auf die Badebereiche in Hotels. Im Niederländischen behält das Wort bis heute seine ursprüngliche Bedeutung von Mineral- oder Quellwasser bei. Die Ableitung des Begriffs aus dem Lateinischen «sanus per aquam» (zu dt.: «gesund durch Wasser») ist umstritten und vermutliche eine spätere Volksetymologie. Dennoch erscheint diese Herkunftstheorie schlüssig, schliesslich war im antiken Rom das Baden kulturell wichtig und Wasser spielt in der modernen Wellnessbranche eine zentrale Rolle.
Die Schweiz entwickelte sich in diesen Jahren zu einer der führenden Länder in diesem Bereich. Dank luxuriöser Spa-Hotels in Regionen wie dem Engadin und dem Wallis, wo Wellness-Angebote oft vor der beeindruckenden Kulisse der Alpen präsentiert wurden, erlebte der Wellnesstourismus besonderen Aufschwung.
Heute
So entstand die Wellnesskultur, die von vielen Menschen geschätzt und geliebt wird: Spa-Behandlungen, Massagen und Yoga sind nur einige der vielen neuen Angebote, die sich in der Wellnesswelt etabliert haben. Auch die Anwendung von Entspannungstechniken und die Umsetzung von gesunder Ernährung in den stressigen Alltag haben ihre Bedeutung behalten. Darüber hinaus umfasst die Wellnesskultur mittlerweile Meditation, Achtsamkeitstraining und ganzheitliche Gesundheitsprogramme, die auf die individuellen Bedürfnisse der Gäste zugeschnitten sind.
Die Schweiz ist heute ein globales Zentrum für Wellness-, Spa- und Kurreisen. Jährlich reisen unzählige Tourist:innen in das Alpenland, um sich zu erholen und neue Kraft zu tanken. Die atemberaubende alpine Landschaft mit frischer Bergluft und ruhigen Seen trägt massgeblich zur Entspannung bei. Traditionelle Elemente wie Thermalbäder und Saunen werden mit modernen Wellness-Konzepten zu einem ganzheitlichen Erlebnis kombiniert. Die internationale Anziehungskraft der Schweizer Wellnessangebote zieht nicht nur europäische, sondern auch Gäste aus Übersee an, die die einzigartige Verbindung von Tradition und Innovation schätzen.
Die bekanntesten Wellness-, Spa- und Kurorte der Schweiz
- Thermalbad Vals: Berühmt für seine beeindruckende Architektur und die heissen Quellen
- Leukerbad: Das grösste Thermalbadzentrum der Alpen
- Grand Resort Bad Ragaz: Ein Luxushotel mit einem umfassenden Wellness- und Gesundheitsangebot. Dazu gehört auch das öffentliche Heilbad Tamina Therme.
- Baden, Aargau: Egal ob heisse Brunnen, Römerbad, private Spa, Novum Spa, Wellness-Therme Fortyseven oder Genossenschaftsbad zum Raben, Baden ist eine wahre Bäderstadt mit diversen Wellnessangeboten.
- Thermalbad Zurzach: Mit Therme, Bohrturmsauna, Spa inklusive Massage- und Kosmetikbehandlungen, Fitnesscenter und Familienangeboten ein One-Stop-Shop für Wellness.
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