Der britische Unternehmer Sir Richard Branson konnte in seiner Karriere in diversen Sparten und Branchen auftrumpfen. Gleichzeitig fasziniert der Virgin-Group-Gründer seit jeher mit seinen abenteuerlichen Hobbys sowie seinem nonchalanten Auftreten. In diesem Jahr will der Brite erneut hoch hinaus: Als Co-Pilot wird er in einem Ballon an den Rand des Weltalls aufsteigen. Ein Vorhaben, das perfekt in sein Schema passt.
Sir Richard Branson, der 74-jährige Unternehmer und Gründer der Virgin Group, steht einmal mehr im Rampenlicht: Im vergangenen Jahr hatte er angekündigt, als Co-Pilot am ersten bemannten Stratosphärenballonflug von Space Perspective teilzunehmen. Das Unternehmen aus Florida, an dem Branson beteiligt ist, hat es sich zum Ziel gesetzt, seinen Passagieren ein luxuriöses und umweltfreundliches Reisen an den Rand des Weltalls anzubieten. Die Ankündigung erfolgte, nachdem Space Perspective im September 2024 den unbemannten Testflug seines Raumfahrzeugs «Neptune Excelsior» erfolgreich absolvieren konnte. Der Countdown zum Start soll im Laufe dieses Jahres erfolgen.
Die Vision hinter Space Perspective bringt Bransons Begeisterung für innovative Technologien und Abenteuer perfekt auf den Punkt und betont die für ihn typische unerschütterliche Neugier sowie seinen Mut, alternative Wege einzuschlagen. Aufgrund dieser Qualitäten – sowie seines teilweise exzentrischen Auftretens als Lebemann – gilt Branson spätestens seit den 90er-Jahren als «Rockstar» unter den Milliardären.
Ein steiniger Start in die Welt des Lernens
Dabei sah es zu Beginn überhaupt nicht so aus, als sei der Weg zum Erfolg für den Briten vorgezeichnet. Denn Branson, der am 18. Juli 1950 in Blackheath, London, als ältestes von drei Kindern zur Welt kam, tat sich in der Schule schwer. Seine schulischen Jahre waren von allem deshalb von Herausforderungen geprägt, weil er an Legasthenie litt, was ihm das Lernen deutlich erschwerte. Doch statt sich von seinen Einschränkungen entmutigen zu lassen, legte der Junge schon früh eine aussergewöhnliche Entschlossenheit an den Tag: An der Mittelschule rief er die Schülerzeitung «Student» ins Leben. Das Projekt war für Branson nicht nur ein Sprungbrett in die Welt des Unternehmertums, sondern markiert auch den Beginn einer beeindruckenden Karriere – obschon diesem ersten Projekt kein nachhaltiger Erfolg beschieden war. Trotz Unterstützung durch namhafte Autor:innen konnte die Zeitung kommerziell nicht bestehen, Branson verliess die Schule anschliessend ohne Abschluss. Laut seiner eigenen Aussage habe ihm sein damaliger Schuldirektor an seinem letzten Schultag dargelegt, dass er «entweder im Gefängnis landen oder es zum Millionär bringen» werde.
Die Geburt der Virgin Group
Im Jahr 1970 wagte Branson den nächsten grossen Schritt und gründete Virgin, ein Unternehmen, das zunächst Schallplatten per Versandhandel verkaufte. Schnell folgte die Eröffnung von Plattenläden und 1973 veröffentlichte Virgin Records das Album «Tubular Bells» von Mike Oldfield. Der Erfolg dieses Albums, das sich weltweit über fünf Millionen Mal verkaufte, katapultierte Branson und sein Unternehmen in die oberste Liga der Musikindustrie. Die Virgin Group wuchs rasant und weitete ihre Tätigkeiten in zahlreiche andere Geschäftsfelder aus, darunter Luftfahrt, Telekommunikation, Eisenbahnverkehr und sogar Raumfahrt. Ein besonders ambitioniertes Projekt markierte die Gründung von «Virgin Atlantic Airways» im Jahr 1984. Branson stellte sich der Herausforderung, mit etablierten Airlines zu konkurrieren und setzte dabei auf aussergewöhnlichen Kundenservice und innovative Marketingstrategien. Sein Unternehmergeist sowie sein Gespür für Chancen halfen Virgin Atlantic dabei, sich in einem hart umkämpften Markt zu behaupten. Auch sei die bei ihm diagnostizierte Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) für ihn nie eine Barriere gewesen, sondern habe sich vielmehr als Vorteil erwiesen: Seine Neurodiversität habe ihm dabei geholfen, die Welt aus einem alternativen Blickwinkel zu sehen und Informationen anders zu verarbeiten. Menschen mit diesen Herausforderungen hätten daher die Fähigkeit, einzigartige Ideen zu entwickeln und innovative Lösungen zu finden. Branson bezeichnet dies sogar als Superpower.
Bransons unbändige Leidenschaft für neue Horizonte fand in den frühen 2000ern ihren Höhepunkt in der Gründung von «Virgin Galactic». Das Unternehmen, das sich der Raumfahrt verschrieben hat, erhielt 2021 die Lizenz für kommerzielle Flüge in den Weltraum. Branson selbst trat im Juli 2021 als Passagier auf einem Testflug an die Grenze zum All – ein Meilenstein, der seine Position als Vorreiter in der Privatwirtschaft der Raumfahrt unterstrich. Mit Virgin Galactic verfolgt er das Ziel, den Weltraum für Privatpersonen zugänglich zu machen und dabei gleichzeitig neue Massstäbe in Sachen Nachhaltigkeit zu setzen.
Politisches und soziales Engagement
Neben seinem unternehmerischen Erfolg hat sich Branson auch immer wieder durch sein soziales und politisches Engagement hervorgetan. Ferner hat es sich Branson zur Aufgabe gemacht, seine Plattform und seinen Einfluss zu nutzen, um «positive Veränderungen in der Gesellschaft» zu bewirken. Für seine Leistungen als Unternehmer wurde Branson im Dezember 1999 zum «Knight Bachelor» ernannt und von Königin Elisabeth der Zweiten zum Ritter geschlagen. Dass er als Unternehmer auch in der öffentlichen Wahrnehmung derart präsent ist, hat viel mit seinen spektakulären Rekordversuchen und Abenteuerreisen zu tun, das Spektrum reicht dabei von umfangreichen Heissluftballonfahrten bis hin zum Versuch, den Atlantik in einem Schnellboot zu überqueren. Auf seiner Suche nach neuen Herausforderungen wird der Brite immer wieder dazu angetrieben, seine eigenen Grenzen auszuloten. Diese Erlebnisse haben dementsprechend nicht nur seinen Ruf als wagemutiger Abenteurer geprägt, sondern auch bewiesen, dass Risikobereitschaft und Durchhaltevermögen entscheidende Faktoren für Erfolg sind. Das Austesten des Möglichen sei laut Branson dann auch ein viel bedeutsamerer Antrieb, als nur die Zahlen auf dem Konto zu erhöhen: In einem Interview gegenüber CNBC betonte er einmal, dass der finanzielle Erfolg niemals sein Hauptziel gewesen war, obschon das Wirtschaftsmagazin Forbes sein Vermögen auf aktuell 2,5 Milliarden Dollar schätzt. Schon sein erstes Projekt, das Magazin «Student», habe vornehmlich darauf abgezielt, etablierte Publikationen herauszufordern und kulturelle Themen aufzugreifen, anstatt Profit zu maximieren. Sein Ratschlag für Erfolg lautet daher, Gelegenheiten zu verfolgen, die man als spannend und bereichernd empfindet. Dies führe nicht nur zu grösserem Glück, sondern auch zu einer höheren Wahrscheinlichkeit, erfolgreich zu sein. «Wir haben nur ein Leben», betont Branson in diesem Gespräch, «und es wäre traurig, wenn wir unsere Arbeit nur für den Gehaltsscheck machen würden».
Branson bestärkt im Interview mit CNBC zudem, dass der wahre Erfolg eines Unternehmens daran gemessen werden sollte, ob die Mitarbeitenden stolz auf ihre Arbeit sind. Denn wichtiger als die finanziellen Ergebnisse sei der positive Einfluss, den ein Unternehmen auf das Leben anderer Menschen hat. «Das ist es, was wirklich zählt», sagt er.
Dieser Mindset macht den Briten zum lebenden Beispiel dafür, dass unkonventionelle Ideen sowie ein breit gefächertes Betätigungsfeld zu bemerkenswertem Erfolg führen können. Dabei komme es auch nicht darauf an, wie oft man scheitert – sondern wie oft man wieder aufsteht. Die nächste Generation scheint sich diese Ratschläge zu Herzen zu nehmen: Tochter Holly Branson ist Chief Purpose and Vision Officer von Virgin und ausserdem Mitbegründerin von «Big Change», Vorsitzende von Virgin Unite sowie Debütautorin und Mutter von drei Kindern.
Zur Person
Sir Richard Charles Nicolas Branson kam am 18. Juli 1950 in England zur Welt. Er ist das älteste Kind der Balletttänzerin Eva Branson sowie dem Anwalt Edward James Branson. Sein Grossvater war Richter am High Court of Justice. Richard Branson hat zwei jüngere Schwestern. Sein Mischkonzern Virgin Group ist in der Musikindustrie, der Luft- und Eisenbahnfahrt sowie dem Weltalltourismus tätig. Das Wirtschaftsmagazin Forbes schätzt sein Vermögen auf 2,5 Milliarden Dollar. Er ist mit Joan Templeman verheiratet und hat drei Kinder.
Headerbild Francis Specker/Alamy Stock Photo
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