penthouse designt von andrin schweizer
Markus Bertschi
Bau & Immobilien Interview

Andrin Schweizer: «Nichts ist nachhaltiger, als nichts Neues zu kaufen»

18.12.2024
von SMA

Andrin Schweizer hat diversen spannenden Projekten seinen architektonischen Stempel aufgedrückt: So hat er mit seinem Team etwa das altehrwürdige Hotel Grimsel Hospiz umgebaut und erweitert, den Flagship-Store von Kuoni am Bellevue gestaltet oder die Jura World of Coffee in Niederbuchsiten entworfen und gebaut. Für «Fokus» sinniert er über die vielen Facetten, die eine ansprechende Innenarchitektur auszeichnen.

Andrin Schweizer,Innenarchitekt

Andrin Schweizer
Innenarchitekt

Herr Andrin Schweizer, eines der zentralen Themen dieser Ausgabe betrifft «nachhaltiges Wohnen.» Was bedeutet dieser Ansatz für Sie – und wie setzen Sie diese Prinzipien in Ihren Projekten um?

Noch die Generation meiner Grosseltern hat nach der Hochzeit eine Einrichtung gekauft und hat dann ein Leben lang in diesen Möbeln gewohnt. Heute richten wir uns im Durchschnitt alle 15 Jahre neu ein. Dass das nicht gerade nachhaltig ist, versteht sich von allein. Nicht, dass ich in die Zeit vor 100 Jahren zurück möchte, auch ich habe Freude daran, die Einrichtung in meinem Haus immer mal wieder etwas aufzufrischen. Aber für unsere Kundinnen und Kunden versuchen wir, Konzepte so zu entwerfen, dass sie eine möglichst lange Lebensdauer haben. Das bedeutet, dass wir nicht jeden schnelllebigen Modetrend mitmachen und auf langlebige Qualität achten. Nichts ist nachhaltiger, als nichts Neues zu kaufen.

Welche Materialien und Bauweisen bevorzugen Sie, um ökologische und energieeffiziente Gebäude zu schaffen?

Mit der Energieeffizienz der Gebäude haben wir als Innenarchitektinnen und -architekten oft wenig zu tun. Aber bei der Auswahl der Materialien achten wir beispielsweise darauf, dass sie schön altern und man daher lange Freude daran hat und sie möglichst lange im Einsatz bleiben können.

Können Sie ein aktuelles oder vergangenes Projekt hervorheben, das Ihrer Definition von «nachhaltig» besonders entspricht?

Da würde ich zum Beispiel den Umbau des Hotels Seidenhof in Zürich erwähnen. Da wurde abgewägt, ob das Gebäude hinter der denkmalgeschützten Fassade komplett abgerissen und neu aufgebaut wird. Wir haben uns dann – trotz wahrscheinlich höherer Kosten und komplizierterer Baustelle – für einen Umbau entschieden. Das hat unheimlich Ressourcen gespart. Zudem haben wir uns beim Interior Design vom ursprünglichen Zeitgeist des Gebäudes inspirieren lassen. Damit unterliegt die Ausstattung keinem Modetrend und behält möglichst lange ihre Gültigkeit.

Sie haben mit Ihrem Team verschiedene renommierte Projekte umgesetzt, wie den Umbau des Hotel Grimsel Hospiz oder die Gestaltung des Juweliers Meister an der Zürcher Bahnhofstrasse. Sind es diese Leuchtturmprojekte, die einem ans Herz wachsen, oder sind es andere Arbeiten, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?

Oft sind es vielmehr ganz kleine Projekte, die privat und abseits der Öffentlichkeit stattfinden, die eine ganz besondere Bedeutung haben, weil dabei zum Beispiel eine Freundschaft zu den Auftraggebenden gewachsen ist. Oder auch Umbauten für die TV-Sendung «Happy Day» bleiben oft lange in Erinnerung, weil mir die Schicksale der Familien oft sehr ans Herz gehen. Für immer in Erinnerung wird mir aber ein Ausbau eines Penthouse-Apartments in einem neuen Wolkenkratzer an der Fifth Avenue in New York bleiben: Diese Wohnung haben mein Team und ich einen Tag vor dem Corona-Lockdown in New York fertiggestellt, dem Kunden übergeben und sind mit dem letzten Flieger zurück in die Schweiz geflogen. Das war ein unglaublich aufregender Wettkampf mit der Zeit.

Wie haben Sie den Umbau der Pension Volta in Luzern im Rahmen von «Happy Day» erlebt?

Die Pension Volta ist ein Wohnheim für Männer, die es in ihrem Leben nicht einfach haben und die einen günstigen Wohnraum brauchen. Für diese Männer am Rand der Gesellschaft eine schön gestaltete Umgebung zu schaffen, war mir eine echte Freude und hat mich mit grosser Dankbarkeit erfüllt. Ich empfinge es gerade bei «Happy Day» als Privileg, dass ich mit meiner Arbeit anderen Menschen eine Freude bereiten kann.

Wie haben sich Ihre Ansichten und Methoden im Laufe Ihrer Karriere entwickelt, insbesondere in Bezug auf Innovationen im Bauwesen?

Das mit den Innovationen ist so eine Sache. Selbstverständlich setzen wir zum Beispiel bei der Haustechnik die neueste, effizienteste und innovativste Technik ein, aber die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden sind letztlich die gleichen wie wahrscheinlich vor 100 Jahren. Die Menschen wünschen sich ein Zuhause, in dem sie sich wohl und geborgen fühlen. Sie wünschen sich Räume, die eine wohnliche und harmonische Atmosphäre ausstrahlen. Und dabei ist es oft gerade alte Handwerkskunst, die uns dabei hilft, diese Atmosphäre zu schaffen. Wir leben Gott sei Dank in einem Land, in dem diese Traditionen noch gelebt werden und die Handwerkenden höchste Qualität liefern können.

Was inspiriert Sie bei der Gestaltung neuer Gebäude – und wie bleiben Sie kreativ in einer stark reglementierten Branche?

Bei einem überwiegenden Teil unserer Projekte handelt es sich um Umbauten. Da sind es eigentlich immer die Gebäude selber, aus denen ich meine Inspiration ziehe. Ich bin ein überzeugter Kontextualist, daher hat die Zeit, in der ein Gebäude errichtet wurde, die geografische Lage und auch die Geschichten seiner Bewohnerinnen und Bewohner einen sehr grossen Einfluss auf meine Arbeit.

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