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Gesellschaft Schweiz

Ein Austausch, bei dem man nicht nur neue Sprachkenntnisse erlernt

09.09.2023
von SMA

Trotz ihrer geringen Grösse ist die Schweiz ein einzigartiges kulturelles Mosaik. Vor allem junge Menschen profitieren davon, wenn sie schon während ihrer Schulzeit Einblicke in andere Sprachregionen und Kulturkreise erhalten. Dieser Austausch wird in der Schweiz ganz bewusst gefördert.

Die Schulglocke erklingt und läutet die langersehnte grosse Pause ein. Schülerinnen und Schüler strömen aus den Klassenzimmern und verteilen sich über den Pausenplatz. Angeregte und teilweise lautstarke Diskussionen beginnen. Wer genau hinhört, bemerkt, dass in manchen Gruppen sowohl Schweizerdeutsch als auch Hochdeutsch und Französisch gesprochen wird – und manchmal eine Mischung aus allen drei Sprachen. Der Grund dafür: Derzeit absolvieren Schülerinnen und Schüler aus Neuchâtel einen Austausch mit einer Klasse aus St. Gallen. Während dieser Zeit lernen die teilnehmenden Jugendlichen nicht nur neuen Schulstoff, sondern vertiefen gleichzeitig ihre Sprachkenntnisse, knüpfen neue Freundschaften und tauchen in ein neues kulturelles Umfeld ein.

Die Verbesserung der Sprachkompetenz gilt als zentraler Vorteil eines Schüler:innenaustauschs. Denn die Erweiterung ihres sprachlichen Horizonts kommt jungen Menschen in einer zunehmend globalisierten Welt direkt zugute. Und auch in der mehrsprachigen Schweiz mit ihren vier offiziellen Landessprachen – Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch – ist die Fähigkeit, sich mit Personen aus anderen Landesteilen in ihrer Muttersprache auszutauschen, ein unbestreitbarer Vorteil.

Ein Blick in andere Lebensweisen

Natürlich fördert der Austausch auch die interkulturellen Kompetenzen der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler. Die Jugendlichen erlangen ein tieferes Verständnis für die Lebensweise, die Traditionen sowie die Mentalität einer anderen Sprachregion, was ihnen dabei helfen kann, etwaige Stereotypen und Vorurteile abzubauen. Die Schüler:innen lernen, die kulturelle Vielfalt der Schweiz zu schätzen und gewinnen ein ausgeprägteres Bewusstsein für die verschiedenen Gemeinschaften, die das Land ausmachen. Gleichzeitig knüpfen sie wertvolle Kontakte zu Gleichaltrigen sowie zu ihren Gasteltern und Lehrkräften, wodurch sie ihr Netzwerk deutlich erweitern. Ferner fördert die Erfahrung auch die Selbstständigkeit der Jugendlichen: Sie lernen, sich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden, was das Selbstbewusstsein stärkt und die Persönlichkeitsentwicklung fördert.

Wie wichtig und sinnvoll der interregionale Austausch von Schülerinnen und Schülern ist, wird durch die Tatsache unterstrichen, dass der Bund diesen mit einer eigenen nationalen Agentur fördert: Movetia. Die Schweizerische Stiftung für die Förderung von Austausch und Mobilität wurde im März 2016 ins Leben gerufen. Heute fördert und unterstützt sie verschiedene Aktivitäten für Austausch, Mobilität und Kooperation in allen Bildungsbereichen von der Primar- bis zur Tertiärstufe sowie in der Erwachsenenbildung und im ausserschulischen Bereich.

Das Engagement des Bunds in diesem Bereich stammt nicht von ungefähr, sondern stellt eine Investition in die soziale Kohäsion des Landes dar: Die Begegnungen und Erfahrungen, die im Rahmen des Austauschs gemacht werden, tragen dazu bei, ein stärkeres nationales Zusammengehörigkeitsgefühl zu schaffen. Schülerinnen und Schüler, die an einem Austausch teilgenommen haben, werden eher dazu neigen, die Bedeutung einer vielfältigen und solidarischen Gemeinschaft zu erkennen und wertzuschätzen.

Mehr Aufmerksamkeit schaffen

Als «Bereichsleiterin Schulbildung» ist Christine Keller bei Movetia darum besorgt, den teilnehmenden Jugendlichen einen möglichst lern- und aufschlussreichen Austausch zu ermöglichen. «Wir werden dabei insbesondere von den positiven Feedbacks bestärkt, die wir von den jungen Menschen sowie den Lehrerinnen und Lehrern erhalten. Aber noch nimmt nur eine Minderheit der Schüler:innen in der Schweiz an einem Austausch teil. Es gibt noch ein grosses Potenzial», betont sie.

Die Vorzüge eines Schüer:inneaustauschs sollen durch die «Austauschwoche» noch augenfälliger werden, die in diesem November zum ersten Mal stattfindet: Im Rahmen des 175-jährigen Jubiläums der Bundesverfassung initiiert, unterstreicht die Veranstaltung den Beitrag des sprachlichen Austauschs zum nationalen Zusammenhalt und bietet den Schulen des Landes ein gemeinsames Fenster, um Begegnungen zu erleichtern. Die Austauschwoche wird an den beiden Standorten des Schweizerischen Nationalmuseums in Zürich und Prangins in Anwesenheit von Schulklassen im Sprachaustausch von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider und Nationalratspräsident Martin Candinas offiziell eröffnet.

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