Immobilienpreise gestapelte Münzen
Business Immobilien Bau & Immobilien Wohnen

Den steigenden Eigenheimpreisen ist kein Ende gesetzt

09.04.2022
von Melanie Cubela

Die tiefen Zinsen in der Schweiz lockten auch Kleinanlegende an, im vergangenen Jahrzehnt in Immobilien zu investieren. Zu Beginn des Jahres zogen die Zinsen wieder an. «Fokus» hat bei Reto Schär, Leiter Immobilien einer Pensionskasse, nachgefragt, wie es mit dem Schweizer Immobilienmarkt aussieht.

Am 25. Februar 2020 wurde in der Schweiz der erste Coronafall gemeldet. Daraufhin folgten unzählige weitere Erkrankungen sowie ein Lockdown, Maskenpflicht, Reiseeinschränkungen, Quarantäne- und Homeoffice-Pflicht. Letzteres animierte einen Grossteil der Bevölkerung dazu, Wohneigentum besitzen zu wollen, doch der Platz in der Schweiz ist beschränkt.

Der Schweizer Immobilienmarkt

Auf die Frage, wie sich der Immobilienmarkt im Laufe der Zeit gewandelt hat, antwortet Reto Schär wie folgt: «In den letzten zwanzig Jahren haben wir einen Boom erlebt. Die Migros Pensionskasse beispielsweise, konnte vor 15 Jahren Neubauprojekte an einer guten Lage für fünf Prozent erwerben. Heute sind sie bei etwa 2,5 Prozent und das bei kleinerem Angebot. Auf dem Eigenheimmarkt führten einerseits die sehr tiefen Zinsen und andererseits die konstante Zuwanderung zu einem wahren Aufschwung.»

Die Problematik des Wunsches nach den eigenen vier Wänden

Zehn Jahre lang sanken die Hypothekarzinsen in der Schweiz und luden ein, eine Wohnung oder ein Haus zu attraktiven Konditionen zu ergattern. Der Wunsch nach den eigenen vier Wänden ist gross und wurde durch die Homeoffice-Pflicht aufgrund der Pandemie zusätzlich begünstigt. Der Immobilienmarkt erlebte durch diese Faktoren förmlich eine Beflügelung.

«Eine grosse Nachfrage steht einem kleinen Angebot gegenüber, was laufend zu steigenden Preisen führt.

Die Problematik wird sichtbar. «Eine grosse Nachfrage steht einem kleinen Angebot gegenüber, was laufend zu steigenden Preisen führt. Eigenheime (Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen) sind sehr gefragt, aber sehr rar, es gibt einfach zu wenige», stellt Schär fest. Zwar erhöhten sich die Zinsen zu Jahresbeginn, und die Tendenz bleibt steigend, doch dies wird wohl den Kauf eines Eigenheims nicht beträchtlich einschränken.

Kann dieser Trend überhaupt gebremst werden?

Laut Schär könnte nur eine Ausdehnung des Angebots helfen. «Das ist jedoch schwierig, da durch die angestrebten Verdichtungen weniger Häuser gebaut werden können.» Dadurch werden bestehende Einfamilienhäuser immer elitärer. «Man darf nicht vergessen, dass dennoch pro Jahr 45 bis 50 Tausend Wohnungen erstellt werden – viele davon sind Mietwohnungen und der prozentuale Anteil der Eigenhäuser wird immer kleiner, was die Situation noch elitärer macht», fügt Schär hinzu. «Es liegt im Interesse der Bevölkerung, aber auch des Parlaments, bezahlbare Eigenheime zu haben, jedoch braucht es hierfür Bauland, wovon es in der Schweiz zu wenig gibt.»

Vorsorgegelder für Wohnungskauf

Bei einem Wohnungskauf müssen mindestens zehn Prozent des Kaufpreises mit freiem Eigenkapital bezahlt werden. Seit 2013 darf hierbei nur die Hälfte des Betrags der zweiten Säule entnommen werden. Dies wurde damals von der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma initiiert, um den Immobilienmarkt zu stabilisieren.

Das Schlimmste wäre, wenn die Zinsen massiv steigen würden und es zu Notverkäufen käme, wie dies Ende der 80er-Jahre der Fall war.

Der Nationalrat möchte dies nun ändern, damit künftig das ganze Kapital der Pensionskasse in Wohneigentum investiert werden kann. Laut Schär ist dies jedoch lediglich eine Symptombekämpfung. Denn wenn die Bevölkerung mehr Geld zur Verfügung hat, das Angebot aber nicht grösser wird, steigen die Preise erneut. «Solange man das Angebot nicht erhöhen kann, bringt es nicht viel», stellt Schär fest.

Der Bundesrat ist laut SRF gegen den Vorschlag. Ueli Maurer sieht die Problematik etwa im Risiko der daraus resultierenden künftig fehlenden Vorsorgegelder, wobei letztendlich der Staat wieder einspringen müsste. Die Motion geht nun an den Ständerat. Stimmt dieser zu, muss der Bundesrat den Vorschlag umsetzen.

Worst-Case-Szenario

Aussagen wie «Bald können sich nur noch die Reichen eine Wohnung leisten» sind schon in aller Munde. Der Nationalrat möchte mit dem Vorsorgegelder-Zugriff den Eigentumskauf den weniger gut Verdienenden vereinfachen. Was wäre, wenn diese Vorlage angenommen werden würde und sich jede:r eine Wohnung oder ein Haus kaufen könnte? «Das würde die Nachfrage nochmals beflügeln. Ob das Promotoren dazu verleiten würde, mehr Eigentumswohnungen zu bauen, weiss man aber nicht», antwortete Schär. Es gäbe insofern mehr Interessenten bei gleichbleibendem Angebot. Sofern dies nicht ausgeführt werden könnte, würden sich bei steigender Inflation die Zinsen weiter erhöhen. «Und irgendwann sind die hohen Zinsen Gift für die Preise», sagt Schär.

Das Schlimmste wäre, wenn die Zinsen massiv steigen würden und es zu Notverkäufen käme, wie dies Ende der 80er-Jahre der Fall war. Damals führte der überhitzte Markt zu einem Anstieg der Zinsen von 4,5 auf 7 Prozent, was schliesslich niemand mehr zahlen konnte. Dies soll sich laut Schär jedoch nicht mehr wiederholen können. Denn seither wird in der Schweiz mit dem kalkulatorischen Zins gerechnet, welcher bei 4,5 bis 5 Prozent liegt. Zwar verhilft diese Sicherheitsmassnahme zu einem geringeren Risiko im Immobilienmarkt, erschwert jedoch den Kauf eines Eigenheims.

Immobilienpreise und Investorenmarkt

Auch auf dem Investorenmarkt ist die Stimmung angeheizt und die Nachfrage demnach gross. «Die steigenden Zinsen Anfang Jahres haben noch zu keiner Trendwendung geführt», informiert Schär. Dies zeigt sich auch anhand der Wohnungsleerstände, welche nach zwölf Jahren wieder gesunken sind. Statt 79 000 standen gemäss Bundesamt für Statistik zu Beginn letzten Jahres nur noch 72 000 Wohnungen leer.

Laut Schär werden diese in den nächsten Jahren aufgrund der hohen Zuwanderungsrate weiter sinken. Ausserdem werden sich wegen der derzeitigen Ölpreise die Nebenkosten erhöhen. Die NZZ prognostiziert eine Zunahme der Wohnkosten um knapp fünf Prozent.

Text Melanie Cubela

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Vorheriger Artikel «Liebend gerne inszeniere ich jede Ecke wie ein eigenes Bühnenbild»
Nächster Artikel Schweizer Qualität und Innovation für ein besseres Leben