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Königinnen der Geschichte: Zwischen Brutalität und Machthunger

14.02.2022
von Léa Stocky

Aufgrund ihrer Bekanntheit neigt die Geschichte dazu, Könige statt Königinnen festzuhalten, welche die Epochen mit Skandalen und Gewalt geprägt haben. Aber es gibt auch viele Königinnen, welche mit schrecklichsten Strategien an die Spitze der Macht gelangten. «Fokus» präsentiert einige von ihnen.

Im Römischen Reich, in Frankreich, China und England gab es viele Frauen, die als furchterregende und schreckliche Menschen in die Geschichte eingegangen sind. Was sie alle antrieb, war die Gier nach Macht.

Messalina – kritisiert wegen ihrer Begierde

Valeria Messalina war die dritte Ehefrau von Kaiser Claudius, der Rom von 41 bis 54 nach Christus regierte. Das Leben und Verhalten der Kaiserin wurde von römischen Historikern und Autoren wie Tacitus, Sueton und Juvenal festgehalten, die ein eher negatives Bild von ihr vermittelten. Juvenal ging sogar so weit, sie als «kaiserliche Hure» zu bezeichnen. Die Autoren beschreiben sie als eine Frau mit einfachen Sitten, die zahlreiche Liebhaber besass und die bereit war, sich zu prostituieren. Es wird erzählt, dass sie einmal, als ihr Mann eingeschlafen war, die Nacht in einem Bordell verbrachte. Sie wird als nymphoman, eifersüchtig, impulsiv und machthungrig beschrieben und schreckte nicht davor zurück, Menschen töten zu lassen, die ihr nicht gefielen oder die sie als Rival:innen sah.

Im Jahr 48, als ihr Ehemann Claudius nicht in Rom war, beschloss Messalina, den Konsul Caius Silius zu heiraten, ohne Claudius darüber zu benachrichtigen. Diese Ehe wurde ihr zum Verhängnis, da sie beschuldigt wurde, sich gegen den Kaiser verschworen zu haben. Freigelassene, die dem Kaiser nahestanden, beschlossen daher, sie zu töten.

All diese Details über ihr Leben sind nuanciert zu betrachten. Die Erzählung solcher Fakten über das Leben einer Frau kann anderen Zwecken dienen, als nur die römische Geschichte festzuhalten. Beispielsweise könnte es sich um die Absicht der Autoren handeln, Kaiser Claudius in ein schlechtes Licht zu rücken, da er beschuldigt wurde, seine Frau in der Ausschweifung gelassen zu haben. Die verschiedenen Texte über Messalina zeichnen auch ein bestimmtes Frauenbild, das im kollektiven Unterbewusstsein präsent ist, aber nicht unbedingt der Wahrheit entspricht: das Bild einer Frau mit übersteigertem und unkontrolliertem sexuellen Verlangen, die sich für die lustvollsten und unmoralischsten Handlungen hergibt.

Illustration Antikes Rom - Orgie, Bacchanalia - Messalina

Frédégonde, die alles tun würde, um Königin zu werden

Frédégonde hatte ein Ziel: um jeden Preis an die Macht zu kommen und sie zu behalten. Sie zögerte nicht, den Tod ihrer Gegner:innen oder ihrer Umgebung anzuordnen. Die Geschichte spielte im sechsten Jahrhundert nach Christus in Frankreich. Das Land war in mehrere Königreiche aufgeteilt – darunter Neustrien unter den Brüdern König Chilperich I. und Austrasien unter König Sigibert I.

Chilperich I. war mit der Königin Audovera verheiratet. Jedoch begehrte Chilperichs Geliebte Frédégonde die Krone. Durch ihre Hinterlistigkeit sorgte sie dafür, dass Audovera verstossen wurde. Allerdings lief es für Frédégonde nicht nach Plan und Chilperich I. heiratete Gailswintha. Sie war die Schwester von Brunichild, der Frau von Sigibert I. Diese neue Eheschliessung gefiel Frédégonde überhaupt nicht. Sie liess die neue Frau ihres Geliebten erdrosseln, um schliesslich selbst Chilperich I., den König von Neustrien, zu heiraten. Als Brunichild erfuhr, was mit ihrer Schwester geschehen ist, forderte sie nur noch Rache. Zwischen den beiden Frauen begann der Hass zu wachsen. Das blutige Epos von Frédégonde ging über die Jahre hinweg weiter. Nach einem Konflikt zwischen den beiden Brüdern liess sie Sigibert ermorden. Sie liess auch Chilperichs und Audoveras Sohn Merowech, der mit Brunichild verheiratet war, sowie den Bischof von Rouen töten. Im Jahr 584 ermordete sie sogar ihren Ehemann Chilperich und setzte ihren Sohn Clothar II. auf den Thron. Zum Schluss folterte Clothar II. Brunichild und tötete sie schliesslich im Jahr 613.

Wu Zetian – vom Provinzmädchen zur Kaiserin

Wu Zhao ist im Jahr 624 in China geboren. Als sie zwischen 12 und 14 Jahre alt war, wurde sie eine der Konkubinen des Kaisers Taizong. Als dieser starb, wurde sie in ein Kloster geschickt, wo sie für den Rest ihres Lebens bleiben sollte. Einige Jahre später lernte sie jedoch Kaiser Gaozong, den Sohn ihres früheren Ehemanns kennen und wurde dessen Konkubine. Als Machthungrige und grosse Strategin gelang es ihr, seine erste Frau zu werden, indem sie nicht zögerte, ihre Rivalinnen vom Kaiser fernzuhalten oder diese sogar hinrichten zu lassen. Nachdem sie an der Macht angekommen war, begann sie, sich in der Politik einen Namen zu machen, indem sie zahlreiche soziale Massnahmen vorschlug, – insbesondere zugunsten von Frauen. So plante sie beispielsweise öffentliche Beerdigungen für obdachlose Frauen, die Verpflichtung, sich um Witwen zu kümmern, oder die Einrichtung von Gesundheitszentren für Frauen. Sie führte ein Auswahlverfahren für Beamte ein, um Menschen aus weniger wohlhabenden Gesellschaftsschichten den sozialen Aufstieg zu ermöglichen. Als gläubige Buddhistin war sie sehr fromm.

Im Laufe der Jahre gewann sie immer mehr an Macht. Nach dem Tod des Kaisers schob sie ihre Söhne beiseite und ernannte sich selbst zur Kaiserin – einen Titel, den sie von 690 bis 705 behielt. Schliesslich wurde sie von ihren Gegner:innen zur Abdankung gezwungen und ihr Sohn wurde Kaiser.

Kaiserin Wu Zetian gilt als eine Persönlichkeit mit zwei Gesichtern. Sie war mysteriös und ihr Leben ist von zahlreichen Gewalttaten und Todesfällen geprägt. Ihr wird vorgeworfen, alle, die ihr beim Erreichen ihrer Ziele im Weg standen, getötet zu haben – sogar mehrere ihrer eigenen Kinder. Andererseits fasziniert sie heute viele Chines:innen, die in ihr eine entschlossene Frau sehen, die sich die Mittel für ihren Erfolg geschaffen hat. Bis heute ist sie die einzige Frau, die in China als Kaiserin regiert hat.

Mary Tudor – Grausamkeit im Namen des Katholizismus

Mary Tudor wird oft als eine der grausamsten Königinnen bezeichnet. Der Grund? Sie soll die Hinrichtung von mehr als 280 Protestanten angeordnet haben.

Mary I of England (1516-1558) on engraving from 1844. Queen regnant of England and Ireland during 1553-1558.

Mary I von England (1516-1558) Stich von 1844, regierende Königin von England und Irland von 1553-1558.

Mary I. ist im Jahr 1516 geboren. Ihr Vater ist kein geringerer als Heinrich VIII, der dafür bekannt ist, sechs Frauen geheiratet zu haben, wovon er zwei hinrichten liess. Er ist auch bekannt dafür, dass er sich von der Bevormundung durch Rom und den Papst gelöst hat, nachdem dieser seine Scheidung von Katharina von Aragon, Marys Mutter, abgelehnt hatte. Später gründete er den Anglikanismus. Seine Tochter Mary, eine wahre Katholikin, die nicht zögert, sich zu ihrem Glauben zu bekennen, litt sehr unter der Trennung der Eltern. Als ihr Halbbruder Eduard VI. 1553 starb, wurde sie im Alter von 37 Jahren die erste Frau, die über England herrschte. Sie stellte den Katholizismus wieder her und heiratete den spanischen König Philipp II., was ihr viel Kritik einbrachte. 1558 starb Mary Tudor nach einer fünfjährigen Regierungszeit ungeliebt. Ihre Schwester Elisabeth I. wurde Königin.

Mary I. von England verpasste dem Cocktail «Bloody Mary» seinen Namen. Er besteht aus Wodka und Tomatensaft. Doch auch wenn sie als blutige Königin in die Geschichte einging, war sie nicht unbedingt grausamer als viele andere Könige, einschliesslich ihres Vaters. Was vor allem im Gedächtnis haften bleibt, ist die Tatsache, dass es eine Frau war, die diese Gewalttaten begonnen hat.

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