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Mobilität

Wie steht es um die Ladeinfrastruktur der Elektromobilität in der Schweiz?

04.03.2023
von SMA

Aktuell ist von Politiker:innen und in den Medien regelmässig zu vernehmen, dass es zu wenige Ladestationen gäbe. Wie sieht die Situation der öffentlichen Ladeinfrastruktur tatsächlich aus?

Noch vor wenigen Jahren war von den meisten Elektromobilität-Spezialist:innen zu hören, dass eine Ladegeschwindigkeit von 20 kW DC/Gleichstrom, was einer Zuladung von ca. 60 bis 80 km Reichweite pro Stunde entspricht, vollkommen ausreiche. Es wurde angenommen, dass E-Fahrzeuge hauptsächlich in Städten genutzt werden und nur wenig Reichweite benötigen. Heute wissen wir, diese Meinung war komplett falsch! Die modernen E-Fahrzeuge erlauben inzwischen Reichweiten von über 500 km und ermöglichen auch komfortable Langstreckenfahrten.

Die Zukunft gehört der Elektromobilität!

Es werden in der gesamten Schweiz ständig neue Ladestationen mit immer mehr Leistung gebaut. Im öffentlichen Bereich sind dies vorwiegend DC-Ladestationen mit Leistungen von 150-350 kW. Je nach Fahrzeug kann so eine Reichweite von 300 bis 1000 km pro Stunde geladen werden. Das heisst, dass in kürzester Zeit eine Batterie für mehrere Hundert Kilometer geladen ist. Die Ladegeschwindigkeit wird in Zukunft weiter zunehmen. Erste Hersteller von Ladestationen haben bereits 400-kW-Anlagen lanciert. Sowohl Elektrofahrzeuge wie auch Ladestationen erreichen im Vergleich zu den Ladevorgängen vor einigen Jahren deutlich grössere Leistungsabgaben oder Leistungsaufnahmen. Im E-Lastwagen Bereich werden Ladeleistungen von über einer MW möglich sein.

Bereits jetzt sind die Ladeparks ausreichend gross, werden weiterwachsen und verfügen damit über immer mehr Anschlüsse. Damit gibt es nur sehr selten Engpässe oder Wartezeiten an den Ladestationen. Die meisten Elektroauto-Besitzer:innen laden ihre Batterien an den DC-Schnellladestationen in der Regel nicht voll auf, sondern laden im Durchschnitt 20 bis 25 kWh, was einer Reichweite von 100 km entspricht. Dies hat damit zu tun, dass Ladeevents an öffentlichen Ladestationen bis zu sechs Mal teurer sind als beispielsweise zu Hause, da die Ladeinfrastruktur amortisiert werden muss. Das heisst, dass E-Autofahrende genau berechnen, wie viel kWh sie benötigen, um nach Hause oder ins Büro zu kommen, um dann dort günstiger laden zu können.

Neben dem Ausbau von bestehender Ladeinfrastruktur wird weiterhin intensiv in neue Projekte investiert. Marktgrössen wie Ionity, Tesla, Groupe E, GoFast und weitere Akteure investieren weiterhin grosse Summen, um der ständig wachsenden Zahl von E-Autos gerecht zu werden. Laufend werden neue Anlagen gebaut und viele weitere Projekte mit mehr als 20 Ladestationen an einem Standort sind in Planung. Die Motivation dieser Investoren ist unterschiedlich. Einige kommen aus der Fahrzeugindustrie und investieren, um den Kauf eines E-Fahrzeuges attraktiv machen zu können. Andere bauen ein Geschäftsmodell mit dem Verkauf von Charge-Events aus.

Das Schweizer Netz an Ladestationen ist bereits sehr dicht: Inzwischen ist es bereits eine Herausforderung, für öffentliche Ladeinfrastrukturstandorte an attraktiver Lage zu finden. Die meisten Raststätten und Rastplätze auf Schweizer Autobahnen sind bereits ausgerüstet oder an der Umsetzung von Projekten. Verschiedene Firmen suchen deshalb Land neben dem Nationalstrassennetz. Hier muss vielfach zusätzlich Geld für WC-Anlagen und Verpflegungszonen investiert werden. Dabei wird meist auch eine Überdachung gefordert, damit Kund:innen während des Zahlungs- und Registrationsprozesses nicht im Regen stehen müssen. Mit zunehmender Anzahl von E-Fahrzeugen wird das Businessmodel dieser Investoren aufgehen und mehr Geld zur Verfügung stehen, um die Infrastruktur noch kundengerechter zu bauen.

Ein Ärgernis der E-Auto-Kundschaft an Ladestationen sind oft überhöhte Roamingtarife. So bezahlen Autofahrer:innen beim Laden in fremden Netzen häufig happige Zuschläge. Inzwischen nimmt der Druck zu, dies zu ändern. Technische Lösungen sind bereits vorhanden: Es ist jedoch nötig, dass sich die Ladenetzbetreiber dazu an einen Tisch setzen und gemeinsam eine kundenfreundliche Lösung erarbeiten. Wie viel Druck die Branchenverbände, Politik oder die Wettbewerbskommission ausüben muss, um die Situation zu bereinigen, bleibt abzuwarten. Eine ähnliche Situation bestand um die Jahrtausendwende im Bereich der Mobilfunkanbieter. Bereits heute geht die Zürich Versicherung mit dem ZVolt-App mit gutem Beispiel voran. Die Zürich Versicherung hat mehrere Ladenetzwerke angebunden und kann so einen schweizweiten Flatrate-Tarif in einem dichten Netz von AC- und DC-Anlagen von attraktiven 49 beziehungsweise 55 Rappen anbieten. 

Alle Elektrofahrzeugbesitzer:innen, welche zu Hause eine Ladestation haben, laden ihre Fahrzeuge in der Regel zu Hause oder bei längeren Strecken an öffentlichen Schnellladeinfrastrukturen. Hingegen fehlen Ladestationen für Personen, welche zu Haus nicht die Möglichkeit haben, zu laden. Dies können Personen sein, welche keinen Parkplatz besitzen und regelmässig in der blauen Zone parkieren oder aber die Verwaltung einer Immobilie bietet seinen Mieter:innen keine Ladeinfrastruktur. Für diesen Personenkreis benötigt es Langzeit-Parkmöglichkeit mit Ladeinfrastrukturen in Gemeinden, in Shoppingzentren und auf öffentlichen Parkplätzen. Bei den DC-Schnellladestationen können viele Fahrzeuge pro Tag beladen werden, da die durchschnittliche Verweildauer weit unter einer Stunde liegt. Bei den AC-Langsam-Ladestationen, benötigt jedoch eine Batterie mehrere Stunden, um geladen zu werden. Das bedeutet, dass maximal zwei bis drei Fahrzeuge pro Tag geladen werden können, was einen rentablen Betrieb solcher Ladestation verunmöglicht und sie für Investoren nicht interessant macht. Hier müssen von der Politik, der Wirtschaft und den Branchenverbänden neue Modelle gefunden werden, um auch diese Ladelösungen anzubieten. Eine solche Möglichkeit könnten Schnellladehubs in Innenstädten und bei Einkaufszentren sein. Während des Einkaufs könnten so Fahrzeuge in kürzester Zeit beladen werden. Mit Reichweiten der E-Fahrzeuge von mehr als 500 km benötigen viele E-Fahrzeugbesitzer:innen keine Ladestationen mehr, da der Schweizer Durchschnitt der Fahrstrecken bei lediglich 38 km liegt. Ein oder zwei Schnellladungen während des Einkaufs würden also für viele Nutzenden von E-Fahrzeugen vollkommen reichen.

Trotz einiger Herausforderungen, welche in den kommenden Jahren gemeistert werden müssen, führt heute kein Weg an der Elektromobilität vorbei. Wenn die Schweiz die gesteckten CO2-Ziele erreichen will, ist einer der grossen Hebel der Verkehr, welcher für über 30 Prozent der CO2-Emissionen in der Schweiz verantwortlich ist. Die Zukunft gehört der Elektromobilität!

 

Text Peter Arnet, BKW

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