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Die Frau Gesellschaft Karriere

Frauenpower in der patriarchalen Arbeitswelt – so gehts!

08.02.2025
von Linda Carstensen

Leider ist die Gender-Pay-Gap und die Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen immer noch Realität. Trotz dieser Ungerechtigkeiten zeigt «Fokus» Wege auf, wie Frauen diese historisch gewachsenen Barrieren durchbrechen können. 

Männer sind stark. Männer sind handwerklich begabt. Männer verfügen über rationales Denken. Frauen hingegen sind fürsorglich. Sie sind warmherzig und von Natur aus selbstlos. All diese Eigenschaften wurden den jeweiligen Geschlechtern während der Industrialisierung im 19. Jahrhundert zugeschrieben. Sie legitimierten damals die Erwerbstätigkeit und die patriarchale Position von Männern in der Familie und Gesellschaft.

Die Zeit vor dem Patriarchat

Vor der industriellen Revolution wurde die Arbeit unter allen Familienmitgliedern aufgeteilt. Handwerksbetriebe und Felder befanden sich in der Nähe des Hauses. Mit dem Aufkommen der Fabriken entwickelt sich die Lohnarbeit – bezahlte Arbeit ausserhalb des eigenen Heims. Vor allem in bürgerlichen Schichten arbeitet der Mann ab jetzt ausser Haus und ist für die Finanzierung der Familie zuständig, die Frau kümmert sich um den Haushalt und die Kinder.

Schematische Darstellung einer Frau, die sich um Beruf, Haushalt und Kinder kümmern muss.

Auch wenn viele Frauen arbeiten, müssen sie sich dennoch um den Grossteil unbezahlter Arbeit wie Haushalt und Kindererziehung kümmern. Bild: iStock/jesadaphorn

Von nun an wird sowohl zwischen Erwerbstätigkeit und unbezahlter Hausarbeit unterschieden – als auch zwischen privatem und öffentlichem Raum. Die Frau verkörpert das Private, der Mann verkörpert das Öffentliche. Basierend auf den Fähigkeiten, die dem jeweiligen Geschlecht zugesprochen werden, verfügen Männer und Frauen über unterschiedliche Rechte. Frauen dürfen nicht wählen, weil ihnen rationales Denken abgesprochen wird. Vielmehr ist die Mutterrolle der erstrebenswerte Lebensinhalt für Frauen, so die Idealisierung. Frauen wird einfach nicht zugetraut, für die Arbeitswelt geschaffen zu sein – das ist Männersache.

Doch damit wollen sich die Frauen nicht abfinden und beginnen zu kämpfen.

Frauen sind bis heute benachteiligt

Bis heute kämpfen Frauen noch gegen die Auswirkungen dieser Geschlechterrollen, die sich in der Arbeitswelt manifestiert haben: Frauen verdienen für die gleiche oder gleichwertige Arbeit oft weniger als Männer. «Der auf eine Vollzeitstelle standardisierte Durchschnittslohn der Frauen liegt rund 16,4 Prozent unter dem auf eine Vollzeitstelle standardisierten Durchschnittslohn der Männer. Gemäss den Ergebnissen der Lohnzerlegung kommt etwas mehr als die Hälfte (52 Prozent) dieser Lohndifferenz durch die berücksichtigten Erklärungsfaktoren wie Alter, Ausbildungsniveau, Branche usw. zustande. […] Frauen verdienen bei vergleichbaren beobachtbaren Merkmalen im Schnitt rund 7,8 Prozent weniger als Männer.» Diese Ergebnisse veröffentlichte das Bundesamt für Statistik BFS im April 2023 im Schlussbericht über die Analyse der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern anhand der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2020.

Damit nicht genug: Frauen sind in höheren Management- und Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert. «Im Jahr 2023 waren in Schweizer Unternehmen lediglich 22 Prozent der Führungspositionen im Top-Management mit Frauen besetzt. Auf der mittleren Managementebene betrug der Anteil der Frauen in Führungspositionen 24 Prozent», schreibt das Statista Research Department Anfang Dezember 2023.

Gender Gap, männliche Dominanz in der Unternehmensleitung, ungleich oder unfair, Ungleichheit in der Führungsposition, Geschäftsleute klettern die Wolke hinauf, ohne Platz für weibliche Kolleginnen zu haben.

Frauen sind in Führungspositionen noch immer unterrepräsentiert. Bild: iStock/Nuthawut Somsuk

Laut BFS üben Frauen häufig Berufe aus, die den Fähigkeiten entsprechen, die ihnen während der Industrialisierung zugeschrieben wurden – und Männer genauso. Dies führt dazu, dass zum Beispiel in Sozial- und Gesundheitsberufen ein höherer Frauenanteil und in technischen Berufen ein höherer Männeranteil zu verzeichnen ist.

Zudem berichten Frauen häufiger von Diskriminierung, sexueller Belästigung und Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz. Wenn ein Paar eine Familie gründet, tragen Frauen oft die Hauptlast für die Kinderbetreuung und Haushaltsführung. Sie arbeiten dann häufig Teilzeit, was ihre Karrierechancen und ihre spätere Altersvorsorge (AHV und PK) stark beeinträchtigt. All dies führt dazu, dass Frauen häufiger auf Widerstand stossen, wenn es um die Anerkennung ihrer Leistungen und Aufstiegsmöglichkeiten geht.

Das können wir tun

Schon seit Jahren kämpfen Frauen für mehr Rechte. Die geschlechtstypischen Rollenbilder haben sich so stark in der Gesellschaft verankert, dass die Schweiz im Jahr 1981 den Grundsatz der Lohngleichheit sogar in der Bundesverfassung aufnehmen musste. Seit 1996 ist diese Forderung im Gleichstellungsgesetz konkretisiert. Und dennoch wurde es noch nicht überall verwirklicht. Deshalb ist es wichtig, dass die eingeführten Gesetze, die gleiche Bezahlung und Chancengleichheit am Arbeitsplatz fördern, auch durchgesetzt werden.

Das Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit der Bevölkerung muss ebenfalls geschärft werden. Nur so können Stereotype abgebaut werden. Dafür bedarf es Sensibilisierungskampagnen und Schulungen vom Bund, von Bildungsinstitutionen und von Unternehmen. Letztere sollten Frauen bei ihrer beruflichen Entwicklung unterstützen, indem sie ihnen Förderprogramme, Mentoring und Networking anbieten. Flexible Arbeitszeiten und eine faire Regelung der Elternzeit für beide Geschlechter sollten eingeführt werden. Ausserdem muss es klare Richtlinien und Massnahmen gegen Diskriminierung und Belästigung am Arbeitsplatz geben.

An alle Frauen:

Jeder Tag bietet neue Möglichkeiten, ungerechte Zustände zu beseitigen, die kommenden Generationen im Weg stehen werden. Dabei sollte nie vergessen werden, dass jede Stimme zählt und jeder noch so kleine Beitrag wirkungsvoll ist. Engagement für Diversität und Inklusion am Arbeitsplatz sorgen für eine Atmosphäre des Vertrauens und der Anerkennung. Es ist an der Zeit, an sich selbst zu glauben und auf die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen!

Die gute Nachricht ist, dass Geschlechterrollen nicht von der Natur vorgegeben sind. Sie ändern sich im Laufe der Zeit – vorausgesetzt, die vorherrschenden Umstände entwickeln sich. Das heisst, es muss weitergekämpft werden, ansonsten bleiben all diese Ungerechtigkeiten bestehen.

Für eine gerechtere Welt, für mehr Gleichheit und weniger Differenzen.

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