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Gesellschaft Schweiz Energie

Strompreis: Pragmatische Lösungen für die Energie-Zwickmühle sind gefragt

09.09.2023
von SMA

Die Versorgung der Schweiz mit Strom ist stark vom Ausland abhängig – fast drei Viertel der hierzulande genutzten Energie müssen importiert werden. Verschärft wird diese Lage durch die stetig steigende Bevölkerungsdichte. Daher sind neue Ideen und Technologien gefragt, um der stetigen Strompreissteigerung entgegenzuwirken.

Zuerst die gute Nachricht: 2022 konnte der Endenergieverbrauch gegenüber dem Vorjahr um 3,9 Prozent gesenkt werden. Und nun die schlechte: Dieser Umstand ist in erster Linie der wärmeren Witterung zu verdanken und ist nicht auf technische Errungenschaften oder andere geplante Massnahmen zurückzuführen. Denn obschon sich der Pro-Kopf-Verbrauch von Strom im Verhältnis zur Bevölkerung stetig senkt, hat sich der Endenergieverbrauch der Schweiz seit 1950 beinahe verfünffacht. In jüngster Zeit mehren sich aber Faktoren, die den langfristigen Wachstumstrend des Energieverbrauchs bestimmen: Dazu gehören etwa die Zunahme der ständigen Wohnbevölkerung (um plus 0,8 Prozent) sowie das steigende Bruttoinlandprodukt.

Der Stromverbrauch steigt also national an, gleichzeitig muss die Umstellung auf erneuerbare Energien gelingen. Dies stellt die Frage der Versorgungssicherheit in den Raum. Bereits heute werden 70 Prozent des hierzulande verbrauchten Stroms importiert. Der angedachte Systemwechsel auf Solar-, Wasser- und Windenergie wird angesichts dieser Tatsache auch kritisch gesehen, da dieser hohe Anforderungen an die Infrastruktur stellt. Hinzu kommen Faktoren wie der Klimawandel, der die Erträge gerade bei der Wasserkraft minimieren könnte. Dass es aufgrund der schwankenden sowie nicht planbaren Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Quellen auch zu Energiemangel kommen kann, wird ebenfalls mit Besorgnis betrachtet.

Die Strompreise steigen markant

Da die Schweiz heute stark auf importierten Strom angewiesen ist, sind die Strompreise anfällig für Schwankungen auf den internationalen Energiemärkten. Volatile Preise können für hiesige Unternehmen eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen, insbesondere für energieintensive Branchen wie die Fertigung und Datenverarbeitung. Wie diese Preisentwicklung konkret aussehen kann, zeigt unter anderem der Jahresbericht des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich (EWZ): Zeitweise lagen im vergangenen Jahr die Grosshandelspreise für Strom über 20-mal höher als im Durchschnitt der vorangegangenen Jahre. Verschiedene Gründe hatten zu diesem Trend geführt, darunter die schlechte Verfügbarkeit der französischen Kernkraftwerke, der stufenweise Verzicht resp. die Verknappung von Gaslieferungen aus Russland, der Kriegsausbruch in der Ukraine, der trockene und heisse Sommer sowie die sich daraus für das Winterhalbjahr abzeichnende Strommangellage. Normalerweise produziere EWZ bei optimalen Rahmenbedingungen mehr Strom in den eigenen Kraftwerken als effektiv im Versorgungsgebiet benötigt wird und kann diesen im Energiehandel absetzen. Doch aufgrund der schlechten meteorologischen Bedingungen konnte der Marmorera-Stausee im letzten Jahr statt wie bisher zweieinhalbfach lediglich einmal gefüllt werden. Auch die anderen Stauseen wiesen unterdurchschnittliche Zuflüsse auf.

Der Stromverbrauch steigt also national an, gleichzeitig muss die Umstellung auf erneuerbare Energien gelingen.

Die volatilen Strompreise stellen ein Problem für den KMU-Standort Schweiz dar. Zudem steht die Befürchtung im Raum, dass Unternehmen aufgrund der Unsicherheit bezüglich der Energiepreise zögern könnten, in der Schweiz zu investieren oder ihre Geschäftstätigkeiten auszuweiten. Dies könnte langfristig negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes haben.

Technologie als Hebel

Ein Ausweg aus der Energiezwickmühle wird in neuen technologischen Ansätzen und Lösungen gesehen. Glücklicherweise verfügt die Schweiz über einen hohen Innovationsgrad. Ein Ansatz liegt zum Beispiel in der Erarbeitung effizienterer Solartechnologien: Verbesserte Photovoltaik-Zellen können dazu beitragen, mehr Energie aus Sonnenlicht zu gewinnen. Gleiches gilt für die Fortschritte in der Aerodynamik und Materialwissenschaft, wodurch Windturbinen effizienter werden. Eine wichtige Rolle spielen zudem Energiespeichertechnologien, die dazu beitragen, Schwankungen in der Energieversorgung auszugleichen. Insbesondere Lithium-Ionen-Batterien weisen einen immer effizienteren Wirkungsgrad auf und könnten dazu verwendet werden, erneuerbare Energien besser zu speichern. Als Fernziel gelten Smart Grids, sprich intelligente Stromnetze, die den Stromverbrauch in Echtzeit überwachen und Ressourcen effizienter zuordnen.
Zusätzlich zu diesen Lösungsansätzen fordern die bürgerlichen Kräfte der Schweiz, dass man sich von einengenden Denkweisen löst und die Kernenergie nicht weiterhin per se verteufelt. In diesem Bereich seien in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten technische Entwicklungen geschehen, welche die Nutzung von Kernenergie sicherer machen. Ein Vorreiter in dieser Hinsicht ist Frankreich: Das Nachbarland will, dass Atomstrom Teil der Energiewende wird.

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